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METEORE
Feuerkugel über Bayern Teil eines Schwarms?

Redaktion
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19. April 2002

Die Auswertung von Aufnahmen der eindrucksvollen Meteorerscheinung Anfang April über Süddeutschland brachte Erstaunliches an den Tag: Die Bahn des Felsbrockens aus dem All ähnelte vor dem Einschlag der eines anderen Meteoroiden, der vor genau 43 Jahren niederging. Auch die Einschlagstelle konnten die Forscher nun näher eingrenzen.

Feuerkugel

Die Feuerkugelnetz-Station Streitheim bei Augsburg zeichnete die Spur des Meteoriden über dem südbayerischen Nachthimmel auf (unten im Bild) Foto: DLR

In der Nacht vom 6. auf den 7. April 2002 wurde über dem südlichen Bayern ein außergewöhnlich heller Meteor gesichtet, der in der Öffentlichkeit und der Presse deutschlandweit großes Aufsehen erregte. Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Ondrejov Observatoriums bei Prag ist es nun gelungen, aufgrund von fotografischen Aufzeichnungen die Flugbahn des Meteoroiden zu rekonstruieren. Da der Meteor sehr tief in die Atmosphäre eindringen konnte, wird vermutet, dass das Objekt nicht vollständig verglüht ist, sondern dass eine Restmasse, ein so genannter Meteorit, den Erdboden erreicht hat. Das mögliche Absturzgebiet liegt zwischen Garmisch Partenkirchen und Schwangau. Mit Hilfe der Aufnahmen ließ sich auch die Umlaufbahn des Meteoroiden um die Sonne vor seiner Kollision mit der Erde genau bestimmen. Zur Überraschung der Wissenschaftler ist diese Bahn fast identisch mit der eines Objekts, das vor mehr als 40 Jahren den gleichen Kameras ins Netz ging.

Das seltene Meteor-Ereignis ist ein ausgesprochener Glücksfall für die Wissenschaftler vom DLR-Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung in Berlin-Adlershof denn der Meteor zeigte sich in einem Gebiet, das nachts routinemäßig mit einem Netzwerk von Himmelskameras überwacht wird. Das so genannte "Europäische Feuerkugel-Netz" ist bereits seit Ende der 50er Jahre in Betrieb und besteht aus derzeit 25 Kameras, die in Mitteleuropa von Deutschland über Tschechien, die Slowakei, Belgien, die Schweiz und Österreich verteilt sind. Seit Mitte der 90er Jahre koordinieren und betreuen Wissenschaftler am Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung des DLR in Berlin-Adlershof und des bei Prag gelegenen Ondrejov Observatoriums die Arbeit des Netzwerkes.

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Die vom DLR betreuten Kameras arbeiten nach einem einfachen Prinzip: sie fotografieren jeweils einen stark gewölbten Spiegel, wodurch eine Beobachtung des gesamten Himmels gewährleistet wird. Dabei wird der Kameraverschluss die ganze Nacht lang geöffnet, so dass jeweils eine Belichtung pro Nacht auf dem Film aufgezeichnet wird. Aus den Bildern mehrerer Stationen lassen sich in der Regel die Flugbahn und Geschwindigkeit von Meteoren, sowie - aus der Abbremsung und der Eindringtiefe in die Atmosphäre - die physikalischen Eigenschaften der Flugobjekte bestimmen. Im Mittel fotografiert das Feuerkugelnetz etwa 50 Meteore im Jahr.

Insgesamt wurde der Meteor vom vorletzten Wochenende von sieben der Kameras aufgezeichnet. Neben drei Stationen nördlich von Augsburg und Nürnberg konnten zwei Stationen im Schwarzwald, sowie jeweils eine Station in Tschechien und in Österreich das "Flugobjekt" aus unterschiedlichen Blickwinkeln fotografisch erfassen. Glücklicherweise waren die atmosphärischen Bedingungen optimal für die Aufzeichnung mit den Kameras: Der Himmel über Bayern war frei von Wolken.

Die Auswertungen zeigen, dass der Meteoroid unter einem Winkel von etwa 50 Grad um 22:20:18 MESZ knapp südlich der bayerisch-österreichischen Grenze bei Innsbruck in die Erdatmosphäre eintrat und sich nach Nordwesten in Richtung Mittenwald und Garmisch Partenkirchen bewegte. Die Eintrittsgeschwindigkeit betrug 20,9 Kilometer in der Sekunde (etwa 75000 Kilometer pro Stunde); die sichtbare Leuchtspur begann in einer Höhe von etwa 86 Kilometern.

Während die meisten Meteoroide in der Hochatmosphäre verglühen, konnte das Objekt ungewöhnlich tief in die Lufthülle eindringen, wie die Aufnahmen zeigen. Die Leuchtspur endete knapp 16 Kilometer über dem Boden. Es wird daher vermutet, dass eine - vielleicht sogar mehrere Kilogramm schwere - Restmasse aus Stein oder Eisen, so genannte Meteorite, den Boden erreicht haben. Die Aufschlagpunkte werden im Großraum nordwestlich von Garmisch Partenkirchen vermutet; eine genauere, zweite Auswertunf der Aufnahmen ist noch nicht abgeschlossen, da das Verfahren sehr zeitaufwändig ist.

Der Meteor war enorm lichtstark. Dies deutet darauf hin, dass der Meteoroid beim Eintritt in die Atmosphäre ursprünglich eine hohe Masse von vermutlich 500 Kilogramm hatte, die jedoch durch die entstehende Reibungshitze während des Hochgeschwindigkeitsflugs durch die Atmosphäre zum großen Teil verdampft ist.

Die Aufnahmen liefern wertvolle Daten über die Flugbahn des Objektes vor seinem Zusammenstoß mit der Erde und damit über seine mögliche Herkunft. Sie zeigen, dass der Körper vor seiner Kollision in einer stark elliptischen Bahn die Sonne umkreiste. Der sonnenfernste Punkt der Bahn lag bei 4,0 Astronomischen Einheiten zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter, innerhalb des so genannten Asteroidengürtels.

Zur großen Überraschung der Forscher ist diese Umlaufbahn des Meteoroiden nahezu identisch mit der eines zweiten, ähnlich spektakulären Meteoroiden, der vor fast exakt 43 Jahren, am 7. April 1959, bereits vom Europäischen Feuerkugelnetz fotografiert wurde. Damals konnte auf Grund der fotografischen Ausbeute erfolgreich ein Meteorit, nach seinem Fundort in der damaligen Tschechoslowakei "Pribram" benannt, geborgen werden, ein damals einmaliger Erfolg der Meteoritenforschung. Sollte in diesem Fall die Bergung ebenso gelingen, ist zu vermuten, dass dieser neue Meteorit eine ähnliche stoffliche Zusammensetzung besitzt wie "Pribram".

Dass kleine Meteore ("Sternschnuppen") bisweilen in Schwärmen auftreten (wie die alljährlichen Leoniden im November) ist ein bekanntes Phänomen. Bislang waren jedoch die meisten Wissenschaftler der Ansicht, dass sich Meteoroide vom meteoritischen Typ eher als "Einzelgänger" durch das Weltall bewegen. Diese Entdeckung macht jedoch offensichtlich, dass ein ganzer "Strom" meteoritischer Körper existiert, den die Erde jedes Jahr Anfang April durchkreuzt. Möglicherweise lassen sich mit Hilfe starker Teleskope auch größere Asteroiden in diesem Strom finden.

Links im WWW
Feuerkugelnetz, Seite des DLR
Arbeitskreis Meteore e.V.
siehe auch
Meteore: Fund im Garten war wohl kein Meteorit - 10. April 2002
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