Pulsar rast durch die Milchstraße
von Rainer Kayser
1. September 2005
Mit Hilfe des Very Large Baseline Array haben Astronomen den
schnellsten bislang bekannten Pulsar aufgespürt. Er rast mit einer
Geschwindigkeit von knapp 1.100 Kilometern pro Sekunde aus unserer Milchstraße
hinaus. Die hohe Geschwindigkeit stellt die Forscher allerdings vor ein Rätsel:
Mit ihren bisherigen Theorien lässt sich der rasante Pulsar nämlich nicht
erklären.
In den letzten 2,5 Millionen Jahren hat sich der Pulsar B1508+55
ein beachtliches Stück am Nachthimmel bewegt. Bild:
Bill Saxton, NRAO / AUI / NSF |
Mit einer Geschwindigkeit von knapp 1.100 Kilometern pro Sekunde rast der
Pulsar B1508+55 aus unserer Milchstraße heraus. Das zeigen jüngste Messungen mit
dem sich über ganz Nordamerika erstreckenden Radioteleskop-Netz VLBA (Very
Large Baseline Array). B1508+55 ist damit der schnellste Pulsar, der je
gefunden wurde. Pulsare können bei ihrer Entstehung im Rahmen einer
Sternexplosion einen gewaltigen Anstoß bekommen - die hohe Geschwindigkeit von
B1508+55 übersteigt jedoch deutlich die theoretischen Vorhersagen.
"Unsere Computermodelle sind nicht in der Lage Geschwindigkeiten zu
produzieren, die jener von B1508+55 nahe kommen", erläutert Shami Chatterjee vom
amerikanischen National Radio Astronomy Observatory, einer der an den
Beobachtungen beteiligten Forscher. "Das bedeutet, dass wir unsere Modelle von
Supernova-Explosionen überprüfen und möglicherweise korrigieren müssen.
Neutronensterne entstehen bei der Explosion massereicher Sterne am Ende ihres
Lebens. Während die als "Supernova" bezeichnete Explosion die äußeren Teile des
Sterns zerfetzt, kollabiert das Sterneninnere zu einem extrem kompakten Objekt,
einem Neutronenstern. Da die Explosion nicht kugelsymmetrisch verläuft, erhält
der Sternenüberrest einen "Kick", der ihn durchs All katapultiert. "Aber die bei
B1508+55 gemessene Geschwindigkeit übersteigt unser augenblickliches
Verständnis. Sie ist nur schwer mit den aktuellen Modellen des Kernkollapses bei
einer Supernova in Einklang zu bringen."
Chatterjee und seinen Kollegen ist es dank der hohen Genauigkeit der
VLBA-Beobachtungen erstmals gelungen, nicht nur die Bewegung des Pulsars am
Himmel, sondern auch seine Entfernung genau zu bestimmen. Dazu mussten die
Forscher die so genannte Parallaxe von B1508+55 messen, die Verschiebung des
Pulsars am Himmel im Verlauf eines Jahres. Sie beträgt nur 0,4 Tausendstel einer
Bogensekunde, eine Bogensekunde ist der 3600ste Teil eines Winkelgrads. Daraus
ergibt sich für B1508+55 eine Entfernung von 7700 Lichtjahren. Erst mit Kenntnis
dieser Entfernung konnten die Astronomen dann die wahre Geschwindigkeit des
Pulsar bestimmen.
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NRAO, National Radio Astronomy Observatory |
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