LICHTVERSCHMUTZUNG
Statt Dunkelheit nur noch Dämmerung
von Stefan
Deiters
astronews.com
14. August 2001
Schon lange haben Astronomen auf aller Welt vor einer
besonderen Art der Umweltverschmutzung gewarnt: der durch Licht. Neue
Bilder eines amerikanischen Militärsatelliten der Erde bei Nacht
unterstreichen dies nun eindrucksvoll: Zwei Drittel der Weltbevölkerung
und 99 Prozent der Menschen in Nordamerika und Westeuropa leben in
Regionen in denen sie nie einen wirklich dunklen Himmel sehen.
Die Erde bei Nacht.
Bild: P. Cinzano, F. Falchi (Universität Padova), C. D.
Elvidge (NOAA National Geophysical Data Center, Boulder).
Copyright Royal Astronomical Society. Aus "The Monthly Notices
of the RAS" mit Genehmigung von Blackwell Science. |
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Das Problem der Lichtverschmutzung ist Astronomen schon lange bewusst: So gibt
es in der Nähe großer Teleskope teilweise bestimmte Einschränkungen bei der
Ausleuchtung von Straßen oder aber der Außenwerbung von Hotels und Diskotheken.
Der nun vorgelegte Atlas des künstlichen Lichts des Nachthimmel auf der
Erde, der in Kürze in den renommierten Mitteilungen der britischen königlichen
astronomischen Gesellschaft erscheinen wird, ist aber in seiner Art einzigartig.
Er
geht nämlich weit über eine einfache Nachtaufnahmen der Erde
hinaus: Dr. Pierantonio Cinzano von der Universität in Padua und seine Kollegen
haben 1996 und 1997 begonnen, die Daten des US Air Force Defense
Meteorological Satellite (DMSP) Programms über die nächtliche Erde
auszuwerten. Dabei berechneten sie, wie sich das künstliche Licht durch die
Atmosphäre ausbreitet und erhielten so einen Satz von Karten, in denen erkennbar
ist, wie groß die Lichtverschmutzung ist. Auf diese Weise ist auch zu erkennen, dass viele
Regionen die auf normalen Satelliten-Nachtaufnahmen dunkel erscheinen in
Wirklichkeit von der Lichtverschmutzung in benachbarten Regionen beeinflusst werden.
"Viele Menschen in zahlreichen Ländern haben durch die Lichtverschmutzung schon
gar keinen richtigen Eindruck mehr, was eigentlich ein dunkler
Nachthimmel ist", so Cinzano. "Unser Atlas beschreibt die Situation in den
Jahren 1996 und 1997. Heute dürfte es sicherlich noch schlimmer sein." Doch
schon vor fünf Jahren sah es um den Nachthimmel der meisten Menschen nicht
sonderlich gut aus: So war er für über 99 Prozent der Menschen in den USA und
der europäischen Union und immerhin für 75 Prozent der Weltbevölkerung nicht so
dunkel, wie er sein sollte. In Regionen, in den 97 Prozent der US-Bevölkerung
und 96 Prozent der EU-Bewohner leben ist es ständig so hell, als würde der
Halbmond ein wirklich dunkles Gebiet beleuchten. Oft entspricht die Helligkeit
sogar der Dämmerung. Das führt unter anderem dazu, dass zwei Drittel der
US-Bevölkerung und die Hälfte der EU-Bewohner und immerhin 20 Prozent der
Weltbevölkerung mit bloßem Auge nicht mehr das Band der Milchstraße erkennen können.
Cinzano und seine Kollegen weisen auch darauf hin, dass man dem Problem der
Lichtverschmutzung bislang nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, da bisher
verlässliche Daten fehlten. Die zunehmende Lichtverschmutzung sei allerdings
eine der dramatischsten Veränderungen unserer natürlichen Umgebung und dürfte
nicht nur Auswirkungen für die Astronomie sondern auch für die Gesellschaft
haben.
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