Ringsystem des Saturn hat Atmosphäre
von
Hans Zekl
für
astronews.com
2. September 2005
Nicht nur
Planeten und Monde scheinen eine Atmosphäre zu besitzen, sondern auch die
Saturnringe: Daten der um den Saturn kreisenden Sonde Cassini deuten
nämlich darauf hin, dass die majestätischen Ringe des Planeten eine eigene
Gashülle besitzen, in der wohl molekularer Sauerstoff vorherrscht.

Ringsystem des Saturn (Ausschnitt) in natürlichen Farben.
Foto: NASA / JPL / Space Science Institute [Gesamtansicht] |
Die Entdeckung gelang Wissenschaftlern aus den USA, Frankreich und
Großbritannien vor kurzem mit zwei Instrumenten an Bord der Raumsonde Cassini:
dem Ionen- und neutralen Massenspektrometer (Ion and Neutral Mass
Spectrometer, INMS) und dem Cassini Plasmaspektrometer (CAPS).
Die Saturnringe bestehen vorwiegend aus Wassereis mit geringen Staub- und
Gesteinsanteilen. Außerdem sind sie extrem dünn. Trotz eines Durchmessers von
250 000 Kilometern sind sie maximal nur 1500 Meter dick. Betrachtet man sie
durch ein Fernrohr, sehen sie wie eine massive Scheibe aus. Aber der Eindruck
täuscht. Tatsächlich bestehen sie aus Myriaden unterschiedlich großer Brocken
von der Größe eines Staubkorns bis zu mehreren Metern. Zu einer Kugel
zusammengefasst, würde diese gerade einmal einen Durchmesser von 100 Kilometern
besitzen.
Trotz intensiver Untersuchungen ist die Herkunft der Saturnringe ein
ungelöstes Rätsel, seit sie 1610 von Galileo gesehen wurden. Allerdings wurden
sie als Ringe erst 1655 von Christian Huygens erkannt. Einst nahmen die
Astronomen an, dass sie schon seit der Entstehung des Planeten vor rund
viereinhalb Milliarden Jahren existieren. Aber inzwischen gehen sie davon aus,
dass sie relativ jung sein müssen, weil aus ihnen ständig Material auf Saturn
herunter fällt. Vermutlich sind sie deshalb nur wenige hundert Millionen Jahre
alt.
Vielleicht sind die Ringe die Überreste eines großen Kometen, der einst dem
Planeten zu nahe kam und durch die auf ihn einwirkenden Gezeitenkräfte zerrissen
wurde. Andererseits könnte auch ein Saturnmond durch den Einschlag eines
Asteroiden zertrümmert worden sein. Aus den Bruchstücken entstand dann das
Ringsystem. Sollten die Ringe doch wesentlich älter sein, muss es einen
Mechanismus geben, der den permanenten Massenverlust laufend ausgleicht.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die jetzt entdeckte Atmosphäre durch die
Einwirkung der ultravioletten Strahlung der Sonne entsteht. Sie löst
Wassermoleküle aus den eisigen Bestandteilen und spaltet sie in Wasserstoff und
Sauerstoff. Wasserstoff ist sehr leicht flüchtig und entweicht deshalb in den
interplanetaren Raum. Zurück bleibt ein Überschuss an Sauerstoff, der unter den
kalten Umgebungsbedingungen teilweise mit dem verbleibenden Wasserdampf wieder
eingefroren wird.
Damit ähnelt die Ringatmosphäre stark den sehr dünnen Gashüllen um die beiden
Jupitermonde Europa und Ganymed, die vom Hubble Space Telescope entdeckt
wurden und ebenfalls aus Sauerstoff bestehen. Die Zusammensetzung der
Mondatmosphären ist allerdings in keinem Fall ein Hinweis auf Leben auf den
Monden: Auch hier ist das ultraviolette Licht der Sonne für die Bildung der
Atmosphäre verantwortlich.
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