Forscher begeistert vom Merkur-Vorüberflug
Redaktion /
DLR-Pressemitteilung astronews.com
31. Januar 2008
Vor rund zweieinhalb Wochen flog die NASA-Sonde
Messenger in einem Abstand von nur 200 Kilometern am sonnennächsten
Planeten Merkur vorüber. Nachdem die ersten Bilder schon kurz nach dem
Vorüberflug veröffentlicht wurden, ziehen nun die beteiligten Wissenschaftler
eine erste Bilanz: Der Merkur präsentierte sich ihnen doch ein wenig anders als
zuvor vermutet worden war.

Der Krater Sholem Aleichem vor dem
Merkurhorizont. Das Bild wurde aus etwa 18.000
Kilometern Entfernung am 14. Januar 2008 um 19:10
Uhr MEZ, also 55 Minuten vor der größten
Annäherung, aufgenommen.
Bild:
NASA/Johns Hopkins University Applied Physics
Laboratory/Carnegie Institution of Washington
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Am 14. Januar 2008 flog die amerikanische Raumsonde Messenger in nur
zweihundert Kilometer Entfernung am Planeten Merkur vorbei. Dabei nahmen die
sieben Instrumente an Bord der Sonde eine Fülle an Messdaten auf. Besonders
gespannt warteten die Planetenforscher darauf, was auf den 1.213 Bildern zu
sehen sein würde: Denn Messenger fotografierte Gebiete, die nie zuvor
von einer Raumsonde aus der Nähe aufgenommen wurden.
Nachdem in den vergangenen Tagen schon einige erste Bilder des Vorüberflugs
veröffentlicht wurden, gab es nun von den beteiligten Wissenschaftlerteams eine
erste Bewertung: Die Forscher, zu denen auch Wissenschaftler vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehörten, kamen zu dem Schluss, dass der Merkur
weit weniger dem Erdmond gleicht, als bislang angenommen. Messenger (MErcury
Surface, Space ENvironment, GEochemistry and Ranging) ist eine Raumsonde
des NASA Discovery-Programms, das der Wissenschaft die Möglichkeit
gibt, mit relativ preisgünstigen und innovativen Missionen die Rätsel in unserem
Sonnensystem zu lösen.
"Wir können schon jetzt einige überraschende Ergebnisse präsentieren",
berichtet Professor Jürgen Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung in
Berlin. "Vieles am Merkur scheint doch ein wenig anders zu sein, als wir
angenommen haben." Auch sein Kollege Dr. Jörn Helbert, der im Missionszentrum in
den USA zwei Wochen an den ersten Auswertungen mitwirkte, ist begeistert über
die Arbeit mit den neuen Messungen: "Es war faszinierend zu sehen, wie Tag für
Tag neue Daten ankamen – und fast jedes mal änderte sich unsere Vorstellung über
Merkur ein wenig." Der DLR-Forscher konzentriert sich auf die Auswertung von
Spektrometer-Messungen, mit denen Aussagen zur Zusammensetzung der Oberfläche
des Merkur getroffen werden können.
Der innerste und kleinste der acht Planeten des Sonnensystems wurde erst von
einer einzigen Raumsonde besucht. Bei drei Vorbeiflügen in den Jahren 1974 und
1975 konnte die NASA-Mission Mariner 10 aber nur etwa 45 Prozent der
Oberfläche des Merkur fotografieren. "Über die Hälfte des Planeten ist absolutes
Neuland für die Forschung. Wir können nun weiße Flecken auf den Landkarten im
Merkuratlas mit Daten füllen – es ist wie eine erste Forschungsreise ins Innere
eines noch nicht erkundeten Kontinents", freut sich Jürgen Oberst. Der
DLR-Physiker beschäftigt sich intensiv mit kartographischen Aspekten des Merkur.
Die Ergebnisse, die beide DLR-Wissenschaftler aus der Auswertung der
Messenger -Daten erzielen, dienen auch der optimalen Vorbereitung der
Merkurmission BepiColombo der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
Das DLR wirkt an dieser Mission (Start 2013, astronews.com berichtete) mit
Instrumenten und wissenschaftlichen Beteiligungen mit. "Ich bin mit einer Reihe
neuer Ideen aus den USA zurückgekommen, die wir jetzt in unserem Labor testen
werden", erläutert Helbert seine Pläne.
Das DLR betreibt in Berlin das "Planetare Emissivitätslabor" (PEL), eine
Versuchsanordnung zur spektroskopischen Untersuchung von Gesteinen, die denen
auf den beiden inneren Planeten, Merkur und Venus, ähneln. Dabei werden
Gesteinsproben auf mehr als 400 Grad Celsius erhitzt – Temperaturen, wie sie auf
der Oberfläche von Merkur und Venus herrschen. Anschließend wird das
Reflexionsverhalten in unterschiedlichen Wellenlängen des sichtbaren Lichts und
Infrarots analysiert. Mit den Messungen im DLR wird das Messenger -Team
bei der Auswertung unterstützt. "In der Kombination von PEL-Daten mit den
Messungen am Merkur werden wir unser Spektrometer-Experiment auf BepiColombo
besser vorbereiten können", so DLR-Forscher Helbert.
Lesen Sie im zweiten Teil:
Einschlagkrater und riesige Klippen
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