Neues vom Tscheljabinsk-Meteoriten
von Stefan Deiters astronews.com
27. August 2013
Der Meteorit, der Mitte Februar über der russischen Stadt
Tscheljabinsk explodierte, dürfte eine bewegte Vergangenheit gehabt haben. Das
ergab die Untersuchung von Meteoriten-Fragmenten, deren Ergebnisse heute
vorgestellt wurden: Danach war der Brocken vor seinem Eintritt in die
Erdatmosphäre bereits in eine Kollision verwickelt oder ist der Sonne sehr nahe
gekommen.
Einige der
untersuchten Fragmente des
Tscheljabinsk-Meteoriten.
Bild: Dr. Victor Sharygin |
Das Objekt, das Mitte Februar über der russischen Stadt Tscheljabinsk
explodierte (astronews.com berichtete), muss zuvor
entweder mit einem anderen Brocken kollidiert oder auf seiner Bahn der Sonne
sehr nahe gekommen sein. Das ist das Ergebnis der Untersuchung verschiedener
Bruchstücke des Meteoriten, die heute in Florenz auf der Goldschmidt-Konferenz
der European Association of Geochemistry und der Geochemical
Society vorgestellt wurden. Die Analyse wurde von Wissenschaftlern des
Instituts für Geologie und Mineralogie in Novosibirsk durchgeführt.
Obwohl die untersuchten Fragmente alle die gleiche mineralische Zusammensetzung
haben, zeigt ihre Struktur und Textur, dass der Meteoroid bereits vor dem
Eintreten in die Erdatmosphäre einmal hohen Temperaturen ausgesetzt gewesen sein
muss, die ihn teilweise zum Schmelzen gebracht haben.
"Der Meteorit, der in der Nähe von Tscheljabinsk niederging, gehört zu einer
Klasse, die man als LL5-Chondriten bezeichnet", erläutert Dr. Victor Sharygin
vom Institut für Geologie und Mineralogie, der die Ergebnisse heute auf der
Konferenz präsentierte. "Für Meteoriten dieses Typs ist es recht normal, dass
sie vor dem Auftreffen auf die Erde einen Schmelzprozess durchlaufen. Dies
bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, dass es entweder eine Kollision zwischen
dem Tscheljabinsk-Meteoroiden und einem anderen Objekt des Sonnensystems gab
oder der Meteoroid nur sehr knapp an der Sonne vorübergeflogen ist."
Insgesamt konnten die Wissenschaftler drei verschiedene Arten von Fragmenten des
Tscheljabinsk-Meteoriten unterscheiden - helle und dunkle Brocken sowie eine
Zwischenstufe. Am häufigsten wurden die hellen Fragmente gefunden, während sich
die dunkleren Fragmente in immer größerer Zahl entlang der Bahn des Meteoriten
fanden. Die meisten Bruchstücke dieser Art konnten in der Nähe der
Einschlagstelle nachgewiesen werden.
Die Struktur der dunklen Fragmente deutet nach Ansicht der Forscher auf einen
intensiven Schmelzprozess hin, wie er etwa durch eine Kollision oder in großer
Nähe der Sonne entstehen könnte. Das Material in diesen Bruchstücken
unterscheidet sich jedoch deutlich von der Kruste, die durch die Hitze beim Flug
durch die Atmosphäre der Erde entsteht.
"Von den zahlreichen Fragmenten, die wir untersucht haben, zeigten nur drei
dunkle Proben starke Hinweise auf frühere Veränderungen und Aufschmelzen",
erklärt Sharygin. "Da allerdings viele Bruchstücke des Meteoriten von der
Öffentlichkeit eingesammelt wurden, lässt sich unmöglich sagen, wie groß der
Teil des Meteoriten ist, der davon betroffen war. Dies hoffen wir feststellen zu
können, sobald der Hauptkörper des Meteoriten aus dem Tscherbakul-See geborgen
ist."
Als Meteoroiden bezeichnen Astronomen kleine Gesteinsbrocken, die um die Sonne
kreisen. Sie sind kleiner als Asteroiden, wobei es keine feste Grenze zwischen
Asteroiden und Meteoroiden gibt. Wenn ein Meteoroid in die Erdatmosphäre
eintritt, kommt es zu einer typischen Leuchterscheinung, die man als Meteor oder
Sternschnuppe bezeichnet. Die Reste eines Meteoroiden schließlich, die die
Erdoberfläche erreichen, nennt man Meteoriten, wobei sich oft mehrere Meteoriten
auf einen Ursprungskörper zurückführen lassen.
|