Neunter Planet zehn Grad kälter
von Stefan
Deiters
astronews.com
10. Januar 2006
In wenigen Tagen startet die NASA-Sonde New Horizons
zum Pluto. Doch auch von der Erde aus lässt sich Überraschendes über den neunten
Planeten feststellen: So haben Forscher jetzt die Oberflächentemperatur des
Pluto gemessen und die Größe seines Mondes Charon extrem genau bestimmt. Pluto
ist demnach zehn Grad kälter als er eigentlich sein sollte.

Pluto und sein Mond Charon (künstlerische
Darstellung) Bild: ESO |
Pluto liegt etwa 30-mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Selbst am
Tag dürfte es daher auf der fernen Welt nicht wirklich hell werden, sondern es
wird bestenfalls Dämmerlicht herrschen. Plutos Bahn um die Sonne ist sehr
unkreisförmig, was bedeutet, dass der Abstand des neunten Planeten von der Sonne
sich im Laufe eines Plutojahrs stark ändert. Zurzeit ist Pluto der Sonne relativ
nahe, er entfernt sich aber gerade von ihr und wird in einigen Jahrzehnten
50-mal weiter von der Sonne entfernt sein als die Erde.
Die Folge davon ist klar: Die dünne Atmosphäre des Planeten wird gefrieren –
ein Grund dafür, dass die Astronomen es so eilig haben, eine Sonde zu Pluto zu
schicken, damit von der Atmosphäre noch etwas zu messen ist. Und das könnte
dringender sein als gedacht, denn Messungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop
und dem Keck-Teleskop auf Hawaii deuteten schon vor einiger Zeit darauf hin,
dass die Oberfläche Plutos sogar kälter ist als sie eigentlich sein sollte. Doch
blieb dies bislang Vermutung, da es von der Erde nicht gelungen war, die
Wärmestrahlung von Pluto direkt zu messen.
Genau dies schafften jetzt aber zum ersten Mal Astronomen mit Hilfe des
Submillimeter Arrays, eines Radioteleskops auf Hawaii. Die Messungen zeigen,
dass Pluto tatsächlich kälter ist als erwartet und sogar kälter als sein Mond
Charon. "Wir wissen recht viel über den Treibhauseffekt auf der Venus",
erläutert Mark Gurwell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.
"Pluto ist ein gutes Beispiel dafür, was man einen Anti-Treibhauseffekt nennen
könnte. Die Natur gibt uns immer wieder neue Rätsel auf."
Die neuen Daten ergaben eine Oberflächentemperatur Plutos von -230 Grad
Celsius statt der erwarteten -220 Grad Celsius. Die Astronomen erklären sich das
Phänomen mit einer bestimmten Reaktion in der Plutoatmosphäre: Ein Teil der
Sonnenenergie, die die Oberfläche erreicht, heizt diese nicht auf, sondern wird
verbraucht, um das dortige Stickstoffeis in Gas zu verwandeln.
Ein anderes Astronomenteam konnte unlängst die Größe und Masse von Plutos
Mond Charon mit hoher Präzision bestimmen: Der Pluto-Begleiter hat danach einen
Radius von 603,6 Kilometern und die 1,71-fache Dichte von Wasser. Damit
dürfte er aus Wassereis und Gesteinsbrocken bestehen. Auch die Frage, ob es eine
Atmosphäre auf dem fernen Mond geben könnte, konnten die Wissenschaftler dank
der genauen Beobachtung beantworten: Wenn es eine Stickstoffatmosphäre geben
sollte, wäre sie nur extrem dünn und der Druck auf der Oberfläche würde nur etwa
einem 10 Millionstel des Druckes auf der Erdoberfläche entsprechen.
Die extrem genaue Messung gelang den Astronomen durch die Beobachtung einer
besonderen kosmischen Konstellation: Am 11. Juli 2005 verdeckte Charon
kurzzeitig den entfernten Stern UCAC2 26257135. Durch die Beobachtung des
Ereignisses mit drei verschiedenen Teleskopen, darunter einem Teleskop des
Very Large Telescopes der ESO in Chile, gelang die Messung. Dass Charon
einen anderen Stern verdeckt, ist äußerst selten: Der Pluto-Mond hat von der
Erde aus gesehen einen Durchmesser, der dem einer ein Euro-Münze in 100
Kilometern Entfernung entspricht.
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ESO, Europäische
Südsternwarte |
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