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Internationale Kollaboration zu Schwarzen Löchern und
starker Gravitation
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
15. August 2025
Im Rahmen der "Simons Collaboration on Black Holes and
Strong Gravity" sollen in den kommenden vier Jahren Expertinnen und Experten für
Gravitation und Schwarze Löcher aus den Bereichen theoretische Physik,
Mathematik, numerische Berechnung, KI-gestützte Datenanalyse und
Gravitationswellen-Beobachtung zusammengebracht werden. Der Zeitpunkt dafür ist
günstig.

Numerische Simulation der Verschmelzung
zweier Schwarzer Löcher mit sehr unterschiedlichen Massen und
präzidierender Bahnebene (GW190412).
Bild: N. Fischer, H. Pfeiffer, A.
Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik),
Simulating eXtreme Spacetimes project [Großansicht] |
"Sobald die geplanten Ausbauarbeiten der Gravitationswellen-Detektoren
Advanced LIGO, Virgo und KAGRA in den nächsten Jahren abgeschlossen sind, werden
diese Instrument doppelt so empfindlich sein wie heute. Dadurch wird sich das
Volumen des Universums, das wir mit Gravitationswellen-Daten erfassen können, um
das Achtfache vergrößern", sagt Jonathan Gair, leitender Forscher der neuen
Kollaboration und Gruppenleiter in der Abteilung Astrophysikalische und
Kosmologische Relativitätstheorie am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut/AEI) im Potsdam Science Park. Mit der höheren
Empfindlichkeit der Gravitationswellen-Detektoren sind präzisere Messungen
möglich. Diese wiederum können neue physikalische Effekte sichtbar machen. Aber
nur, wenn es genaue Modelle dieser Effekte gibt, lassen sie sich auch
identifizieren. Kommen Modelle zum Einsatz, die in den Signalen enthaltene
Effekte nicht korrekt berücksichtigen, so können mögliche Entdeckungen übersehen
oder falsch interpretiert werden.
Zu den möglicherweise falsch modellierten Effekten zählen die
(Nicht-)Existenz von Abweichungen von der allgemeinen Relativitätstheorie,
Artefakte in den Instrumenten und zufällige Schwankungen des Rauschens im
Detektor. Aber auch "Fingerabdrücke" astrophysikalischen Ursprungs in den
Signalen zählen dazu, wie die von einer Akkretionsscheibe oder von der
Anwesenheit eines dritten Objekts in der Nähe verschmelzender Schwarzer Löcher.
"Unser Ziel ist es, mögliche neue physikalische Effekte so genau wie möglich
vorherzusagen. Damit wollen wir die Geheimnisse entschlüsseln, die in den
Beobachtungsdaten verborgen sind", sagt Gair. "Unser Forschungsschwerpunkt am
AEI wird sein, zu verstehen, was aus praktischer Sicht messbar ist und wie man
das schafft. Wir werden mit einigen der anderen leitenden Forschenden
zusammenarbeiten, um flexible, modellfreie Suchverfahren für neue Physik zu
entwickeln. Wir wollen auch ermitteln, wie sich die Ergebnisse solcher Analysen
im Hinblick auf die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse interpretieren
lassen."
Die Gravitation ist eine der Grundpfeiler der theoretischen Physik. Die
Forschenden der neuen Kooperation werden am Verständnis der Gravitation in den
dynamischsten und extremsten astrophysikalischen Umgebungen arbeiten – dort, wo
Schwarze Löcher zusammenstoßen und wo die Gravitation dynamisch und stark
nichtlinear ist. Das Verständnis der Gravitation in solch extremen Umgebungen
kann viel über das Universum verraten und Tests von Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie ermöglichen. Nicolás Yunes, Physikprofessor an der
University of Illinois und designierter Direktor der Kollaboration, sagt, dass
jetzt der richtige Zeitpunkt für den Aufbau dieses globalen Netzwerks aus
Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen in den Bereichen starke
Gravitation und Schwarze Löcher sei, da sich die Beobachtungsmöglichkeiten für
Gravitationswellen rasch entwickelten. "Wir bewegen uns auf das Zeitalter der
Präzisionsphysik mit Gravitationswellen zu", kommentiert Yunes. "Dieses neue
Zeitalter muss von multidisziplinären Anstrengungen begleitet werden, um unser
Verständnis der nichtlinearen Gravitation zu vertiefen. Andernfalls werden wir
die in den Gravitationswellen-Daten verborgenen Geheimnisse übersehen. Noch
schlimmer wäre es, wenn wir unsere Beobachtungen falsch interpretieren und in
die falsche Richtung geführt werden."
In einer ersten, vier Jahre dauernden Phase der Simons Collaboration on
Black Holes and Strong Gravity werden mit Fördermitteln in Höhe von acht
Millionen US-Dollar zwölf leitende Forscherinnen und Forscher aus zwölf
Institutionen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 20
weiteren Instituten aus Physik, Mathematik und Datenwissenschaft
zusammengebracht. Am AEI sind Alessandra Buonanno, Direktorin der Abteilung
Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie, und Masaru Shibata,
Direktor der Abteilung Numerische und Relativistische Astrophysik, assoziierte
Mitglieder. Die Zusammenarbeit umfasst analytische Berechnungen und
Computersimulationen, die mittels Beobachtungen überprüft werden.
Die Förderung umfasst die Unterstützung von Postdoktorandinnen und
-doktoranden sowie Promovierenden sowie die Finanzierung von Reisen zwischen den
beteiligten Institutionen und verschiedenen jährlichen Treffen. An der neuen
Zusammenarbeit sind folgende Einrichtungen beteiligt: die University of
Illinois, die Johns Hopkins University, die University of Oxford, die Montana
State University, das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, das
Niels-Bohr-Institut, Universität Kopenhagen, die Universität Chicago, die
University of California, Santa Barbara, das Perimeter Institute for Theoretical
Physics, die Vanderbilt University, das Institute for Advanced Study, die
Princeton University.
Die Simons Foundation wurde 1994 vom Mathematiker und Hedgefonds-Manager
James Simons und seiner Frau Marilyn gegründet. Sie ist eine der größten
gemeinnützigen Organisationen in den Vereinigten Staaten und fördert Mathematik
und Grundlagenforschung. Das Ziel des Programms "Simons Collaborations in the
Mathematics and Physical Sciences" ist es, Fortschritte bei grundlegenden
wissenschaftlichen Fragen von großer Bedeutung in den Bereichen Mathematik,
theoretische Physik und theoretische Informatik zu fördern.
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