Von La Palma nach Teneriffa
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
10. September 2012
Österreichische Physiker haben mit einem
Quantenteleportations-Experiment zwischen zwei kanarischen Inseln einen neuen
Entfernungsrekord aufgestellt. Sie übermittelten dabei Quantenzustände über eine
Distanz von 143 Kilometern von La Palma nach Teneriffa. Das erfolgreiche
Experiment werten sie als wesentlicher Schritt in Richtung Satelliten-basierter
Quantenkommunikation.
Mit ihrem
Experiment zur Quantenteleportation haben Wiener
Physiker einen neuen Entfernungsrekord
aufgestellt.
Foto: IQOQI / Universität Wien |
Ein Team um Anton Zeilinger, Professor an der Universität Wien und
Direktor des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Akademie der
Wissenschaften (ÖAW), hat erfolgreich Quantenzustände über eine Distanz von 143
Kilometern von La Palma nach Teneriffa übertragen. Der alte Rekord, aufgestellt
von Forschern in China, lag bei 97 Kilometer und war gerade erst ein paar Monate
alt. Die Ergebnisse des internationalen Forscherteams wurden in der vergangenen
Woche von der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Den Wissenschaftlern ging es aber nicht primär um diesen Rekord: Ihre
Experimente ermöglichen eine höhere Datenrate als das chinesische Experiment und
könnten damit die Grundlage für ein weltumspannendes Informationsnetzwerk
schaffen, in welchem es quantenmechanische Effekte ermöglichen, Nachrichten mit
größerer Sicherheit auszutauschen und bestimmte Berechnungen effizienter
durchzuführen als dies mit konventionellen Technologien möglich ist. In einem
solchen zukünftigen "Quanteninternet" wird die Quantenteleportation ein
zentrales Protokoll für die Übermittlung von Information zwischen
Quantencomputern sein.
In einem Quantenteleportations-Experiment können Quantenzustände - nicht aber
Materie - zwischen zwei Parteien über an sich beliebige Distanzen ausgetauscht
werden. Der Prozess funktioniert selbst, wenn der Ort des Empfängers nicht
bekannt ist. Ein solcher Austausch kann entweder dem Übermitteln von Nachrichten
dienen, oder in künftigen Quantencomputern eingesetzt werden.
In solchen Anwendungen müssen jedoch die Lichtquanten (oder Photonen), welche
die Quantenzustände kodieren, zuverlässig über weite Distanzen transportiert
werden, ohne dass ihr empfindlicher Quantenzustand zerstört wird. Das Experiment
der Wiener Physiker, in welchem sie eine für Teleportation taugliche
Quantenverbindung über deutlich mehr als 100 Kilometer hergestellt haben,
eröffnet nun neue Horizonte.
"Eine Quantenteleportation über eine Distanz von 143 Kilometern
durchzuführen, war eine enorme technische Herausforderung", so Xiao-Song Ma,
einer der verantwortlichen Mitarbeiter dieser Studie. Die Photonen mussten
nämlich direkt durch die turbulente Atmosphäre zwischen den beiden Inseln
geschickt werden. Der Einsatz von Glasfasern für Teleportations-Experimente ist
über diese Distanzen nicht möglich - der Signalverlust wäre zu groß.
Um ihr Ziel zu erreichen, mussten die Wissenschaftler eine ganze Reihe von
technischen Innovationen aufbieten. Unterstützung haben die Wiener Physiker
dabei von einer Theoriegruppe am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in
Garching und von einer experimentellen Gruppe an der University of Waterloo
(Kanada) erhalten.
"Ein entscheidender Schritt zu unserer erfolgreichen Teleportation war eine
Methode namens 'Active Feed-Forward', die wir zum ersten Mal in einem solchen
Langstreckexperiment eingesetzt haben und dank der wir die Übertragungsrate
verdoppeln konnten", erklärt Ma. Dabei werden parallel zur Quanteninformation
konventionelle Daten geschickt, die es dem Empfänger wesentlich erleichtern, die
transferierte Information zu entschlüsseln.
"Unser Experiment zeigt, wie reif 'Quantentechnologien' heutzutage sind und
wie nützlich sie für praktische Anwendungen sein können", urteilt Zeilinger.
Sein Blick ist nun nach oben gerichtet: "Der nächste Schritt ist
Satelliten-basierte Quantenteleportation, womit dann Quantenkommunikation auf
einer globalen Skala realisierbar sein sollte. Wir haben nun einen großen
Schritt in diese Richtung genommen und werden unser Know-how in eine
internationale Kooperation einbringen, an welcher auch unsere Kollegen von der
Chinesischen Akademie der Wissenschaften beteiligt sind. Das Ziel ist, einen
gemeinsamen Quantensatelliten ins All zu schießen."
Rupert Ursin, der seit 2002 mit Zeilinger an Langstreckenexperimenten
arbeitet, ergänzt: "Hinsichtlich zukünftiger Experimente in denen wir entweder
Signale zwischen der Erde und Satelliten austauschen oder von einem Satelliten
zu einem anderen schicken werden, sind unsere neuesten Resultate sehr
ermutigend." Die Umlaufbahnen von Satelliten im sogenannten "Low-Earth Orbit"
verlaufen zwischen 200 bis 1.200 Kilometer über der Erdoberfläche.
"Auf dem Weg durch die Atmosphäre von La Palma nach Teneriffa sind unsere
Signale um ein rund Tausendfaches abgeschwächt worden. Trotzdem haben wir es
geschafft, ein Teleportations-Experiment durchzuführen. In Satelliten-basierten
Experimenten werden die Strecken, die wir zurücklegen müssen, zwar länger sein,
aber es wird weniger Atmosphäre zu durchqueren sein. Wir haben nun eine
grundsolide Basis für solche Experimente geschaffen."
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