Expansion durch Dunkle Energie bestätigt
Redaktion /
Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft astronews.com
1. Februar 2008
Welche geheimnisvolle Kraft führt dazu, dass das Universum
mit zunehmender Geschwindigkeit expandiert? Ist dafür tatsächlich eine Dunkle
Energie verantwortlich, die bis zu drei Vierteln der Energiedichte des
Universums ausmacht oder weisen die Daten auf einen grundsätzlichen Fehler in
der Theorie der Schwerkraft hin? Eine neue Untersuchung, in der die Bewegung von
Tausenden weit entfernter Galaxien bestimmt wurde, unterstützt nun die Dunkle
Energie-These.
Ein Weltall in Bewegung: Diese
Computersimulation zeigt, wie Galaxien zu einem
massiven Superhaufen verklumpen. Die gelben
Nadeln sind Geschwindigkeitsvektoren und
verdeutlichen die Zunahme der Schwerkraft, die
von der feinen Balance von Dunkler Materie,
Dunkler Energie und der Expansion des Universums
abhängt. Bild:
MPI für Astrophysik/Klaus Dolag [Großansicht] |
Das Universum dehnt sich aus - und wird dabei immer schneller. Über die
Ursache dieser beschleunigten Expansion rätseln die Forscher seit deren
Entdeckung vor zehn Jahren. Treibt eine geheimnisvolle Dunkle Energie das All
auseinander? Oder stimmt gar die Gravitationstheorie nicht? Ein internationales
Astronomen-Team hat jetzt die Verteilung und die Eigenbewegungen Tausender weit
entfernter Galaxien gemessen. Diese Methode entpuppte sich als Prüfstein für die
Modelle der kosmischen Expansion. Die Wissenschaftler berichten über ihre
Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature.
Die Astronomen unter Leitung von Luigi Guzzo, Gastwissenschaftler an den
Max-Planck-Instituten für extraterrestrische Physik und für Astrophysik in
Garching, haben Milchstraßensysteme in einem Raum von 25 Millionen
Kubiklichtjahren unter die Lupe genommen und dabei mehr als 13.000 Spektren von
Galaxien gewonnen. Weil das Licht eine bestimmte Zeit benötigt, um eine
kosmische Distanz zu durchlaufen, nehmen wir ferne astronomische Objekte so
wahr, wie sie früher ausgesehen haben.
Das Alter der untersuchten, schwach glimmenden und sehr weit entfernten
Galaxien beträgt rund sieben Milliarden Jahre. Das Weltall als Ganzes ist etwa
doppelt so alt. Bei solch gewaltigen Abständen von mehreren Milliarden
Lichtjahren macht sich die sogenannte kosmologische Rotverschiebung deutlich
bemerkbar: Seit dem Urknall vor knapp 14 Milliarden Jahren dehnt sich der Raum
aus - die Galaxien treiben darin auseinander wie die Rosinen in einem
aufgehenden Hefeteig. Dabei werden die Lichtwellen "gedehnt" und erscheinen
langwellig, also rot.
Diese Rotverschiebung zeigt sich im Galaxienspektrum und gibt einen Hinweis
auf die Entfernung, wobei gilt: je größer die Rotverschiebung, desto größer die
Entfernung. In der Natur weisen die Galaxien aber zusätzlich zur allgemeinen
Fluchtbewegung mehr oder weniger starke Eigenbewegungen auf. Diese rühren von
Materiekonzentrationen her, deren Schwerkraft die einzelnen Sternsysteme
beeinflussen. Misst man die Bewegungen vieler Galaxien in einem großen
Raumwürfel, lässt sich daraus eine dreidimensionale Karte des Universums
erstellen. Eine derartige Karte zeigt die Verteilung der Galaxien und ihre
statistischen Eigenbewegungen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit
und gibt auf diese Weise Aufschluss über den Stand der Strukturbildung. Denn
seit dem Urknall haben sich aus winzigen Dichtefluktuationen bis heute
gigantische Netze aus Galaxienhaufen entwickelt.
Am Max-Planck-Institut für Astrophysik simulieren Wissenschaftler am Computer
die Evolution des Universums - die wiederum eng mit der rätselhaften Kraft
zusammenhängt, die das All auseinandertreibt. Hier setzt die Arbeit von Luigi
Guzzo und seinen Kollegen an. Mit dem 8,2-Meter-Spiegelfernohr Melipal
des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile
bestimmten die Forscher aus den Spektren die Bewegungen der Galaxien und
gewannen damit eine Momentaufnahme des etwa sieben Milliarden Jahre alten
Universums. Aus einem Vergleich mit dem Babybild des Alls - es zeigt die
Dichtefluktuationen 400.000 Jahre nach dem Urknall - sowie dem gegenwärtigen
Zustand lassen sich die Rolle der Dunklen Energie sowie deren Wesen und Stärke
herauslesen.
In der Tat hatten Forscher im Jahr 1998 entdeckt, dass die Expansion des
Universums heute schneller verläuft als in der Vergangenheit. Dieses Ergebnis
kam überraschend, hatte man bis dahin doch geglaubt, dass die Schwerkraft die
Expansion des Universums abbremsen müsste. Was steckte dahinter? Mindestens zwei
mögliche Erklärungen gelten bis heute als denkbar. Bei der Dunklen Energie
handelt es sich um eine Verallgemeinerung der von Albert Einstein eingeführten,
später aber verworfenen Kosmologischen Konstante. Sie macht ungefähr 75 Prozent
der gesamten Energiedichte im Universum aus und lässt sich nicht direkt
nachweisen, sondern nur indirekt aus der Expansion des Weltalls und der Bildung
der großräumigen Strukturen ableiten. Eine andere Alternative: Die Gleichung der
Allgemeinen Relativität und damit die Theorie der Schwerkraft müssen modifiziert
werden.
Die Messungen der Wissenschaftler um Luigi Guzzo stimmen mit dem Modell der
Kosmologischen Konstante überein. Allerdings gibt es noch große Unsicherheiten
im Ergebnis. "Wenn wir unsere Beobachtungen auf ein zehnfach größeres
Raumvolumen ausdehnen könnten, sollten wir aber ziemlich sicher die Frage
beantworten, ob die Ursache der beschleunigten Ausdehnung des Universums
tatsächlich die Dunkle Energie ist oder eine Form von Schwerkraft, die von
unserem bisherigen Verständnis der Gravitation abweicht", sagt Guzzo.
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