Rätselraten um holprige Sojus-Landung
von Stefan Deiters astronews.com
23. April 2008
Nach der recht holprigen Rückkehr der russischen Sojus
TMA-11 am Wochenende rätseln Experten, was wohl dazu geführt haben könnte,
dass die Raumkapsel viele Hundert Kilometer vom eigentlich vorgesehenen
Landepunkt entfernt niederging. Offenbar, so wird vermutet, gab es bei der
Trennung des Rückkehrmoduls vom Rest des Raumschiffes Probleme.
Die Sojus TMA-11 bei der Annäherung an die ISS
im Oktober 2007.
Foto:
NASA |
"Ich sah die 8,2-fache Erdbeschleunigung auf der Anzeige und es
war .... recht dramatisch", erzählte NASA-Astronautin Peggy Whitson bei einem
Interview kurz nach der Landung der Sojus TMA-11 in der kasachischen
Steppe. Die Kapsel ging fast 500 Kilometer von dem Punkt entfernt nieder, der
eigentlich für die Landung vorgesehen war. "Schwerebeschleunigung ist nicht
gerade mein Freund und 8G war wirklich nicht mein Freund. Aber es hat nicht zu
lange gedauert. Die eigentliche Landung war dann nicht so schlimm, wie ich sie
mir vorgestellt hatte."
Whitson, die durch die Expedition-Crew 17 abgelöste Kommandantin der
ISS, hatte vor ihrer Landung 192 Tage im All verbracht, 190 davon auf der
Internationalen Raumstation. Mit an Bord der Sojus TMA-11 war zudem ihr
Kollege Juri Malenchenko sowie die Koreanerin So-yeon Yi, die nur einige Tage an
Bord der ISS war.
Die ruppige Landung der Sojus-Kapsel ist bereits die zweite Landung
in Folge, die anders verlaufen ist als es die russischen Raumfahrttechniker
eigentlich geplant hatten. Das wirft natürlich Fragen auf: "Wir sehen kein
großes Problem", meinte Bill Gerstenmaier von der NASA. "Aber ganz klar ist das
etwas, was nicht passieren soll. Wir mögen es nicht, wenn Dinge bei zwei
aufeinanderfolgenden Flügen schief gehen." Man hätte wohl bei der Analyse der
Rückkehrprobleme beim vorherigen Flug das eigentliche Problem nicht gefunden.
Experten sehen als Ursache für die falsche Flugbahn der Sojus-Kapsel
Probleme bei der Trennung der Rückkehrkapsel vom übrigen Raumschiff: Das
Sojus-Raumschiff besteht aus drei Teilen: Aus einem Antriebsmodel, einem
zentralen Modul für die Besatzung und einem Modul, das unter anderem die
Ausrüstung zum Andocken an die Station umfasst. Nur das zentrale Modul in der
Mitte verfügt über einen Hitzeschutz. Kurz bevor das Sojus-Raumschiff
die obere Erdatmosphäre erreicht, werden die drei Module getrennt.
Das Rückkehrmodul erhält dann eine leicht andere Orientierung, die einen
etwas sanfteren Wiedereintritt in die Erdatmosphäre erlaubt. Die beiden anderen
Module verglühen in der Erdatmopshäre. Am Sonnabend nahm das Rückkehrmodul aber
nicht den sanfteren Kurs, sondern es kam zu einem sogenannte ballistischen
Wiedereintritt, bei dem sich die Kapsel durch Drehung stabilisiert wird und
deutlich steiler in die Atmosphäre eintritt.
Der Grund dafür ist nicht vollständig klar. Offenbar aber ging bei der
Trennung etwas schief, so dass sich die Module nicht sofort trennten. Eventuell
wurde einer der Bolzen, der die Module zusammenhält, nicht wie vorgesehen
weggesprengt. Dadurch konnte das Rückkehrmodul nicht im richtigen Winkel in die
Atmosphäre eintauchen. Später kam das Modul mit der Mannschaft dann doch frei
und die Crew konnte den Kurs der Kapsel in der richtigen Ausrichtung fortsetzen.
Die koreanische Astronautin berichtete auf einer Pressekonferenz davon, dass
sie während des Wiedereintritts außerhalb des Raumschiffs ein Feuer gesehen hat.
Was genau schief ging, werden erst die Auswertungen der Flugdaten der Sojus-Kapsel
ergeben. An einem sicheren und zuverlässigen Transportmittel zur ISS sind auch
die Amerikaner und Europäer interessiert: Die NASA plant, die Space Shuttle
2010 außer Dienst zu stellen. Bis der Shuttle-Nachfolger einsatzbereit
ist, sollen dann Sojus-Raumschiffe für einige Jahre den
ISS-Mannschaftswechsel allein übernehmen.
|