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Auch die kleinsten Mikroquasare sind effiziente Teilchenbeschleuniger
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
29. Januar 2025
Welche astrophysikalischen Objekte sind für die
hochenergetische kosmische
Strahlung verantwortlich? Mikroquasare, also Systeme aus einem stellaren
Schwarzen Loch und einem normalen Stern, hatte man schon länger im Verdacht -
allerdings nur massereiche Varianten. Nun gelang erstmals der Nachweis, dass
selbst Mikroquasare mit geringen Sternmassen effiziente Teilchenbeschleuniger
sind.

Künstlerische Darstellung eines
Mikroquasars. Ein Stern und ein Schwarzes Loch
umkreisen einander in geringem Abstand, dabei
wird Masse vom Stern zum Schwarzen Loch hin
gezogen. Als Folge davon bilden sich zwei Jets.
Bild: Science
Communication Lab für MPIK / H.E.S.S. [Großansicht] |
Unser Heimatplanet wird ständig mit Teilchen aus dem Weltraum bombardiert.
Und während wir vor allem mit Gesteins-Meteoriten vertraut sind, die aus unserem
Sonnensystem stammen und faszinierende Sternschnuppen am Nachthimmel erzeugen,
sind es die allerkleinsten Teilchen, die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern helfen, die Natur des Universums zu verstehen. Subatomare
Teilchen wie Elektronen oder Protonen, die aus dem interstellaren Raum und
darüber hinaus stammen, gehören zu den schnellsten bekannten Teilchen im
Universum und werden als kosmische Strahlung bezeichnet. Der Ursprung und die
Beschleunigungsmechanismen der energiereichsten dieser kosmischen Teilchen sind
nach wie vor eines der größten Rätsel der Astrophysik. Von Schwarzen Löchern
ausgehende, sich schnell bewegende Materieausflüsse (oder "Jets") wären ein
idealer Ort für eine effiziente Teilchenbeschleunigung. Die Details darüber, wie
und unter welchen Bedingungen Beschleunigungsprozesse ablaufen können, sind aber
bislang unklar.
Die stärksten Jets in unserer Galaxie treten dabei in sogenannten
Mikroquasaren auf: Systeme, die aus einem stellaren Schwarzen Loch und einem
"normalen" Stern bestehen. Die beiden umkreisen einander und sobald sie sich
nahe genug sind, beginnt das Schwarze Loch, seinen Begleiter langsam zu
"verschlingen". Infolgedessen treten nahe dem Schwarzen Loch Jets auf. In den
letzten Jahren gibt es immer mehr Belege dafür, dass Mikroquasar-Jets effiziente
Teilchenbeschleuniger sind. Es ist jedoch unklar, wie viel sie als Gruppe zur
Gesamtmenge der kosmischen Strahlung in der Galaxie beitragen.
Um diese Frage beantworten zu können, muss man wissen, ob alle Mikroquasare
in der Lage sind, Teilchen zu beschleunigen, oder nur einige wenige.
Mikroquasare werden je nach Masse des Begleitsterns in "Systeme mit geringer
Masse" oder "Systeme mit hoher Masse" eingeteilt, wobei Systeme mit geringer
Masse viel häufiger im Universum vorkommen. Bisher wurden jedoch nur bei
Systemen mit hoher Masse Hinweise auf eine Teilchenbeschleunigung gefunden. Zum
Beispiel enthält der Mikroquasar SS 433, der kürzlich als einer der stärksten
Teilchenbeschleuniger in der Galaxie identifiziert wurde, einen Stern mit einer
Masse, die etwa zehnmal so groß ist wie die der Sonne. Daher wurde allgemein
angenommen, dass Mikroquasare mit geringer Masse nicht stark genug sind, um
Gammastrahlen zu erzeugen.
Dr. Laura Olivera-Nieto vom Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg
(MPIK) und Dr. Guillem Martí-Devesa von der Università di Trieste in
Italien haben nun eine Entdeckung gemacht, die dieses Paradigma erschüttert: Sie
nutzten Daten des Large-Area-Telescope-Detektors an Bord des NASA-Satelliten
Fermi aus 16 Jahren, um ein schwaches Gammastrahlensignal zu entdecken, das
mit der Position von GRS 1915+105 übereinstimmt, einem Mikroquasar mit einem
Stern, der kleiner als die Sonne ist. Das Gammastrahlensignal hat eine gemessene
Energie von über 10 GeV, was darauf hindeutet, dass das System Teilchen auf noch
höhere Energien beschleunigen könnte. Die Beobachtungen sprechen für ein
Szenario, bei dem Protonen in den Jets beschleunigt werden und anschließend mit
dem umliegenden Gas interagieren, um Gammastrahlen-Photonen zu erzeugen.
Für die jetzt vorgestellte Studie verwenden sie auch Daten des
45-Meter-Radioteleskops Nobeyama in Japan, die darauf hindeuten, dass es um die
Quelle herum genügend Gasmaterial für dieses Szenario gibt. Dieses Ergebnis
zeigt, dass selbst Mikroquasare, die einen Stern mit geringer Masse beherbergen,
zur Teilchenbeschleunigung fähig sind. Da dies die zahlreichste Klasse ist, hat
dieses Ergebnis erhebliche Auswirkungen auf den Beitrag von Mikroquasaren
insgesamt als Gruppe zum kosmischen Strahlungsgehalt unserer Galaxie. Nun sind
weitere Studien in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen geplant, um die
Quellen für die Teilchenbeschleunigung weiter einzugrenzen.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in den
Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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