Die Atmosphären ferner Welten
von Stefan Deiters astronews.com
10. Mai 2013
Astronomen haben inzwischen mehr als 800 extrasolare
Planeten entdeckt. Doch wie sehen diese fernen Welten eigentlich aus? Mithilfe
neuer Instrumente und ausgefeilter Software versuchen Forscher nun Spektren von
extrasolaren Planeten aufzunehmen, um so die Zusammensetzung ihrer Atmosphäre zu
studieren - teils mit beachtlichem Erfolg.
Blick in das System HR 8799 mit vier Planeten
(markiert). Das Licht des Sterns selbst wurde
ausgeblendet.
Bild:
Project 1640 |
"In nur einer Stunde konnten wir präzise Informationen über vier Planeten um
einen äußerst hellen Stern sammeln", freut sich Gautam Vasisht vom Jet
Propulsion Laboratory der NASA. "Der Stern ist hunderttausendmal heller als die
Planeten, so dass wir einen Weg finden mussten, das Licht des Sterns zu
entfernen und das extrem schwache Leuchten der Planeten zu isolieren."
Die Forschergruppe macht diese aufwendigen direkten Beobachtungen von extrasolaren
Planeten mit einer unter der Bezeichnung "Project 1640" entwickelten Kombination aus
fortschrittlicher Software und modernen Instrumenten. Dabei geht es den
Astronomen nicht nur um die Abbildung der fernen Planeten, sondern um die
Aufnahme von Spektren der lichtschwachen Welten. Aus diesen lassen sich dann
Informationen über die chemische Zusammensetzung der beobachteten Objekte
ableiten.
"Das ist vergleichbar mit dem Versuch, mit einer einzelnen Aufnahme des
Empire State Buildings aus einem Flugzeug etwas über eine kleine Unebenheit auf
dem Bürgersteig daneben zu erfahren, die nicht höher ist als eine Ameise",
verdeutlicht Ben R. Oppenheimer, der Leiter der Astrophysik-Abteilung des
American Museum of Natural History, die Schwierigkeit des Vorhabens.
Kürzlich konnte das Team nun erste Ergebnisse vorstellen. Sie betreffen das
System HR 8799, in dem 2008 drei Planeten direkt beobachtet worden waren. Ein
vierter Planet konnte 2010 aufgespürt werden (astronews.com berichtete
wiederholt). Die spektrale Untersuchung der vier Planeten, bei denen es sich um
Gasriesen handelt, zeigte, dass sie alle eine unterschiedliche chemische
Zusammensetzung aufweisen, aber fast die gleiche Temperatur haben. Die
Beobachtungen wurden am Palomar Observatory in der Nähe von San Diego
gemacht.
Zur Überraschung der Astronomen fanden sie bei manchen Planeten kein Methan,
bei anderen
wiederum gab es Hinweise auf Ammoniak und andere Verbindungen in der Atmosphäre, die man
dort nicht erwartet hatte. Die neuen Daten dürften Theoretiker, die Modelle über
den chemischen Aufbau solcher Planeten
entwickeln, nun erst einmal beschäftigen.
Als nächstes wollen die Forscher von "Project 1640" weitere Systeme aufspüren,
von deren Planeten sich
möglichst genaue Spektren gewinnen lassen. Ideal wären dazu möglichst junge
Planeten, die durch ihre Entstehung noch so warm sind, dass sie im Infraroten
vergleichsweise hell leuchten. "Wir suchen nach Super-Jupitern, die möglichst
weit von ihrem Stern entfernt sind", so Vasisht. "Wenn unsere Technik besser
wird, hoffen wir, auch die molekulare Zusammensetzung von kleineren und etwas
älteren Gasplaneten feststellen zu können."
Mit den bislang zur Verfügung stehenden Instrumenten sind allerdings solchen
Messungen noch Grenzen gesetzt: Selbst mit dem Hubble-Nachfolger, dem
James Webb
Space Telescope, werden sich nur Planeten auf diese Weise untersuchen lassen,
die mindestens so groß wie Saturn sind. "Erdähnliche Gesteinsplaneten sind zu
klein und liegen zu nahe an ihrer Sonne, um sie mit unserer Technologie und
sogar mit James Webb erfassen zu können", so Charles Beichman,
geschäftsführender Direktor des Exoplanet Science Institute der NASA am
California Institute of Technology.
Aber auch die Untersuchung von äußeren Gasriesen ist für die Astronomen von
großer Bedeutung: "Die äußeren Gasplaneten bestimmen das Schicksal der
Gesteinsplaneten wie der Erde", erklärt Vasisht. "Gasplaneten können ins Innere,
in Richtung des Zentralsterns wandern und dabei die dortigen Gesteinsplaneten
durcheinanderwirbeln oder sogar aus dem System werfen. Wir schauen uns diese
Planeten an, bevor sie nach innen wandern und hoffen, so mehr darüber zu lernen,
wie und wann sie das Schicksal der Gesteinsplaneten im Inneren beeinflussen
könnten."
Die "Project 1640"-Beobachtungen werden auch in einem Fachartikel
beschrieben, der in der Zeitschrift Astrophysical Journal erschienen
ist.
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