Die Turbulenzen um Schwarze Löcher
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik astronews.com
14. Mai 2019
In München soll künftig das Munich Center for Plasma
Astrophysics die Arbeit des Exzellenzclusters ORIGINS unterstützen, der
sich mit der Entwicklung des Universums vom Urknall bis zur Entstehung des
Lebens befasst. Im neuen Zentrum sollen astrophysikalische Plasmen untersucht
werden, wie man sie etwa in der Umgebung supermassereicher Schwarzer Löcher
findet.
Supercomputer-Simulation der Bewegung
energiereicher Teilchen in astrophysikalischer
Plasmaturbulenz.
Bild: Daniel Grošelj, IPP [Großansicht] |
Die Entwicklung des Universums – vom Urknall bis zur Entstehung des
Lebens – zu verstehen, ist eine der größten wissenschaftlichen
Herausforderungen. Ihr widmet sich das Exzellenzcluster ORIGINS, einer der
erfolgreichen Bewerber in der mittlerweile dritten Förderrunde der von Bund und
Ländern ins Leben gerufenen "Exzellenzinitiative" für die Forschung. Neben den
beiden Münchner Universitäten sind an ORIGINS die Max-Planck-Institute für
Astrophysik, Biochemie, Extraterrestrische Physik, Physik und Plasmaphysik sowie
weitere Einrichtungen in München und Garching beteiligt.
Bereits die wissenschaftlichen Vorarbeiten für die Bewerbung des
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) für ORIGINS wurden von der
Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der das IPP als assoziiertes
Institut angeschlossen ist, mit über 350.000 Euro unterstützt. Mit dem
Helmholtz-Exzellenznetzwerk "Munich Center for Plasma Astrophysics" treten diese
Arbeiten ab Mai 2019 in eine neue Phase: Mit rund einer Million Euro fördert die
Helmholtz-Gemeinschaft die Einrichtung und Arbeit einer Wissenschaftlergruppe im
IPP, die auf den bisherigen Vorarbeiten aufbauend zu ORIGINS beitragen wird.
"Unter den von ORIGINS behandelten Fragen ist vor allem die Erforschung
turbulenter Strömungen und energiereicher Teilchen in astrophysikalischen
Plasmen für das IPP interessant", sagt IPP-Wissenschaftler Professor Dr. Frank
Jenko, der das Helmholtz-Exzellenznetzwerk leitet. Denn obwohl die Schwerkraft
in der Astrophysik eine zentrale Rolle spielt, ist sie nicht allein
verantwortlich für Dynamik und Selbstorganisation im Universum. Ein Großteil der
Energie steckt in Magnetfeldern oder kosmischer Strahlung; der überwiegende Teil
des sichtbaren Alls besteht aus turbulentem Plasma.
Plasmaturbulenz ist zum Beispiel der Schlüssel zum Verständnis der
leuchtenden Plasmascheiben um supermassereiche Schwarze Löcher, deren eines
kürzlich im Sternsystem M87 erstmals "sichtbar" gemacht wurde. Plasmen stecken
auch hinter den gewaltigen Geschwindigkeiten der kosmischen Teilchenstrahlung –
mit milliardenfach höheren Energien als mit den größten irdischen Beschleunigern
erreichbar. "Solche Themen fallen in das faszinierende Gebiet der
Plasma-Astrophysik", so Jenko. "Ähnliche Vorgänge spielen auch in den
Fusionsexperimenten des IPP eine wichtige Rolle, ebenso wie Prozesse der
Selbstorganisation fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht, die im Weltraum
wie in Laborplasmen allgegenwärtig sind."
Zur Vorhersage des Verhaltens lässt sich das komplexe System Plasma durch
nichtlineare Grundgleichungen beschreiben, zu deren Lösung meist aufwändige
Computersimulationen nötig sind. Das auf diesem Gebiet weltweit führende IPP
wird seine Expertise in ORIGINS einbringen und in enger Kooperation mit der
Astrophysik nutzbar machen. So sollten sich zahlreiche Brücken zwischen
Fusionsexperimenten und astrophysikalischen Beobachtungen schlagen lassen, hofft
Jenko: "Denn die grundlegenden plasmaphysikalischen Prozesse genügen stets
denselben Gleichungen, egal ob sie im Labor oder in der Natur ablaufen".
Das IPP erforscht Hochtemperatur-Plasmen in Experiment und Theorie mit dem
Ziel, die physikalischen Grundlagen für ein Fusionskraftwerk zu erarbeiten.
Ähnlich wie die Sonne soll ein solches Kraftwerk aus der Verschmelzung von
Atomkernen Energie gewinnen. Brennstoff ist ein ultradünnes, extrem heißes
Wasserstoffplasma. Das Plasma muss so gut in Magnetfeldern eingeschlossen
werden, dass es nahezu berührungsfrei im Inneren einer Vakuumkammer schwebt.
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