ESA bereitet simulierte Marsmission vor
von Stefan
Deiters
astronews.com
3. April 2007
Eine bemannte Mission zum Mars stellt nicht nur große
Anforderungen an die Technik, sondern auch an die Astronauten: Eineinhalb Jahre
lang muss die Mannschaft auf engstem Raum zusammenleben und gemeinsam alle
auftretenden Probleme meistern. Auch diese zwischenmenschlichen Aspekte will die
ESA ab dem nächsten Jahr genauer unter die Lupe nehmen - im Rahmen einer
simulierten Marsmission.

Bevor ein Mensch den Mars betritt, wollen ESA und Roscosmos eine
500-tägige Mission zum Roten Planeten simulieren. Bild:
ESA |
Ab dem nächsten Frühjahr soll sich nach den Plänen der russischen
Weltraumagentur Roscosmos und der europäischen Weltraumagentur ESA eine
sechsköpfige Crew auf die simulierte Reise zum Mars begeben. Dauer der Mission:
500 Tage. Die Erde verlassen die Marsreisenden dabei nicht, sondern halten sich
in einem isolierten Bereich in der Nähe von Moskau auf. Während ihrer Mars500
genannten Mission soll die Besatzung mit all den Problemen konfrontiert werden,
die auch bei einer echten Reise zum Mars, bei der Erkundung des Planeten sowie
bei der Rückreise zur Erde auftreten könnten.
Dabei will die ESA alles so echt wie möglich machen: Die Crew muss simulierte
Notfälle meistern und auch ansonsten ihr Leben so einrichten, wie sie es auf
einer echten Marsmission tun würden. Dazu wird auch die Kommunikation mit dem
Kontrollzentrum bis zu 20 Minuten verzögert sein. Zu Hause sind die
"Marsreisenden" in einer Reihe von Metalltanks, die durch enge Schleusen
miteinander verbunden sind. Zur Verfügung steht ein medizinischer Bereich, ein
Forschungsbereich, ein Wohnbereich sowie eine Küche - insgesamt 200
Quadratmeter. Außerdem gibt es einen Tank, mit dem das Fahrzeug simuliert werden
kann, mit dem die Crew auf dem Roten Planeten landet.
Die Studie wird vom russischen Institute of Biomedical Problems (IBMP)
organisiert. Die ESA sucht nun nach Experimenten, die während der "Mission"
durchgeführt werden könnten. "Unser Hauptinteresse ist die psychologische Seite
einer Marsmission, bei der man für 500 Tage quasi eingeschlossen sein wird",
erläutert ESA-Wissenschaftler Marc Heppener. "Wenn Probleme auftauchen, weiß die
Besatzung, dass sie auf sich alleine gestellt ist und auf Informationen von der
Erde vielleicht 40 Minuten warten muss."
Die Besatzung wird zu Beginn der 500 Tage nur eine genau festgelegte Menge an
Nahrungsmitteln zur Verfügung haben, die sie streng rationieren muss. Dies
könnte für zusätzliche Spannungen innerhalb der Crew sorgen und eventuell auch
missionskritische Aufgaben beeinflussen. Zudem interessiert die Wissenschaftler,
wie eine optimale medizinische Ausstattung aussehen sollte: "Eine Person der
Besatzung wird eine medizinische Ausbildung haben, aber auch diese Person kann
krank werden. Man muss also einen Plan B haben. An alles vorher zu denken ist
sehr schwierig, von daher hoffen wir aus dieser Simulation sehr viel zu lernen."
Das Projekt wird hauptsächlich von der russischen Weltraumagentur Roscosmos
finanziert. Die ESA ist in allen Fragen als Partner beteiligt und kann zwei der
sechs Besatzungsmitglieder vorschlagen. Auch bei der Auswahl der Experimente an
"Bord" wird die ESA beteiligt sein und sucht daher noch nach Vorschlägen: Die
Ideen reichen von der Untersuchung der Auswirkungen der Enge in den Tanks auf
Stimmung, Schlafverhalten und Wohlbefinden der Teilnehmer bis hin zu
medizinischen Fragen wie der Entwicklung des Immunsystems. Engen Kontakt hält
die ESA zum Team der Concordia-Station in der Antarktis, um hier eventuell auch
Daten vergleichen zu können.
An die freiwilligen Teilnehmer wird die ESA in etwa die gleichen
Anforderungen stellen, die sie auch an Astronauten stellen würde, die an einer
echten Marsmission teilnehmen wollen. Der Auswahlprozess wird Mitte des Jahres
beginnen. Die Freiwilligen werden für ihre simulierte Marsreise eine kleine
Aufwandsentschädigung erhalten. Und auch wenn sich das ganze Szenario sehr nach
den Container-Shows der privaten Fernsehanbieter anhört, unterstreicht die ESA,
dass die Teilnehmer ernsthafte Wissenschaft betreiben werden - und einen Preis
gibt es für die Simulationsteilnehmer am Ende auch nicht.
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