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PHYSIK
Quantenelektrodynamik mit hoher Präzision getestet
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik
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20. Juni 2022

Mit einer neu entwickelten Technik konnte nun der minimale Unterschied der magnetischen Eigenschaften zweier Isotope von hochgeladenem Neon mit bisher unzugänglicher Genauigkeit gemessen und damit auch die Gültigkeit der Quantenelektrodynamik getestet werden. Daraus ergeben sich bessere Grenzen für eine neue Physik und die Suche nach Dunkler Materie.

Ionenfalle

Schematische Darstellung der gekoppelten Kreisbewegung eines hochgeladenen Ne-Ionenpaars in der APLPHATRAP-Ionenfalle. Die Wellenlinie stellt Mikrowellenstrahlung dar. Bild: Max-Planck-Institut für Kernphysik  [Großansicht]

Elektronen sind einige der fundamentalsten Bausteine der bekannten Materie. Sie zeichnen sich durch einige sehr charakteristische Eigenschaften aus, etwa ihre negative Ladung und das Vorhandensein eines ganz spezifischen Eigendrehimpulses, auch Spin genannt. Als geladenes Teilchen mit Spin besitzt jedes Elektron ein magnetisches Moment, das sich in einem Magnetfeld ähnlich einer Kompassnadel ausrichtet. Die Stärke dieses magnetischen Momentes, angegeben durch den sogenannten g-Faktor, kann durch die Quantenelektrodynamik (QED) außerordentlich exakt vorhergesagt werden. Diese Berechnung stimmt mit dem experimentell gemessenen g-Faktor auf zwölf Stellen genau überein, eine der bislang genauesten Übereinstimmungen von Theorie und Experiment in der Physik überhaupt.

Das magnetische Moment des Elektrons ändert sich aber, sobald es nicht mehr als "freies", also von anderen Einflüssen unbeeinflusstes Teilchen vorliegt, sondern beispielsweise an einen Atomkern gebunden ist. Die geringfügigen Änderungen des g-Faktors lassen sich mittels der QED berechnen, welche die Wechselwirkung zwischen Elektron und Kern als Austausch von Photonen beschreibt. Hochpräzise Messungen erlauben einen empfindlichen Test dieser Theorie.

"Mit unserer Arbeit ist es uns nun gelungen, diese Vorhersagen der QED mit bisher unerreichter Auflösung und teilweise erstmalig zu untersuchen", berichtet Sven Sturm vom Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg. "Hierzu haben wir die Differenz des g-Faktors für zwei Isotope von hochgeladenen Neon-Ionen betrachtet, die nur noch ein einzelnes Elektron besitzen." Diese ähneln Wasserstoff, aber mit 10-fach höherer Kernladung, was die QED-Effekte verstärkt.

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Isotope unterscheiden sich bei gleicher Kernladung nur durch die Anzahl der Neutronen im Kern. Untersucht wurden ²⁰Ne⁹⁺ und ²²Ne⁹⁺ mit zehn bzw. zwölf Neutronen. Mit dem ALPHATRAP-Experiment steht in Heidelberg eine speziell entwickelte Penningfalle zur Verfügung, um einzelne Ionen in einem starken Magnetfeld von vier Tesla in nahezu perfektem Vakuum zu speichern. Das Ziel der Messung ist es, die Energie zu bestimmen, die benötigt wird, um die Ausrichtung der "Kompassnadel" (Spin) im Magnetfeld zu drehen. Dazu wird die exakte Frequenz der dafür nötigen Mikrowellenanregung gesucht.

Diese Frequenz hängt aber auch vom genauen Wert des Magnetfeldes ab. Um dieses zu bestimmen, nutzen die Forscherinnen und Forscher die ebenfalls vom Magnetfeld abhängige Bewegung von Ionen in der Penningfalle aus. Trotz der sehr guten zeitlichen Stabilität des hier verwendeten supraleitenden Magneten, begrenzen unvermeidliche, kleinste Schwankungen des Magnetfeldes bisherige Messungen auf etwa elf Stellen Genauigkeit. "Die Idee der neuen Methode besteht nun darin, die beiden zu vergleichenden Ionen ²⁰Ne⁹⁺ und ²²Ne⁹⁺ gleichzeitig im selben Magnetfeld in einer gekoppelten Bewegung zu speichern. Dabei rotieren die beiden Ionen einander stets gegenüber auf einer gemeinsamen Kreisbahn mit lediglich 200 Mikrometern Radius", erläutert Fabian Heiße, der mit dem ALPHATRAP-Experiment arbeitet. Dadurch wirken die Schwankungen des Magnetfeldes praktisch identisch auf beide Isotope, sodass die Differenz der gesuchten Energien hiervon nicht mehr beeinflusst wird.

Kombiniert mit dem gemessenen Magnetfeld konnten die Forscher daraus die Differenz der g-Faktoren beider Isotope mit Rekordgenauigkeit bis auf 13 Stellen bestimmen, eine Verbesserung um einen Faktor 100 im Vergleich zu bisherigen Messungen und damit der weltweit genaueste Vergleich zweier g-Faktoren. Die erreichte Auflösung lässt sich wie folgt veranschaulichen: Hätten die Forscher statt des g-Faktors den höchsten Berg Deutschlands, die Zugspitze, derart genau vermessen, so könnten sie an der Höhe des Berges einzelne zusätzliche Atome auf dem Gipfel erkennen.

Die theoretischen Berechnungen wurden mit ähnlicher Genauigkeit in der Abteilung von Christoph Keitel am Max-Planck-Institut für Kernphysik durchgeführt. "Im Vergleich mit den neuen experimentellen Werten konnten wir bestätigen, dass das Elektron mit dem Atomkern, wie von der QED vorhergesagt, tatsächlich durch den Austausch von Photonen wechselwirkt", erläutert Forschungs-Gruppenleiter Zoltán Harman. Durch die Differenzmessung an den beiden Neon-Isotopen wurde dies nun erstmals aufgelöst und erfolgreich getestet.

Alternativ ermöglicht die Studie, wenn man die QED-Resultate als bekannt voraussetzt, die Kernradien der Isotope um einen Faktor Zehn präziser als bisher möglich zu bestimmen. "Im Umkehrschluss erlaubt die Übereinstimmung der Ergebnisse von Theorie und Experiment, neue Physik jenseits des bekannten Standardmodells einzugrenzen, wie beispielsweise die Stärke der Wechselwirkung des Ions mit Dunkler Materie", so Vincent Debierre. "In Zukunft könnte die hier vorgestellte Methode eine Reihe neuartiger und spannender Experimente ermöglichen, wie beispielsweise den direkten Vergleich von Materie und Antimaterie oder die ultrapräzise Bestimmung fundamentaler Konstanten", freut sich Sailer.

Die Methode und die Ergebnisse des Teams sind in einem Fachartikel beschrieben, der in der Zeitschrift Nature erschienen ist.

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siehe auch
Alphatrap: Bald Suche nach Signaturen einer neuen Physik? - 16. August 2019
Links im WWW
Sailer, T. et al. (2022): Measurement of the bound-electron g-factor difference in coupled ions, Nature, 606, 479
Max-Planck-Institut für Kernphysik
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