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Wie sich auf dem Saturnmond zellähnliche Strukturen bilden
könnten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen astronews.com
21. Juli 2025
Auf dem Saturnmond Titan herrschen extreme Bedingungen. Trotzdem hat der
Trabant gewisse Ähnlichkeit mit der Erde, hat man auf Titan doch einen
Flüssigkeitskreislauf, Niederschläge und die Existenz von Seen nachweisen
können. Nun habe zwei Wissenschaftler einen Prozess entdeckt, wie sich auf Titan
zellähnliche Strukturen bilden könnten.

Auf dem Saturnmond Titan gibt es vermutlich
Seen aus flüssigen Kohlenwasserstoffen (künstlerische
Darstellung).
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Titan ist der einzige Mond im Sonnensystem mit einer dichten Atmosphäre, die
reich an Stickstoff und Methan ist. Neben der Erde ist er zudem der einzige
bekannte Himmelskörper mit Seen und Meeren – allerdings gefüllt mit flüssigen
Kohlenwasserstoffen wie Methan, nicht mit Wasser. Diese Stoffe verdunsten,
bilden Wolken und fallen als Regen zurück. In diesem Kreislauf entstehen
organische Moleküle, sogenannte Amphiphile, die für die Bildung von
Zellmembranen entscheidend sein könnten.
Prof. Dr. Christian Mayer von der Universität Duisburg-Essen und Dr. Conor A.
Nixon vom Goddard Space Flight Center der amerikanischen
Raumfahrtbehörde NASA haben ein theoretisches Modell entwickelt, das auf
fundierten Analysen der Bedingungen auf Titan beruht – darunter Atmosphäre,
Temperatur, Druckverhältnisse und Molekülverhalten. Ergänzt wird es durch
Laborsimulationen und Erkenntnisse aus früheren Experimenten. So haben sie einen
Prozess entdeckt, bei dem sich auf Titan zellähnliche Strukturen – sogenannte
Vesikel – bilden könnten. Solche Strukturen gelten als erster Schritt zur
Entstehung von Leben.
Der Prozess könnte wie folgt ablaufen: Wenn Methanregen auf Titans Seen
trifft und dabei Sprühnebel erzeugt, entstehen winzige Tröpfchen, die mit einer
Schicht von Amphiphilen umhüllt sind. Treffen sie erneut auf die
Flüssigkeitsoberfläche, verbinden sich ihre Hüllen mit der Molekülschicht des
Sees zu einer stabilen Doppelmembran. So entstehen Vesikel – zellähnliche
Hüllen, die Flüssigkeit einschließen. "In ihrer Umgebung können diese Strukturen
weitere Moleküle aufnehmen und dadurch stabiler werden", erklärt Mayer. "Die
beständigeren Vesikel überleben länger – es entsteht eine Art molekularer
Wettbewerb, der eine frühe Form von Evolution möglich macht. Das wäre ein erster
Schritt hin zu Protozellen, den Vorläufern lebender Zellen."
Die Forschenden schlagen auch experimentelle Ansätze vor, um diesen
Mechanismus künftig im Labor nachzubilden – etwa mit flüssigem Methan unter
Titan-ähnlichen Bedingungen. Außerdem empfehlen sie Messverfahren für
Raumsonden, etwa die Kombination aus Laserstreuung und Raman-Spektroskopie, um
Vesikel direkt in den Seen des Saturnmondes nachweisen zu können. "Die
Entstehung von Vesikeln unter lebensfremden Bedingungen würde zeigen, dass die
Grundprinzipien biologischer Selbstorganisation nicht an Wasser oder irdische
Verhältnisse gebunden sind", sagt Mayer. "Das eröffnet völlig neue Perspektiven
für die Astrobiologie – und für unsere Vorstellung, wo Leben entstehen kann."
Gespannt blicken Mayer und Nixon auf die NASA-Mission Dragonfly. Sie
soll im Juli 2028 starten und wird umfangreiche Oberflächenmessungen auf Titan
durchführen sowie atmosphärische und geophysikalische Daten sammeln – wenn die
Rakete gelandet ist: im Jahr 2034.
Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift
International Journal of Astrobiology veröffentlicht.
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