HUBBLE HERITAGE
Überbleibsel
einer kosmischen Katastrophe
von Stefan
Deiters
astronews.com
10. Juni 2003
Auch nach
vielen tausend Jahren können die Überreste einer Supernova-Explosion noch ein
faszinierendes Beobachtungsziel sein. Das Hubble Heritage Team
veröffentlichte jetzt eine eindrucksvolle Aufnahme des so genannten
Bleistift-Nebels, der Teil eines riesigen Supernova-Überrests im südlichen
Sternbild Segel ist.
Hubbles Blick auf NGC 2736. Foto:
NASA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) [Großansicht] |
Das Mai-Bild des Hubble Heritage-Teams wurde mit der Advanced
Camera for Surveys (ACS) des Hubble-Weltraumteleskops aufgenommen
und zeigt den so genannten Bleistift-Nebel, oder auch NGC 2736. Der Nebel ist
Teil des Vela-Supernova-Überrests im südlichen Sternbild Segel und wurde in den
40er Jahren des 19. Jahrhunderts von Sir John Herschel entdeckt. Sein lang
gestrecktes Aussehen dürfte der Grund für seinen volkstümlichen Namen gewesen
sein und außerdem darauf hindeuten, dass der Nebel Teil der
Supernova-Schockwelle ist, die vor nicht allzu langer Zeit auf eine Region mit
dichtem Gas getroffen ist.
Die Hubble-Aufnahme zeigt nun den Randbereich der Gasschicht mit
großen filamentartigen Strukturen und kleineren Knoten aus Gas. Das Bild umfasst
einen Bereich von etwa eine dreiviertel Lichtjahr. Der gesamte
Vela-Supernova-Überrest hat einen Durchmesser von etwa 114 Lichtjahren und liegt
in 815 Lichtjahren Entfernung von unserem Sonnensystem.
Das Leuchten des Nebels entsteht durch die Kollision der - im Bild von rechts
nach links laufenden - Supernova-Schockwelle mit Gas der interstellaren Materie.
Dadurch wird das Material auf Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius
aufgeheizt. Es kühlt aber wieder ab und kann schließlich die Strahlung im
optischen Bereich des Spektrums aussenden, die in der Aufnahme zu sehen ist. Die
Farben in den unterschiedlichen Regionen verraten den Forschern etwas über die
Vorgänge während des Abkühlens: Einige Bereich sind noch so heiß, dass hier die
Strahlung von ionisierte Sauerstoffatomen dominiert. Diese Bereiche sind
bläulich dargestellt. In kühleren Bereichen dominiert die Strahlung von
Wasserstoffatomen, die rötlich dargestellt ist.
Von der Supernova-Explosion zeugen nicht nur die expandierenden Schockwellen,
sondern auch ein rotierenden Pulsar im Zentrum der Region. Aus der Verlangsamung
der Eigenrotation dieses Pulsars haben die Astronomen errechnet, dass sich die
Supernova-Explosion vor ungefähr 11.000 Jahren ereignet haben muss. Am Himmel
dürfte die Supernova damals rund 250 Mal heller geleuchtet haben als die Venus
und deutlich auch am Tage sichtbar gewesen sein. Historische Aufzeichnungen aus
dieser Zeit gibt es aber nicht. Nach den Modellen der Forscher sollte das
Material mit einer Anfangsgeschwindigkeit von fast 40 Millionen Kilometern pro
Stunde ins All geschleudert worden sein. Diese Überreste, die heute auch für den
Bleistift-Nebel verantwortlich sind, haben sich inzwischen verlangsamt: NGC 2736
bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von rund 640.000 Kilometern pro Stunde.
|