Galaxienhaufen in Rekordentfernung
von Stefan Deiters astronews.com
3. April 2008
Astronomen der University of California in Irvine
haben einen Galaxienhaufen in seiner Entstehungsphase aufgespürt. Die Ansammlung
von Galaxien ist 11,4 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und ist damit
der am weitesten entfernte Galaxienhaufen, der bislang beobachtet wurde. Wir
sehen die Galaxien somit zu einer Zeit, zu der unser Universum noch sehr jung
war.
Der Galaxienhaufen LBG 2377.
Bild: University of California
in Irvine |
Der jetzt entdeckte Proto-Galaxienhaufen trägt den Namen LBG-2377 und erlaubt
den Astronomen einen einmaligen Blick auf die Entstehungsgeschichte von Galaxien
und Galaxienhaufen. Letztere zählen zu den größten Strukturen im Universum. Mit
einer Entfernung von 11,4 Milliarden Lichtjahren stellt LBG-2377 den bisherigen
Rekordhalter unter den Galaxienhaufen deutlich in den Schatten: Dieser war, nach
Angaben der Wissenschaftler, nur rund neun Milliarden Lichtjahre von der Erde
entfernt.
"Wenn man Objekte in dieser Entfernung beobachtet, sieht man das Universum
wie es vor einer sehr langen Zeit ausgesehen hat", erklärt Jeff Cooke, der als
Postdoc an der University of California in Irvine arbeitet und die
jetzt vorgestellte Untersuchung leitete. "Es ist, als wenn die Bilder der
Vergangenheit einfach vor einem aufgestellt worden wären. Diese Galaxien
verraten uns, wie das Universum aussah, lange bevor es die Erde überhaupt gab."
Mit Hilfe des Keck-Teleskops auf Hawaii haben Cooke und seine
Kollegen den entfernten Galaxienhaufen aufgespürt, als sie eigentlich nach
Einzelgalaxien Ausschau hielten. Was aber zunächst wie ein einzelnes helles
Objekt aussah, stellte sich bei genauerer Analyse als drei Galaxien heraus, die
gerade dabei waren zu verschmelzen und zwei weitere kleinere Galaxien.
Die Entdeckung eines Galaxienhaufens in dieser Entfernung - und damit nur
wenige Milliarden Jahre nach dem Urknall - ist für die Astronomen ein wichtiger
Schritt zum Verständnis der Strukturbildungsprozesse im Universum. Man geht
davon aus, dass sich die großen Galaxien durch das wiederholte Verschmelzen von
kleineren Galaxien gebildet haben. Dieses Modell wird von vielen Beobachtungen
in ganz unterschiedlichen Entfernungen - und damit zu unterschiedlichen Zeiten -
unterstützt.
Ähnlich sollten auch Ansammlungen von Galaxien, also Galaxienhaufen oder
Galaxiengruppen entstehen. Heutige Galaxienhaufen können bis zu 1.000 Galaxien
enthalten, unser eigener Galaxienhaufen, die sogenannte Lokale Gruppe, enthält
mehr als 35 Galaxien, darunter allerdings nur wenige große und leuchtkräftige
Objekte.
"Wir glauben, dass LBG-2377 eine Art Saatkorn für das Entstehen eines sehr
massereichen Galaxienhaufen sein könnte", erläutert James Bullock, Direktor des
Zentrums für Kosmologie an der University of California in Irvine.
"Unsere Daten deuten darauf hin, dass wir es hier mit einer riesigen Struktur zu
tun haben, die in einem sehr hellen, katastrophalen Ereignis entstanden ist, bei
dem viel Gas und Materie auf einmal kollabiert ist. Wir sehen hier keine
einzelnen Galaxien, sondern eine Gruppe von hellen Galaxien, die sich zu einer
Zeit zusammenfanden, in der die Strukturbildungsprozesse im Universum gerade
begannen."
Die Suche nach Galaxienhaufen in so großer Entfernung ist nicht neu und auch
astronews.com hat darüber schon berichtet: So entdeckten Astronomen im Jahr 2002
rund um die Radiogalaxie TN J1338-1942 weitere Galaxien mit ähnlichen
Eigenschaften und deuteten diese Ansammlung ebenfalls als Galaxienhaufen. Mit
einer Entfernung von 13,5 Milliarden Jahren wäre dieser noch weiter entfernt als
der jetzt entdeckte Haufen. Eine direkte Verschmelzung wie im Fall von LBG-2377
haben die Forscher damals allerdings nicht beobachtet.
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