Die Forscher sind sich sicher, dass der gewaltige Zusammenstoß in der Galaxie
Arp 220 für die Entstehung einer beträchtlichen Anzahl neuer Sterne gesorgt hat,
für Schockwellen verantwortlich war und in Zukunft wohlmöglich auch für
die Entstehung eines supermassereichen Schwarzen Loches im Zentrum der neuen
Galaxie sorgen könnte. Die Daten des US-Röntgenteleskops deuten ferner darauf
hin, dass dieser Zusammenstoß vor gar nicht allzu langer Zeit stattfand: vor
rund 10 Millionen Jahren.
"Die Chandra-Beobachtungen bestätigen, dass die Dinge ganz schön
durcheinander geraten, wenn zwei Galaxien mit voller Geschwindigkeit
zusammenstoßen", erläutert David Clements vom Imperial College in London
die neuen Daten. "Die Bandbreite der Effekte reicht von der Entstehung eines
supermassereichen Schwarzen Lochs bis hin zur Verbreitung von schweren Elementen
im Universum."
Arp 220 gilt unter Astronomen als eine Art Prototyp um die Bedingungen zu
studieren, die im jungen Universum anzutreffen waren. Damals, so die verbreitete
Ansicht, waren Kollisionen und Verschmelzungen von Galaxien weitaus häufiger als
heute. In diese Zeit dürfte auch die Entstehung der in vielen Galaxien
gefundenen supermassereichen Schwarzen Löcher fallen. Dabei ist uns Arp 220
relativ nahe: Die Galaxie liegt nur 250 Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernt und ist damit das uns am nächsten liegende Beispiel für einen sehr
leuchtkräftige Galaxie. Ihre Leuchtkraft ist rund eine Billionen mal größer als
die der Sonne und etwa Hundert Mal größer als die unserer Milchstraße.
Auf der Chandra-Aufnahme ist das hell leuchtende Zentrum von Arp 220
zu erkennen, umgeben von einer Sanduhr-förmigen Region, die aus Millionen Grad
heißem Gas besteht. Ein so genannter Superwind aus heißem Gas dürfte mit einer
Geschwindigkeit von mehreren Hunderttausend Kilometern pro Stunde aus der
Galaxie hinausschießen. Er hat seinen Ursprung vermutlich in der plötzlichen
Entstehung von Millionen neuer Sterne.
In den äußeren Bereichen findet man weiteres heißes Gas, das als Überbleibsel
der Kollision anzusehen ist. Es erstreckt sich bis in eine Entfernung von 75.000
Lichtjahren und könnte sich noch weiter ausdehnen oder aber auf die Galaxie
zurückfallen. Durch die Chandra-Beobachtungen konnten die Astronomen eine
Röntgenquelle im Zentrum von Arp 220 als früheren Kern einer der beiden
Kollisionspartner lokalisieren. Bei einer weiteren etwas schwächere
Röntgenquelle könnten es sich um den Kern der anderen Galaxie handeln.
Vielleicht sind beides supermassereiche Schwarze Löcher.
Die Abstrahlung der Schwarzen-Loch-Kandidaten ist jedoch vergleichsweise
gering. Der größte Teil der Leuchtkraft, so die Forscher, geht auf das Konto der
heftigen Sternentstehungsaktivität. Dies muss aber nicht immer so bleiben: In
einigen Hundert Millionen Jahren könnten die beiden Schwarzen Löcher zu einem
zentralen supermassereichen Loch verschmelzen und so für eine neue Energiequelle
der Galaxie sorgen. Es könnte also sein, dass Chandra hier gerade die
frühe Phase der Entstehung eines supermassereichen Schwarzen Lochs und damit
eine entstehenden aktiven Galaxienkern beobachtet hat.