Junge Vulkane in Coprates Chasma
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
13. Juli 2017
Auf Bildern der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter haben
Wissenschaftler Strukturen identifiziert, die sie für junge Vulkane halten. Im
Inneren des Talsystems Valles Marineris gab es offenbar noch vor 200 bis 400
Millionen Jahren Vulkanismus. Außerdem scheint die Region Coprates Chasma mit
ihren Vulkankegeln auch für die Suche nach potentiellem Leben interessant zu
sein.

In einer Untersuchung der Schlucht Coprates
Chasma im Osten des großen Grabenbruchs der
Valles Marineris auf dem Mars konnten
Wissenschaftler an einer der tiefsten Stellen des
Tals eine große Anzahl Vulkankegel und erstarrter
Lavaströme entdecken. Ihr Befund basiert auf der
Auswertung von hoch aufgelösten Bildern der
NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter, auf
denen diese Tuff- und Aschekegel zu sehen sind.
Die bis zu 400 Meter hohen Kegel wurden früher
als Schlammvulkane interpretiert.
Bild: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona [Großansicht] |
Eine der auffallendsten Landschaftsformen auf dem Mars ist der riesige
Schildvulkan Olympus Mons, der sich bis zu 26 Kilometer über die ihn umgebenden
Ebenen erhebt. Er ist Bestandteil der Tharsis-Aufwölbung, einer Vulkanprovinz,
die so groß wie ganz Europa ist. Vulkanismus ist ein weit verbreitetes Phänomen
auf dem Mars.
Am Ostrand von Tharsis nimmt eine zweite geologische Struktur mit gewaltigen
Dimensionen ihren Ausgang: Das Talsystem der Valles Marineris, das sich fast
4000 Kilometer entlang des Äquators erstreckt und dessen tektonischen
Grabenbrüche bis zu zehn Kilometer tief sind. Seit Jahrzehnten rätseln die
Wissenschaftler, ob Vulkanismus auch im Inneren der Valles Marineris tätig war.
Nun haben vier Wissenschaftler, darunter Ernst Hauber vom DLR-Institut für
Planetenforschung, ein Gebiet mit 130 kleinen Vulkanen auf dem Grund der Valles
Marineris entdeckt. In ihrer jetzt vorgestellten Studie zeigen die Marsforscher
um Petr Brož von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, dass sich in der
Schlucht Coprates Chasma, einer der tiefsten Stellen der Valles Marineris, eine
große Anzahl Vulkankegel und erstarrter Lavaströme existiert.
Der Befund basiert auf der Auswertung von hoch aufgelösten Bildern der
NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter, auf denen die Tuff- und
Aschekegel zu sehen sind. Diese Art von Vulkane sind auch auf den Kontinenten
der Erde die häufigsten Förderzentren von Lava. Allerdings waren sich die
Autoren der Studie bei ihrer Interpretation der Natur der Vulkane zunächst nicht
ganz sicher: "Die bis zu 400 Meter hohen Kegel wurden auch schon als
Schlammvulkane interpretiert", so Brož. "Wir beobachten aber morphologische
Details wie das Aufwölben erstarrter Lava durch die Injektion jüngerer Lava
unter der erkalteten Kruste oder charakteristische Oberflächenmuster, die denen
von Lavafeldern auf der Erde gleichen. Das bestärkt uns in der Annahme, dass es
sich hier in der Tat um magmatischen Gesteinsvulkanismus handelt, und nicht um
flüssigen Schlamm."
"Auch die räumliche Verteilung der Kegel deutet darauf hin, dass sie
vulkanischen Ursprungs sind", ergänzt DLR-Planetengeologe Hauber. "Sie scheinen
gehäuft entlang tektonischer Bruchstrukturen aufzutreten, die an der Oberfläche
den Grabenbruch haben entstehen lassen, und deren Bruchflächen sich im
Untergrund fortsetzen und dort für das Magma Aufstiegswege schaffen." Vor allem
aber die Ähnlichkeit der Form dieser Kegelberge in Coprates Chasma mit
Vulkankegeln an anderer Stelle auf dem Mars, wo kein Schlammvulkanismus möglich
ist, aber auch auf der Erde ist für die Wissenschaftler ein starkes Argument
dafür, dass es sich um echte Vulkane handelt.
Neben der Entdeckung der Vulkane im Talgrund des östlichen Teils der
Valles Marineris ist deren junges Alter die zweite Überraschung dieser
Untersuchung. "Geologisch betrachtet sind die Vulkankegel noch sehr jung, gerade
einmal 200 bis 400 Millionen Jahre alt", erklärt Gregory Michael von der Freien
Universität Berlin, der auch an der Studie beteiligt war. Mit der ursprünglichen
Entstehung der Valles Marineris haben die Vulkane in Coprates Chasma demnach
nichts zu tun, da sie viel jünger sind.
Die Wissenschaftler können anhand der Häufigkeit von Einschlagskratern in den
umliegenden Ebenen das maximale Alter von geologischen Einheiten bestimmen. Die
Methode beruht auf der Tatsache, dass sich umso mehr Krater auf einer Fläche
anhäufen, je länger sie dem Bombardement von Asteroiden und Meteoriten
ausgesetzt ist. Sieht man fast keine Krater, so spricht dies für ein geologisch
sehr junges Alter.
Die Hauptphase vulkanischer Aktivität auf dem Mars spielte sich aber bereits
in der Frühphase des Planeten vor etwa 3,5 Milliarden Jahren ab. Zwar gab es auf
Aufnahmen der DLR-Stereokamera HRSC auf Mars Express immer wieder auch
Hinweise auf Vulkanismus auf dem Mars, der jünger als eine halbe Milliarde Jahre
alt ist, doch ist dieser Vulkanismus eher die Ausnahme und ereignete sich in der
Regel in einer der bekannten vulkanischen Provinzen.
Die Entdeckung von jungem Vulkanismus aus dem Marszeitalter der Amazoniums im
Südosten der Valles Marineris, in Coprates Chasma, also mehrere Tausend
Kilometer von der Mitte der Vulkanprovinz Tharsis entfernt, zeigt nun, dass
Vulkane auch weit entfernt von den großen vulkanischen Zentren Tharsis oder
Elysium spät in der Marsgeschichte entstehen konnten.
Um mehr über die Zusammensetzung der Laven und der Vulkankegel
herauszubekommen, untersuchten die vier Wissenschaftler das Gebiet Coprates
Chasma zusätzlich mit dem abbildenden Spektrometer Compact Reconnaissance
Imaging Spectrometer for Mars des Mars Reconnaissance Orbiter.
Dabei stießen sie auf Minerale mit hohem Siliziumanteil, an einem der Kegel
sogar auf opalartige Substanzen - Opale sind amorphe, wasserhaltige
Silikatminerale, die keine Kristallstruktur ausgebildet haben.
Eine solche mineralogische Zusammensetzung kann durch sogenannte
hydrothermale Prozesse entstehen, wenn also Minerale aus übersättigten heißen
Lösungen ausfallen und mineralisieren. Das macht Coprates Chasma auch für
astrobiologische Untersuchungen interessant, denn auf der Erde finden in einer
solchen warmen, Energie spendenden und mineralreichen Umgebung Mikroorganismen
eine ideale Umgebung vor. Diese Beobachtung lässt das Vulkanfeld von Coprates
Chamsa auch für eine zukünftige Untersuchung hinsichtlich der Frage interessant
erscheinen, ob auf dem Mars in solchen warmen, wässrigen Umgebungen Leben
entstanden sein könnte.
Von der Erde weiß man, dass in opalinen Mineralgemeinschaften potentielle
Spuren früheren Lebens gut erhalten werden. Deshalb könnten diese Opale auch auf
dem Mars eine potentielle Fundstätte für sogenannte Biosignaturen darstellen. "Coprates
Chasma wäre nicht nur wegen der Frage nach einst vorhandenem Leben auf dem Mars
interessant. Die Gegend wäre in vielerlei Hinsicht eine ausgezeichnete
Landestelle für zukünftige Marsrover", glaubt Hauber.
"Hier könnten wir viele wissenschaftlich wichtige und interessante Dinge
untersuchen. Durch die Analyse von Proben könnten wir über die
Isotopenverhältnisse der Elemente die Zeit, in der die Vulkane tatsächlich aktiv
waren, viel genauer bestimmen", so der Geologe weiter. "An den hohen, steilen
Abhängen ist die geologische Entwicklung der Valles Marineris wie in einem
Geschichtsbuch aufgeschlagen: Wir sehen dort Schichten aus Gips und Lagen aus
altem Krustengestein, und Hinweise darauf, dass hier flüssiges Wasser eventuell
noch heute im Untergrund in der warmen Jahreszeit die Hänge hinabsickert. Viel
mehr an Marsgeologie geht nicht!"
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Earth and Planetary Science Letters erschienen ist.
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