Ein Einschlag wird untersucht
von Stefan Deiters astronews.com
7. November 2013
Mitte Februar explodierte ein kleiner Asteroid über der russischen Stadt
Tscheljabinsk und sorgte für ein weltweites Medienecho. Zahlreiche Menschen
hielten den hellen Meteor am Himmel in Fotos und Videos fest. Eine Gruppe von
Wissenschaftlern hat die zahlreichen Aufzeichnungen ausgewertet und Augenzeugen
befragt, um so eine möglichst genaue Beschreibung der Folgen dieses
Naturphänomens zu bekommen.

Der
eindrucksvolle Feuerball am 15. Februar 2013.
Foto: Eveny Andreev / SETI Institute |
Am 15. Februar 2013 explodierte ein Meteoroid über der russischen Stadt
Tscheljabinsk. Videoaufnahmen des Meteors und Bilder von Scheiben, die durch die
Druckwelle der Explosion zerstört wurden, gingen um die ganze Welt. Ein großer
Überrest des Brockens wurde inzwischen aus einem See geborgen, zahlreiche
kleinere Fragmente untersucht.
Eine internationale Forschergruppe hat nun das vorhandene Material ausgewertet
und zudem vor Ort mit Augenzeugen gesprochen und Schäden kartiert, um so eine
möglichst vollständige Beschreibung dieses Naturphänomens zu erhalten. Diese
Daten dürften auch dabei helfen, Strategien zu entwickeln, durch die sich eine
Gefährdung der Bevölkerung bei künftigen Einschlägen minimieren lassen könnte.
"Unser Ziel war es, alle Umstände zu verstehen, die schließlich zu der Stoßwelle
führten", erläutert Meteorexperte Peter Jenniskens vom Ames Research Center
der NASA und dem SETI Institute. "Es war wichtig, mit möglichst vielen
Augenzeugen zu sprechen, solange die Erinnerung an das Ereignis noch frisch ist
und die unglaubliches Videomaterial gefertigt haben." Geleitet wurde die
Untersuchung von Olga Popova von der Russischen Akademie der Wissenschaften.
Durch die Auswertung des umfangreichen Videomaterials errechneten die
Wissenschaftler eine Eintrittsgeschwindigkeit des Meteoroiden in die
Erdatmosphäre von 19 Kilometern pro Sekunde. Beim Flug durch die Atmosphäre
zerbrach der Brocken dann in mehrere Teile, wobei der Höhepunkt etwa 30
Kilometer über der Erdoberfläche erreicht war. Zu diesem Zeitpunkt erschien der
Meteor heller als die Sonne - auch noch für Beobachter, die 100 Kilometer
entfernt waren.
Zahlreiche kleinere Fragmente verdampften durch die große Hitze vollständig. Die
Forscher schätzen aber, dass zwischen vier und sechs Tonnen an Material den
Erdboden erreicht hat - einschließlich eines 650 Kilogramm schweren Bruchstücks,
das am 16. Oktober 2013 von Tauchern vom Boden des Tschebarkulsees geborgen
wurde.
Bei der Untersuchung der Bruchstücke stießen die Forscher auf Hinweise dafür,
dass in dem Meteoroiden schon vor dem Auftreffen vorhandene Risse das
Auseinanderbrechen in der Erdatmosphäre begünstigt haben könnten. Diese Risse
könnten durch einen Einschlag auf dem Brocken entstanden sein, der bis zu 4,4
Milliarden Jahre zurückliegt, sich damit also nur 115 Millionen Jahre nach
Entstehung des Sonnensystems ereignet hätte.
"Ereignisse, die so lange zurückliegen, hatten damit einen Einfluss darauf, wie
der Tscheljabinsk-Meteoroid in der Atmosphäre auseinandergebrochen ist, was
wiederum die Entstehung der Stoßwelle beeinflusst hat, die zu den Schäden
führte", erklärt Jenniskens. Über die Ergebnisse ihrer Feldstudie berichten die
Wissenschaftler in der Wissenschaftszeitschrift Science. Auf der
Webseite des SETI Institute sind zudem Bilder der Exkursion zu sehen.
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