Ein Typ blieb bislang unentdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
31. Juli 2007
Sie heißen Blasare, Quasare oder Seyfert-Galaxien und sind
doch alle nur ferne Galaxien, in deren Zentrum ein supermassereiches Schwarzes
Loch gewaltige Mengen an Material verschlingt. Der einzige Unterschied zwischen
ihnen ist der Blickwinkel unter dem wir den fernen sogenannten aktiven
Galaxienkern (AGN) von der Erde aus beobachten. Jetzt haben Astronomen aber
einen bislang unbekannten AGN-Typ entdeckt, der zudem noch recht häufig zu sein
scheint.
So könnte der neu entdeckte AGN-Typ aus der Nähe aussehen.
Bild:
Aurore Simonnet, Sonoma State University. |
Eigentlich dachten Astronomen, sie würden schon sämtliche Typen
von aktiven Galaxienkernen (AGN) kennen, also von fernen Galaxien, in deren
Zentren supermassereiche Schwarze Löcher gewaltige Mengen an Gas und Staub
verschlingen. Sie werden dadurch so hell, dass man sie auch noch aus großer
Entfernung erkennen kann, wodurch oft die umgebende Galaxie nicht mehr zu
beobachten ist. Es hatte einige Zeit gedauert, bis die Wissenschaftler
merkten, dass Quasare, Blasare oder Seyfert-Galaxien im Prinzip alles die
gleichen Objekte waren: Aktive supermassereiche Schwarze Löcher, die von einem
dicken Ring aus Gas und Staub umgeben sind. Dass sie uns als so verschiedene Objekte erscheinen,
liegt einzig und allein an der Tatsache,
dass wir sie unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Mit Hilfe des NASA-Satelliten Swift und des amerikanisch-japanischen
Röntgensatelliten Suzaku konnten Astronomen aber jetzt einen AGN-Typ
aufspüren, der sich bislang geschickt einer Entdeckung entzogen hat, der aber gar
nicht so selten zu sein scheint. Bei diesem neuen Typ ist der aktive
Galaxienkern so von Gas und Staub eingehüllt, dass nahezu kein Licht entkommen
kann. Die Ergebnisse erscheinen in der morgigen Ausgabe der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal Letters.
"Das ist eine sehr wichtige Entdeckung, weil sie uns hilft zu verstehen,
warum einige Schwarze Löcher so hell leuchten und andere nicht", erläutert Jack
Tueller vom NASA Goddard Space Flight Center, der zum Beobachterteam
gehörte. Die Hinweise auf diesen neuen AGN-Typ haben sich im Laufe der letzten
zwei Jahre mehr und mehr verdichtet. Mit Hilfe des Burst Alert Telescope
an Bord von SWIFT haben Tueller und seine Kollegen zahlreiche relativ nahe
gelegene AGN entdeckt, die bislang übersehen worden waren, weil ihre Strahlung
im optischen und ultravioletten Bereich des Lichtes durch Gas und Staub
abgeschwächt wurde. Nur das Röntgenauge des Burst Alert Telescope
konnte diese Galaxienkerne erkennen.
Mit Hilfe des Röntgenteleskops Suzaku nahm Tueller dann zusammen mit
japanischen Kollegen zwei dieser mit SWIFT entdeckten AGN genauer unter
die Lupe. Sie wollten feststellen, ob es sich im Prinzip um schon bekannte
AGN-Typen handelte oder was sich hinter diesen Galaxienkernen verbarg. SWIFT
ist im wesentlichen ein Satellit zur Entdeckung von Gammastrahlen-Ausbrüche und
daher nicht für diese gründlicheren Beobachtungen geeignet.
Die Beobachtungen mit Suzaku brachten jedoch ein überraschendes
Ergebnis: Obwohl das Röntgenteleskop für Röntgenstrahlen aus einem großen
Bereich empfindlich ist, entdeckte es von den beiden Galaxienkerne nur Röntgenstrahlen von
geringer Energie - und dies auch nur in einem nicht sehr großen Umfang.
Dieser Befund erklärte zumindest, warum bisherige Durchmusterungen auf der Suche
nach AGNs diese Galaxien nicht entdeckt hatten.
Die Astronomen vermuten, dass im Fall dieser Galaxien der aktive Galaxienkern
vollständig von einer Hülle aus Material umgeben ist, die die Strahlung
weitgehend blockiert: "Wir können das Licht von anderen AGNs sehen, weil es
Streulicht gibt", erklärt Richard Mushotzky, der auch am NASA Goddard Space
Flight Center arbeitet. "Aber bei diesen beiden Galaxien wird sämtliches Licht
aus der Kernregion blockiert." Eine andere Möglichkeit wäre, dass diesen
Galaxienkernen größere Mengen an Gas in der Umgebung fehlt, das in anderen AGNs
für Streulicht sorgt und sie dadurch beobachtbar macht, selbst wenn sie
eigentlich von einer Hülle verdeckt sind.
"Unseren Untersuchungen nach muss es eine große Anzahl solcher bislang
unentdeckten verdeckten aktiven Galaxienkerne geben", meint auch Yoshihiro Ueda
von der Universität im japanischen Kyoto. Frühere Suchen nach aktiven
Galaxienkernen könnten somit sehr unvollständig sein und ein recht verzerrtes
Bild über die Entwicklung von Schwarzen Löchern und ihren Galaxien im Laufe der
Geschichte des Universums liefern. "Wir glauben, dass Schwarze Löcher eine
entscheidende Rolle für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien und auch der
Galaxienhaufen spielen", so Tueller. "Man kann das Universum nicht verstehen
ohne massereiche Schwarze Löcher zu verstehen und dazu muss ein vollständigen
Katalog dieser Objekte haben."
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