Tiefer Blick in einen Mikroquasar
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Innsbruck astronews.com
27. November 2009
Mit dem Gammastrahlen-Weltraumteleskop Fermi hat
ein internationales Forscherteam jetzt ein rätselhaftes Sternsystem ins Visier
genommen: Cygnus X-3. In der Fachzeitschrift Science berichten die
Wissenschaftler über die Ergebnisse der Beobachtungen. So gelang etwa der erste
eindeutige Nachweis von hochenergetischer Strahlung von einem solchen
Mikroquasar.

In Cygnus X-3 umkreist ein kompaktes Objekt
(entweder Neutronenstern oder Schwarzes Loch) mit
seiner Akkretionsscheibe einen heißen,
massereichen Stern. Die Gammastrahlung (hier
purpur illustriert) kann als Resultat der
Wechselwirkung von relativistischen Elektronen
außerhalb der Akkretionsscheibe mit dem
ultravioletten Lichtes des massiven Sternes
verstanden werden. Fermi sieht eine intensivere
Gamma-Emission, wenn sich das kompakte Objekt mit
seiner Akkretionsscheibe auf der uns abgewandten
Seite des Orbits befindet.
Bild: Walt Feimer / NASA
Goddard Space Flight Center |
Der Mikroquasar Cygnus X-3 besteht aus einem massereichen, heißen Stern und einem bisher noch nicht entschlüsselten, kompakten Objekt
- einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch. Spektakulär wird dieses Sternensystem aber insbesondere durch einen beidseitigen Materieausfluss,
zwei sogenannte Jets, in denen das Material Geschwindigkeiten von bis zur halben Lichtgeschwindigkeit
erreicht.
"Solche Systeme nennt man in Analogie zu ähnlichen beobachtbaren Phänomenen von anderen Jet-Objekten, den Quasaren, dann Mikroquasare", erklärt Prof. Olaf Reimer vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck und Mitautor der
jetzt erschienenen Veröffentlichung über die Beobachtungen in der
Fachzeitschrift Science. Die Objekte würden zwar in mancherlei Hinsicht
den großen Jets von Quasaren gleichen, doch "haben wir es bei den Mikroquasaren
mit Objekten in unserer Milchstraße zu tun, also Miniaturversionen der
extragalaktischen Quasare, deren Emission von massereichen Schwarzen Löchern getrieben ist."
Cygnus X-3 ist den Astrophysikern durch seine helle Radioemission bereits in den 1960er-Jahren aufgefallen. Seit dieser Zeit wurde wiederholt spekuliert, dass die Radioemission auch von Hochenergieemission begleitet wird – was den Mikroquasar als eine der ersten Quellen der Gammaastronomie ausgezeichnet hätte. Die vermeintlichen Nachweise energiereicher Photonen mussten allerdings revidiert werden, als bessere Instrumente die vorherigen Resultate nicht bestätigt hatten.
Mit dem Large Area Telescope (LAT) des
Gammastrahlen-Weltraumteleskops Fermi der NASA konnten die langjährigen
Spekulationen um eine der rätselhaftesten Quellen in unserer Galaxie nun erneut
untersucht und endlich eindeutig geklärt werden. Alle 4,8 Stunden umkreist der
kompakte Stern den massereichen Partnerstern und durchquert dabei dessen heiße Sternwinde mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerkes.
Nicht nur diese Periodizität konnte jetzt in den Gammastrahlungsdaten gesehen werden – was die eindeutige Identifikation dieses Systems ermöglichte - auch regelmäßige Intensitätsänderungen, die gleichzeitig mit Röntgen- bzw. Radioemission auftreten, konnten beobachtet werden. Cygnus X-3 strahlt im Lichte der energetischen Gammastrahlung heller, wenn sich der kompakte Stern (und seine materiesammelnde Akkretionsscheibe aus Gas und Staub) hinter dem Partnerstern befinden.
"Wir haben es hier vermutlich mit Wechselwirkungen zu tun, zwischen relativistischen Elektronen aus der Akkretionsscheibe des kompakten Objekts und niederenergetischen Photonen des Strahlungsfeldes des riesigen und hellen Partnersterns, eines sogenannten Wolf-Rayet Sterns",
erläutert Reimer. Die ultravioletten Photonen des Sternenwindes treffen auf die sich bereits schnell bewegende Teilchen und gewinnen dadurch an Energie, die sie letztlich bis in den Bereich der Gammastrahlung bringt. Dieser Prozess funktioniert offensichtlich besser, wenn die energiereichen Elektronen sich uns entgegenbewegen und es zu einer frontalen Kollision mit einem Photon des Sternwindes kommt.
Zwischen dem 11. Oktober und dem 20. Dezember 2008 und dem 8. Juni und 2.
August 2009 war der Mikroquasar besonders aktiv. Hochenergetische Gammastrahlung
konnte bereits fünf Tage vor den Ausbrüchen im Radiobereich nachgewiesen werden. Ein Zusammenhang zwischen Hoch- und Niederenergiemission wird damit sehr wahrscheinlich.
"Mit der Identifizierung des ersten Mikroquasars im Lichte von hochenergetischer Gammastrahlung und der Beschreibung der Hochenergieeigenschaften erhalten wir Daten, die uns Aufschluss über die Teilchenbeschleunigung in diesen Objekten geben werden",
beschreibt Reimer die Bedeutung der neuen Beobachtungen. "Durch die reguläre Modulation kann nunmehr auch zwischen sich wiederholenden Emissionsphasen und sporadischen Aktivitätsänderungen im Gammalicht unterschieden werden."
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