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WEISSE ZWERGE
Heliumbrennen auf einem Weißen Zwergstern entdeckt
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
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23. März 2023

Weiße Zwerge stellen das Endstadium der Entwicklung sonnenähnlicher Sterne dar. Wenn sie Teil eines Doppelsternsystems sind, werden sie zudem für die Kosmologie interessant. Sammeln sie nämlich Material von einem Begleitstern auf, können sie als Supernova explodieren und werden dadurch zu wichtigen Entfernungsindikatoren. Nun wurde ein ganz besonderer Weißer Zwerg aufgespürt.

Röntgenquelle

Künstlerische Darstellung der beobachteten Röntgenquelle: In der Akkretionsscheibe um einen Weißen Zwergstern zeigt sich hauptsächlich Helium. Bild: F. Bodensteiner (Komposition) / ESO (Hintergrundbild) [Großansicht]

Explodierende Weiße Zwerge gelten nicht nur als die Hauptquelle von Eisen im Universum, sie sind auch ein wichtiges Instrument für die Kosmologie: als sogenannte Supernovae vom Typ Ia (SN Ia) werden alle in etwa gleich hell, so dass man die Entfernung ihrer Wirts-Galaxien sehr genau bestimmen kann. Allerdings bleibt auch nach vielen Jahren intensiver Forschung unklar, unter welchen Umständen die Masse eines Weißen Zwergs bis zur sogenannten Chandrasekhar-Grenze von 1,4 Sonnenmassen anwachsen kann. Nach deren Überschreitung kommt es dann zur Explosion.

Als mit dem Satelliten ROSAT Anfang der 1990er Jahre helle, sogenannte superweiche Röntgenquellen mit stabilem Wasserstoffbrennen auf ihrer Oberfläche als neue Objekt-Klasse etabliert wurden, galten diese eine Zeitlang als potentielle Kandidaten für die Vorläufer von SN Ia. Als Wasserstoffbrennen bezeichnet man in der Astronomie die Fusion von Wasserstoff zu Helium. Der Schönheitsfehler dieser Quellen ist aber ihr Wasserstoff-Reichtum: Supernovae vom Typ Ia zeigen keine Spur von Wasserstoff. Doppelsternsysteme, in denen ein Weißer Zwerg Helium akkretiert und stabil an seiner Oberfläche verbrennt, also in Kohlenstoff fusioniert, werden seit über 30 Jahren vorhergesagt, wurden aber bisher nie beobachtet.

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Ein internationales Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) hat nun eine Röntgenquelle gefunden, deren optisches Spektrum komplett von Helium dominiert ist. "Die superweiche Röntgenquelle [HP99] 159 ist bereits seit den 1990er Jahren bekannt, als sie zuerst mit ROSAT, später mit XMM-Newton und jetzt mit eROSITA beobachtet wurde," führt Jochen Greiner aus, der die Analysen zu dieser Quelle am MPE leitet. "Wir konnten sie nun als optische Quelle in der Großen Magellanschen Wolke identifizieren und fanden in ihrem Spektrum hauptsächlich Emissionslinien von Helium, die aus der Akkretionsscheibe stammen."

Damit ist das Problem der SN-Ia-Vorläufer aber noch nicht gelöst: theoretische Modelle sagen vorher, dass etwa zwei bis fünf Prozent der Materie des Helium-Begleitsternes von der SN-Ia-Explosion mitgerissen und in die Umgebung geschleudert werden. Diese Menge Helium wurde bei den meisten bisher beobachteten Supernovae Ia aber nicht gefunden. Es gibt allerdings eine Unterklasse mit kleinerer Leuchtkraft, die SN Iax, bei denen die Explosion schwächer ausfällt, und deshalb weniger Helium weggeblasen wird.

Das jetzt entdeckte System [HP99] 159 könnte nach derzeitigem Wissen in solch einer SN Iax enden, da die Messungen hier darauf hinweisen, dass kontinuierliches Heliumbrennen in Weißen Zwergen auch bei geringeren Überstrom-Raten möglich ist als theoretisch vorhergesagt. Die gemessene Leuchtkraft ist bei [HP99] 159 ungefähr zehnmal kleiner als bei der gängigen Akkretionsrate erwartet, wobei gleichzeitig die gemessene Röntgentemperatur exakt im erwarteten Bereich für stabiles Heliumbrennen liegt.

Da frühere Messungen darauf hindeuten, dass die Leuchtkraft seit etwa 50 Jahren gleich geblieben ist, dürfte eine große Spannbreite an Akkretionsraten für derartige Explosionen in Frage kommen. "Sterne ohne Wasserstoffhülle wie der in [HP99] 159 gefundene Begleitstern stellen eine wichtige Zwischenphase dar, die im Lebenszyklus von ca. 30 Prozent aller Doppelsterne vorkommen sollte", sagt Julia Bodensteiner von der ESO, die sich seit ihrer Masterarbeit am MPE mit massereichen Sternen beschäftigt. "Es sollte viele derartige Sterne geben, allerdings konnten bisher nur wenige beobachtet werden."

Das Team hofft nun, mit eROSITA noch weitere, ähnliche Quellen in den beiden Magellanschen Wolken zu finden. Dies sollte es erlauben, die Bedingungen für die Vorläufer von SN Ia noch besser einzugrenzen.

Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature erschienen ist.

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Links im WWW
Greiner, J. et al. (2023): A helium-burning white dwarf binary as a supersoft X-ray source, Nature, 615, 605
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
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