Zerstörung und Geburt liegen im All oft dicht beieinander: Zu
sehen ist dies eindrucksvoll in Stephans Quintett, einer Galaxiengruppe in
270 Millionen Lichtjahren Entfernung. Durch eine gewaltige Kollision
wurden Sterne und Gas ins All geschleudert, es entstanden aber auch mehr
als 100 neue Sternhaufen und Zwerggalaxien. Ähnliches könnte sich in der
Frühphase des Universums abgespielt haben.

Hubble-Aufnahme
eines Teilbereichs von Stephans Quintett. Foto: NASA,
Jayanne English (University of Manitoba), Sally Hunsberger (PSU),
Zolt Levay (STScI), Sarah Gallagher (PSU) und Jane Charlton (PSU) |
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"Die Bedeutung von Stephans Quintett liegt darin, dass es sich um ein lokales
Beispiel für Vorgänge handelt, die typischerweise in der Frühphase des Kosmos
stattfanden als Kollisionen zwischen Galaxien viel häufiger waren als heute",
erläutert Sarah Gallagher von der Pennsylvania State University die
Hubble-Bilder. "Vielleicht gelingt es uns in anderen Galaxiengruppen, die
Gegenstücke zu den jungen Haufen aufzuspüren, die wir im Quintett beobachten."
Durch das hohe Auflösungsvermögen des Weltraumteleskops war es Gallagher und
ihren Kollegen gelungen, das Alter der Sternhaufen in der Galaxiengruppe zu
bestimmen und so mehr über die turbulente Geschichte der Galaxiengruppe zu
erfahren, deren Mitglieder alle durch ihre Anziehungskraft aneinander gebunden
sind."Durch die Analyse der Farben der Sternhaufen konnten wir verschiedene
Epochen von Sternentstehung unterscheiden, die auch unterschiedliche Ereignisse
in der dynamischen Entwicklung der Galaxiengruppe widerspiegeln. Wenn ein
Sternhaufen älter wird verlöschen die hellen blauen Sterne zuerst und der Haufen
wird dadurch röter. Daher gilt: Je röter ein Sternhaufen ist, desto älter ist
er." Die Forscher fanden drei Regionen intensiver Sternentstehung, die
vermutlich mit zwei verschiedenen Kollisionen in Zusammenhang stehen: Das sind
zum einen die Spiralarme und Ausläufer von NGC 7319 (nahe Bildmitte), die
Überreste der Galaxien NGC 7318B und NGC 7318A (oben rechts) sowie das Gebiet
oben links, das die Astronomen als nördliche Starburst-Region bezeichnen.
Die Sternhaufen in dieses Gebieten haben ein Alter zwischen zwei Millionen
und mehr als einer Milliarde Jahren, was auf eine sehr turbulente Geschichte
hindeutet. Bei der Analyse der Beobachtungen erlebten die Astronomen so manche
Überraschung: Obwohl die letzte Kollision der Galaxien schon etwa 20 Millionen
Jahre zurückliegt, sind noch vor zwei Millionen Jahren neue Sternhaufen
entstanden. Eine mögliche Erklärung für diese jungen Haufen wäre, dass durch den
Tod von massereichen Sternen in älteren Haufen eine neue Sternentstehungsphase
angestoßen wurde.
Die Forscher fanden außerdem sieben Millionen Jahre alte Haufen, die über
zwei Regionen verteilt waren, die immerhin einen Bereich von 150.000 Lichtjahren
umfassen. "Wir können noch nicht verstehen, wie Sternentstehung in einer so
großen Region quasi gleichzeitig angestoßen werden konnte", so Gallagher. An
einer zweite Kollision, die für Sternentstehung sorgte, war die Galaxie NGC
7320C beteiligt, die nicht mehr zur Galaxiengruppe gehört. Dieses Ereignis
sorgte für den 100.000 Lichtjahre langen Schweif, der von NGC 7319 ausgeht.
Zwischen all den Sternhaufen finden sich eine Reihe von Zwerggalaxien -
allein 15 könnten es in dem langen Schweif von NGC 7319 sein. Stephans Quintett
wurde erstmals von Edouard M. Stephan im Jahr 1877 beobachtet und war die erste
kompakte Gruppe von Galaxien, die man entdeckt hat. Die Hubble-Bilder
entstanden am 30. Dezember 1998 und am 17. Juni 1999.