Infrarotblick auf die Kleine Magellansche Wolke
von Stefan Deiters astronews.com
3. Mai 2017
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme der Kleinen Magellanschen Wolke vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine von der Südhalbkugel
der Erde aus sichtbare Satellitengalaxie der Milchstraße. Der Infrarotblick des
Teleskops VISTA erlaubt einzigartige Einsichten in das System. Eine größere Aufnahme der Galaxie ist im Infraroten bislang
nicht gemacht worden.
Der neue Blick von VISTA auf die Kleine
Magellansche Wolke.
Bild: ESO/VISTA VMC [Großansicht] |
Die Kleine Magellansche Wolke ist eine Zwerggalaxie und gleichzeitig eine
Satellitengalaxie unserer Milchstraße und steht etwas im Schatten der größeren
Großen Magellanschen Wolke. Beide sind von der Südhalbkugel der Erde aus schon
mit bloßem Auge am Himmel auszumachen. Die beiden "Wolken" zählen zu den uns am
nächsten gelegenen Galaxien: Die Kleine Magellansche Wolke ist rund 200.000
Lichtjahre von der Erde entfernt, was nur etwa ein Zwölftel der Entfernung zu der
bekannten Andromedagalaxie ist.
Wegen ihrer vergleichsweise geringen Distanz von der Erde bieten sie den Astronomen
daher eine gute Möglichkeit, hier die Entstehung und die Entwicklung von Sternen
zu studieren. Das größte Problem ist dabei nicht die vergleichsweise komplexe
Geschichte der Sternentstehung in den beiden Galaxien, sondern der interstellare
Staub, der das Licht, das von den Sternen ausgeht, teilweise verschluckt.
Besonders betroffen sind dabei Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichts.
Insbesondere die Kleine Magellansche Wolke enthält große Mengen an Staub. Um
nun doch einen relativ ungestörten Blick auf die Sterne des Systems zu erhalten, müssen
Astronomen auf Wellenlängenbereiche ausweichen, in denen der Staub ein weniger
großes Problem darstellt - etwa ins Infrarote. Hier ist ein Blick auch in
Regionen möglich, die im sichtbaren Wellenlängenbereich hinter Staubschwaden
verborgen sind.
Für solche Beobachtungen befindet sich auf dem Gipfel des Paranal in Chile,
in unmittelbarer Nähe des Very Large Telescope, das Visible and Infrared Survey
Telescope (VISTA). Im Rahmen eines speziellen Durchmusterungsprojekts wurden die
Große und die Kleine Magellansche Wolke wiederholt anvisiert, um mehr über die
Sternentstehungsgeschichte und die dreidimensionale Struktur dieser Systeme zu
erfahren.
Die Beobachtungen der Kleinen Magellanschen Wolke lieferten nun Bilder von
mehreren Millionen Sternen in dieser Satellitengalaxie. Auf der heute
vorgestellten Ansicht sind zudem mehrere helle Sternhaufen, wie etwas 47 Tucanae
(am rechten Rand und uns deutlich näher), zu sehen und
Tausende von Galaxien im Hintergrund.
Das komplette Bild hat eine Größe von 1,6 Gigapixel (entsprechend 43.233 mal
38.236 Pixel). Die Beobachtungen, die im Rahmen der Durchmusterung entstanden, wurde von einem internationalen Astronomenteam gründlich unter
die Lupe genommen und in Bezug auf die Entwicklung von Sternen ausgewertet.
Dabei zeigte sich unter anderem, dass ein Großteil der Sterne in der Kleinen
Magellanschen Wolke zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt entstanden ist, als die
Sterne in anderen größeren Nachbargalaxien.
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