Keine Interferenzen höherer Ordnung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Innsbruck astronews.com
23. Juli 2010
Die Bornsche Regel gilt als einer der Grundpfeiler der Quantenmechanik.
Manche Theoretiker hatten aber versucht, mit Abweichungen von dieser
Interpretation die Quantenphysik mit der Relativitätstheorie zu verknüpfen
und so der Weltformel ein Schritt näher zu kommen. Ein internationales
Forscherteam ist sich nun jedoch sicher, die Gültigkeit der Bornschen Regel
experimentell bewiesen zu haben.

Treffen Wellen – egal ob Schall oder Licht –
aufeinander, treten Überlagerungen auf,
sogenannte Interferenzen. In einem
Dreispaltexperiment haben Forscher nun bewiesen,
dass dabei keine Interferenzen höherer Ordnung
auftreten. Bild:
IQC |
Treffen Wellen – egal ob Schall oder Licht – aufeinander, treten
Überlagerungen auf, sogenannte Interferenzen. Quantenphysiker aus
Österreich und Kanada konnten nun erstmals direkt im Experiment die
Existenz von Interferenzen höherer Ordnung ausschließen. Sie bestätigen
damit eine wichtige Grundannahme der Quantenmechanik: die Bornsche
Wahrscheinlichkeitsinterpretation, die oft auch als Bornsche Regel
bezeichnet wird. Die Wissenschaftler berichten über ihr Experiment in
der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science.
In der Quantenmechanik werden viele Aussagen in Wahrscheinlichkeiten
getroffen. Der deutsche Physiker Max Born hatte 1926 postuliert, dass
die Wahrscheinlichkeit ein Quantenobjekt zu einer bestimmten Zeit an
einem Ort zu finden, gleich dem Quadrat seiner Wellenfunktion ist.
Daraus ergeben sich jene Interferenzmuster, die im bekannten
Doppelspaltexperiment beobachtet werden können.
Borns Regel zählt zu den Grundpfeilern der Quantenmechanik. Aus ihr
folgt, dass Interferenzen jeweils aus Paaren von Möglichkeiten
resultieren. Interferenzen höherer Ordnung werden damit aber
ausgeschlossen. Den direkten experimentellen Nachweis für diese Annahme
blieb die Physikergemeinde aber erstaunlicherweise bis heute schuldig.
Nun haben Wissenschaftler um Prof. Gregor Weihs von der Universität
Innsbruck und der University of Waterloo mit einem
Dreispaltexperiment eben diesen Beweis erbracht.
"Die Existenz von Interferenzen höherer Ordnung hätte dramatische Folgen
für die Theorie, es würde die Quantenmechanik in ihren Grundfesten
erschüttern", so Weihs. Anstoß für das Experiment gaben Überlegungen von
Theoretikern, die mit Abweichungen von der Bornschen Regel
Quantenmechanik und Relativitätstheorie miteinander versöhnen wollten,
um so die alles erklärende "Weltformel" zu finden. "Unser Experiment
macht diesen Bemühungen einmal mehr einen Strich durch die Rechnung",
betont Weihs.
Weihs arbeitet mit seinem Team an neuen Lichtquellen für die Übertragung
von Quanteninformation. Der Professor für Photonik an der Universität
Innsbruck hat dafür eine Ein-Photonen-Quelle entwickelt, die auch als
Grundlage für den Test der Bornschen Regel diente. Die Photonen werden
dabei durch eine kleine Stahlmembran mit drei mikrometergroßen Spalten
geschickt. Für die Messungen werden die Spalte nacheinander in immer
anderen Kombinationen geschlossen. Aus den resultierenden Daten kann
dann berechnet werden, ob die Bornsche Regel zutrifft.
"Das Experiment ist im Grunde sehr einfach", erläutert Weihs, "und wir
waren sehr erstaunt, dass das bisher noch niemand gemacht hat." Probleme
bereiteten den Physikern allerdings Messfehler, die sie aber in über
zweijähriger Kleinarbeit beheben konnten. "Mit unseren Messungen können
wir bis zu einer gewissen Grenze ausschließen, dass es Interferenzen
höherer Ordnung gibt", freut sich Experimentalphysiker Weihs. Nun will
er in Innsbruck mit einem verbesserten Experiment die Nachweisgrenze
noch deutlich nach unten drücken.
Durchgeführt wurde das aktuelle Experiment am Institute for Quantum
Computing der University of Waterloo in Kanada. Dort hatte
Weihs vor seiner Berufung an die Universität Innsbruck gearbeitet. Seit
2008 baut er eine eigene Forschungsgruppe am Innsbrucker Institut für
Experimentalphysik auf, die inzwischen aus zwölf Mitarbeitern besteht.
Die international besetzte Gruppe beschäftigt sich mit der Konstruktion
von Quellen für einzelne Photonen und verschränkte Photonenpaare auf der
Basis von Halbleiternanostrukturen. Das Fernziel der Forscherinnen und
Forscher ist es, quantenoptische Experimente und Funktionen auf
Halbleiterchips zu integrieren.
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