Amerikanische Raumfähren vor dem
Neustart
von
Hans Zekl
für
astronews.com
4. April 2005
Seit über zwei Jahren bleiben die Raumfähren der NASA nun schon als Folge
der Columbia-Katastrophe am Boden. Jetzt ist ein Ende der Flugpause
abzusehen: In diesen Tagen wird die Raumfähre Discovery zum Startkomplex
des Kennedy Space Centers gerollt und soll in sechs bis acht Wochen zur
Internationalen Raumstation ISS starten. Viele Hundert Millionen Dollar wurden
in den letzten zwei Jahren in ein neues Sicherheitssystem investiert.
Die Discovery im Hangar im Kennedy Space Center kurz bevor sie
an den Außentank und die Feststoffraketen montiert wird. Foto:
NASA |
Der 1. Februar 2003 war ein schwarzer Tag für die Raumfahrt und die NASA, als
die Raumfähre Columbia beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zerbrach.
Alle sieben Besatzungsmitglieder kamen bei dem tragischen Unglück ums Leben. Die
amerikanische Raumfahrtbehörde strich daraufhin sämtlichen weiteren Flüge der
verbliebenen Raumfähren. Eine Untersuchungskommission sollte die Unfallursache
erst klären und Vorschläge zur Vermeidung zukünftiger Katastrophen dieser Art
machen.
Nach intensiver Arbeit veröffentlichte die Kommission einen 248 Seiten
starken Bericht: Ursache des Unglücks war ein 800 Gramm schweres Stück
Schaumstoff, das beim Start aus der Isolierung an der Halterung des Zusatztanks
herausgebrochen war und ein Loch in den Hitzeschild an der Vorderkante des
linken Flügels schlug. Beim Eintritt in die Atmosphäre drangen dann heiße Gase
in das Innere des Flügels und zerstörten dessen Struktur, bis er brach.
Der
Raumgleiter flog damals mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit in einer Höhe
von 60 Kilometern, und die starken Windkräfte zerrissen den Shuttle vollständig.
Basierend auf den Untersuchungsergebnissen empfahlen die Experten zahlreiche
Änderungen an der Shuttle-Flotte selbst und im Prozessmanagement der NASA. Die
verbliebene Flotte von drei Raumfähren musste damit bis auf weiteres am Boden
bleiben.
Am 29. März rollte nun endlich nach zweijährigen Umbauarbeiten die Fähre
Discovery aus ihrem Hangar. Im Kennedy Space Center in Florida werden
nun noch der neukonstruierte Zusatztank und die beiden Feststoffraketen an dem
Raumgleiter befestigt, eine neue Digitalkamera angebracht, sowie die
elektrischen und mechanischen Verbindungen zum Zusatztank getestet. Discovery
wurde schon ab September 2002 einer größeren Überholung unterzogen. Seitdem
wurden insgesamt 148 Modifikationen vorgenommen, allein 41 davon waren von der
Untersuchungskommission nach dem Columbia-Unfall empfohlen worden.
"Ich
könnte nicht stolzer auf das Team sein, das in den letzten beiden Jahren an der
Discovery gearbeitet hat. Wir sind sehr aufgeregt, dass wir diesen Moment
in den Vorbereitungen zur Wiederaufnahme der Flüge erreicht haben. Zu sehen, wie
die Fähre zu ihrem Gebäude für die Endfertigung rollte, war der Höhepunkt
unserer harten Arbeit," kommentiert die für die Discovery zuständige
NASA-Managerin Stephanie Stilson.
Erstmals wurde der Orbiter mit Kameras und Lasersystemen ausgerüstet, um den
Zustand des Hitzeschilds im All überprüfen zu können. Im Frontbereich der Flügel
wurden Sensoren installiert, die Schäden durch Einschläge registrieren sollen.
Die NASA plant zukünftig die Shuttle-Flotte in regelmäßigen Abständen größeren
Überholungen und Änderungen zu unterziehen. Sie hofft, damit die Sicherheit der
Flüge weiter verbessern zu können.
Am Zusatztank wird auf Isolierschaum an den
Halterungen vollständig verzichtet, elektrische Heizungen sollen die Eisbildung
jetzt verhindern. Die NASA hat um das Startgelände in Florida mehr und bessere
Kameras installiert, die die Startphase aus allen möglichen Blickwinkeln
aufnehmen sollen. Auch am Zusatztank ist nun eine digitale Kamera befestigt, die
ihre Bilder zu den zuständigen Techniker überträgt, sobald der Orbiter in seiner
Umlaufbahn angekommen ist.
In den Jahren 2003 und 2004 wurden von der NASA insgesamt 538 Millionen
US-Dollar für die Umbauarbeiten aufgewendet. Im laufenden Jahr werden die Kosten
auf nochmals 602 Millionen Dollar geschätzt und 2006 sind weitere 288 Millionen
Dollar eingeplant. Morgen soll die Discovery schließlich ihre Reise zum
Startkomplex antreten.
Zwischen dem 15. Mai und dem 3. Juni wird dann
Kommandantin Eileen Marie Collins mit sechs weiteren Crewmitgliedern zu einer
zwölftägigen Mission zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. Die Mission
ist der erste von zwei Testflügen und soll Versorgungsgüter zur Station bringen.
Die wichtigste Aufgabe wird aber darin bestehen, die neuen Inspektions- und
Reparaturtechniken zu erproben, um das Risiko eine Katastrophe wie im Februar
2003 zu minimieren.
Die Raumfähre Atlantis befindet sich noch in ihrer Wartungshalle.
Techniker bereiten den Einbau der Triebwerke und des neuen Roboterarms vor.
Momentan hofft die NASA, dass Atlantis zwischen dem 12. und 31. Juli wieder zur
Internationalen Raumstation aufbrechen kann. Am dritten Shuttle, Endeavour,
stehen noch größere Umbauarbeiten an. Für ihn wurde noch kein Starttermin
genannt.
|