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Der Ursprung der superschnellen Elektronen auf der Sonne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
1. September 2025
Mithilfe der ESA-Sonde Solar Orbiter ist es
gelungen, den Ursprung von energiereichen Teilchen zu ermitteln, die unsere
Sonne ins All schleudert. Dabei lassen sich zwei Klassen unterscheiden, die auf
unterschiedliche Arten von Eruptionen unseres Sterns zurückzuführen sind. Die
neuen Daten sind auch für eine genauere Vorhersage des Weltraumwetters von
Bedeutung.

Solar Orbiter hat zwischen November 2020 und
Dezember 2022 mehr als 300 Ausbrüche von "solaren
energiereichen Elektronen" beobachtet und so erstmals den
Zusammenhang zwischen den energiereichen Elektronen im
Weltraum und ihren Quellen auf der Sonne gezeigt.
Bild: ESA & NASA / Solar Orbiter / STIX &
EPD [Großansicht] |
Die Sonne ist der energiereichste Teilchenbeschleuniger im Sonnensystem. Sie
beschleunigt Elektronen fast auf Lichtgeschwindigkeit und schleudert sie ins
All. Dadurch wird das Sonnensystem mit sogenannten "Solar Energetic Electrons"
(SEE) überschwemmt. Mithilfe der Mission Solar Orbiter haben Forschende
nun die Quellen dieser energiereichen Elektronen gefunden. So können sie das,
was wir im Weltraum beobachten, direkt auf Vorgänge auf der Sonne zurückführen.
Dabei entdeckten sie zwei Arten der energetischen Elektronen mit
unterschiedlichen Ursprüngen: die eine entsteht bei intensiven solaren Flares
(Explosionen kleiner Gebiete auf der Sonne), die andere bei größeren Ausbrüchen
heißen Gases aus der Sonnenatmosphäre, den sogenannten "koronalen
Massenauswürfen (KMAs)".
"Wir sehen einen klaren Unterschied zwischen 'impulsiven'
Teilchenereignissen, bei denen energiereiche Elektronen von Flares schlagartig
und gebündelt in den Weltraum geschossen werden, und graduellen Ereignissen, bei
denen koronale Massenauswürfe über einen längeren Zeitraum eine größere Menge an
Teilchen freisetzen und die sich über größere Winkelbereiche erstrecken", sagt
Alexander Warmuth vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), der
Hauptautor der Studie.
Die Wissenschaft wusste bereits, dass es zwei Arten dieser Ereignisse gibt.
Doch die Mission Solar Orbiter konnte zahlreiche solcher Ereignisse
messen und dabei der Sonne deutlich näherkommen als frühere Missionen. So ließ
sich aufdecken, wie diese Ereignisse entstehen und die Oberfläche unseres Sterns
verlassen. "Wir konnten diese beiden Gruppen nur erkennen und verstehen, weil
wir Hunderte von Ereignissen in verschiedenen Entfernungen zur Sonne mit
mehreren Instrumenten beobachtet haben – etwas, das nur Solar Orbiter
ermöglicht", erklärt Warmuth. "Da wir unserem Stern so nahegekommen sind (bis
auf weniger als ein Drittel der Entfernung Sonne-Erde), konnten wir die Teilchen
in einem noch 'unverfälschten' Zustand messen und dadurch genau feststellen,
wann und wo sie auf der Sonne gestartet sind."
Die Studie ist die bislang umfassendste Untersuchung von SEE-Ereignissen und
erstellt einen Katalog, der auch zukünftig während der gesamten Lebensdauer von
Solar Orbiter fortgeführt werden soll. Dabei kamen acht von zehn
Instrumenten von Solar Orbiter zum Einsatz, um zwischen November 2020
und Dezember 2022 mehr als 300 Ereignisse zu beobachten. Diese Ergebnisse zeigen
die hervorragende Zusammenarbeit – sie war nur dank des gebündelten Fachwissens
und der Teamarbeit europäischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
Instrumententeams aus allen ESA-Mitgliedstaaten und Kollegen aus den USA
möglich, koordiniert von Wissenschaftlern des AIP.
"Es ist das erste Mal, dass wir diesen Zusammenhang zwischen Teilchen im
Weltraum und ihren Ursprungsereignissen auf der Sonne so deutlich sehen", fügt
Frederic Schuller, ebenfalls vom AIP, hinzu. "Wir haben die energiereichen
Elektronen vor Ort gemessen – das heißt, Solar Orbiter ist tatsächlich
durch die Elektronenströme geflogen – und gleichzeitig weitere Instrumente des
Raumfahrzeugs eingesetzt, um zu beobachten, was auf der Sonne geschah. Außerdem
haben wir Informationen über die Weltraumumgebung zwischen der Sonne und dem
Raumfahrzeug gesammelt."
Die Forschenden haben SEE-Ereignisse in unterschiedlichen Entfernungen von
der Sonne entdeckt. So konnten sie untersuchen, wie sich die Elektronen auf
ihrer Reise durch das Sonnensystem verhalten, und damit eine seit langem offene
Frage zu diesen energiereichen Teilchen beantworten. Wenn wir einen solaren
Flare oder einen koronale Massenauswurf beobachten, gibt es oft eine
anscheinende Verzögerung zwischen dem, was wir auf der Sonne sehen und der
Freisetzung von SEEs in den Weltraum. In extremen Fällen scheinen die Teilchen
Stunden zu brauchen, um zu entweichen. Warum?
"Es stellt sich heraus, dass dies damit zusammenhängt, wie sich die
Elektronen durch den Weltraum bewegen – es handelt sich nicht um eine
Verzögerung bei der Freisetzung, sondern um eine Verzögerung bei der Messung am
Satelliten", sagt Mitautorin und ESA-Forschungsstipendiatin Laura
Rodríguez-García. "Die Elektronen stoßen auf Turbulenzen, werden in verschiedene
Richtungen gestreut, sodass wir sie nicht sofort messen können. Diese Effekte
verstärken sich, je weiter man sich von der Sonne entfernt."
Der Raum zwischen der Sonne und den Planeten des Sonnensystems ist nicht
leer. Ein Wind aus geladenen Teilchen strömt ständig von der Sonne aus und zieht
das Magnetfeld der Sonne mit sich. Er füllt den Raum und beeinflusst die
Bewegung der Teilchen; statt sich frei bewegen zu können, werden die SEEs durch
diesen Wind und sein Magnetfeld eingeschränkt, gestreut und gestört. Die Studie
erfüllt ein wichtiges Ziel von Solar Orbiter: die kontinuierliche
Beobachtung unseres Sterns und seiner Umgebung, um ausgestoßene Teilchen bis zu
ihren Quellen auf der Sonne zurückzuverfolgen.
"Dank Solar Orbiter lernen wir unseren Stern besser kennen als je
zuvor", sagt Daniel Müller, ESA-Projektwissenschaftler für Solar Orbiter.
"In den ersten fünf Jahren im Weltraum hat Solar Orbiter eine Fülle von
Ereignissen mit hochenergetischen Teilchen beobachtet. Dadurch konnten wir
detaillierte Analysen durchführen und eine einzigartige Datenbank aufbauen, die
der weltweiten Gemeinschaft zur Verfügung steht." Die Ergebnisse sind von
entscheidender Bedeutung für unser Verständnis des Weltraumwetters, wo genaue
Vorhersagen unerlässlich sind, um den Betrieb und die Sicherheit von
Raumfahrzeugen zu gewährleisten. Eine der beiden Arten von SEE ist für das
Weltraumwetter wichtiger: diejenige, die mit koronalen Massenauswürfen in
Verbindung steht, da diese tendenziell mehr hochenergetische Teilchen enthalten
und somit weitaus größere Schäden verursachen können. Aus diesem Grund ist es
für Vorhersagen äußerst wichtig, zwischen den beiden Arten von SEE unterscheiden
zu können.
Solar Orbiter ist eine Weltraummission der internationalen Zusammenarbeit
zwischen der europäischen Weltraumorganisation ESA und der NASA, die von der ESA
betrieben wird. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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