Ist die Dunkle Energie konstant?
von Stefan Deiters astronews.com
15. Oktober 2007
Vor fast einem Jahrzehnt entdeckten Astronomen die
mysteriöse Dunkle Energie, die für die beschleunigte Ausdehnung des Weltalls
verantwortlich ist. Bis heute wissen die Astronomen nicht, um was genau es sich
bei dieser auch als Energiedichte des Vakuums bezeichneten Dunklen Energie
handelt. Doch eine Frage könnte vielleicht bald geklärt werden: Hatte die Dunkle Energie immer den gleichen Wert?
Alles expandiert und das immer schneller - doch
war die Dunkle Energie immer konstant?
Bild:
STScI / NASA |
Um die Frage nach der Konstanz der Dunklen Energie zu beantworten, schlagen die
Theoretiker Stuart B. Wyithe von der University of Melbourne und Aví
Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics vor, die
Verteilung von weit entfernten Wasserstoff-Klumpen zu beobachten. "Die
einfachste Erwartung ist, dass die Energiedichte des Vakuums konstant ist, also
im Grunde genommen eine kosmologische Konstante, deren Wert sich im Laufe der
Zeit nicht geändert hat", so Loeb. "Aber wir müssen das überprüfen und die
Antwort könnte uns überraschen."
Was heute als Dunkle Energie bekannt ist, hat eine lange Vorgeschichte: Bereits
Einstein verwendete in seinen Gleichung der Allgemeinen Relativitätstheorie eine
"kosmologische Konstante", die der Gravitation entgegenwirken sollte. Einstein
war nämlich an einem statischen Universum gelegen, das sich nicht ausdehnt und
musste daher etwas erfinden, was der gegenseitige Anziehungskraft der Galaxien
entgegenwirkt. Ein statisches Universum war damals der aktuelle Stand der
wissenschaftlichen Forschung. Wenige Jahre später allerdings entdeckte Edwin
Hubble, dass sich das Universum ausdehnt. Einstein soll daraufhin seine
kosmologische Konstante als seine größte Dummheit bezeichnet haben.
Doch vielleicht war Einsteins kosmologische Konstante doch gar nicht so falsch:
1998 nämlich entdeckten zwei Forschergruppen, dass sich die Expansion des
Universums beschleunigt und holten Einsteins Konstante wieder aus
der Schublade: Sie nannten sie "Dunkle Energie". Die meisten Astronomen
sind inzwischen davon überzeugt, dass es die Dunkle Energie gibt und dass man
ihre Effekte eindrucksvoll beobachten kann. Nur um was es sich dabei handelt,
wissen sie auch fast zehn Jahre nach der Einführung dieses Konzeptes nicht. "Was
die Dunkle Energie ist, ist das größte ungelöste Rätsel der Astrophysik", so Wyithe.
Um etwas über die Dunkle Materie in der Vergangenheit zu erfahren, muss
man ins weit entfernte Universum blicken. Nur sind die Objekte, die in unserer
Nähe verwendet wurden, um die Dunkle Energie zu messen, einzelne Galaxien
etwa oder Supernova-Explosionen, in solchen Entfernung kaum noch auszumachen. Daher
schlagen Wyithe und Loeb vor, nach den Radioemissionen von neutralem Wasserstoff
Ausschau zu halten. Die ursprüngliche Wellenlänge von neutralem Wasserstoff
liegt bei 21 Zentimeter.
Durch die Bildung der ersten Sterne und Galaxien verschwand der größte Teil des neutralen
Wasserstoffs, das Universum wurde ionisiert. Doch ein kleiner Teil des
Wasserstoffs blieb neutral. Wyithe und Loeb erkannten nun, dass es möglich sein
müsste, die
21-Zentimeter-Signale dieses Wasserstoffs zu entdecken. Nach Ansicht der beiden Forscher müsste man das 21-Zentimeter-Signal von
heute bis zu einer Rotverschiebung von 15 messen können, was einer Zeit
entspricht, in der das Universum gerade einmal 200 Millionen Jahre alt war. "Um
die Dunkle Energie bei so hohen Rotverschiebungen zu studieren, gibt es keine
andere Methode zur Zeit", so Loeb.
In der Babyphase des Universums entstanden aus kleinen Fluktuationen in der
Energiedichte und im Druck Oszillationen, durch die Schallwellen ausgesandt
wurden, die sich im All ausbreiteten wie ein Wellenmuster in einem Teich. Diese
Wellen beeinflussten die großräumige Verteilung der Galaxien. Ihr Einfluss wurde
unlängst bei einer Galaxiendurchmusterung im näheren Universum nachgewiesen.
Auch der neutrale Wasserstoff sollte die gleichen - durch die Schallwellen
bedingten - Verteilungsmuster zeigen wie die Galaxien. Beobachtet man also seine
Verteilung im frühen Universum, lernt man etwas über das Entstehen und Wachsen
von Strukturen in der Frühphase und wie die Dunkle Energie es beeinflusst
hat. Die Wasserstoff-Signale aus einer Zeit von einer bis vier Milliarden Jahren
nach dem Urknall sollten sich schon mit den Instrumenten, die bereits in Bau
sind - etwa dem Murchison Widefield Array, das derzeit gerade in
Australien entsteht - aufspüren lassen.
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