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Radiobeobachtungen von Pulsaren aus mehr als 25 Jahren haben starke Hinweise auf die Existenz von Gravitationswellen mit extrem niedrigen Frequenzen im Nanohertz-Bereich geliefert. Sie dürften von Paaren extrem massereicher Schwarzer Löcher in den Zentren verschmelzender Galaxien stammen und könnten der Astronomie ein neues Fenster ins Universum öffnen.
Der Nachweis von Gravitationswellen sollte nicht nur mit erdgebundenen oder weltraumgestützten Detektoren möglich sein, sondern auch durch Radiobeobachtungen von Pulsaren in weit entfernten Galaxien - zumindest von ganz bestimmten Gravitationswellen. Das war bislang allerdings bloße Theorie. Ein internationales Forschungsteam des europäischen Pulsar-Timing-Array (EPTA) und des indischen Pulsar-Timing-Array (InPTA) hat nun die Ergebnisse von Messungen vorgestellt, die über einen Zeitraum von 25 Jahren durchgeführt wurden. Die Daten lassen auf neue Erkenntnisse in Bezug auf die Entstehung und Entwicklung unseres Universums und seiner Galaxien hoffen. EPTA ist ein Zusammenschluss von Forschenden aus mehr als zehn Institutionen in ganz Europa und soll Expertise aus Astronomie und theoretischer Physik zusammenbringen, um durch Beobachtungen der extrem regelmäßigen Pulse von einer besonderen Art erloschener Sternen, den sogenannten Pulsaren, einen Gravitationswellen-Detektor von der Größe einer Galaxie zu aufzuspannen. "Pulsare sind hervorragende natürliche Uhren. Wir nutzen die unglaubliche Regelmäßigkeit ihrer Signale, um nach winzigen Veränderungen in ihrem Ticken zu suchen und so die minimalen Dehnungen und Stauchungen der Raumzeit durch Gravitationswellen aus dem fernen Universum nachzuweisen", erklärt Dr. David Champion, leitender Wissenschaftler am Max-Planck-Institute für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.
Dieser riesige Gravitationswellen-Detektor, der sich von der Erde bis zu 25 ausgewählten Pulsaren in der gesamten Galaxis erstreckt, ermöglicht die Untersuchung von Gravitationswellen-Frequenzen, die weit unter denen in anderen Experimenten gemessenen liegen. Die Beobachtungen werfen ein Licht auf das Gravitationswellen-Universum im Nanohertz-Bereich und enthüllen einzigartige Quellen und neue Phänomene. "Im Zentrum von Galaxien lauern supermassereiche Schwarze Löcher, die mehrere Millionen Mal schwerer sind als die Sonne. Wenn die Pulse der Pulsare zur Erde gelangen, werden sie von den schwachen, weit entfernten Echos der Gravitationswellen geprägt, die von diesen monströsen Schwarzen Löchern ausgesendet werden", sagt Dr. Aditya Parthasarathy, Forscher am MPIfR. Diese Echos enthalten Informationen über die kosmische Population supermassereicher binärer Schwarzer Löcher, die sich bei der Verschmelzung von Galaxien bilden und ein neues Fenster ins Universum eröffnen. Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf jahrzehntelangen koordinierten Beobachtungskampagnen mit den fünf größten Radioteleskopen in Europa: dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg in Deutschland, dem Lovell-Teleskop in Großbritannien, dem Nançay-Radioteleskop in Frankreich, dem Sardinia-Radioteleskop in Italien und dem Westerbork-Radiosyntheseteleskop in den Niederlanden. "Die Daten des Effelsberger Teleskops erstrecken sich über mehr als 25 Jahre", unterstreicht Prof. Michael Kramer, Direktor am MPIfR in Bonn. "Das ist wichtig, denn es macht das EPTA einzigartig empfindlich für die niedrigsten untersuchten Frequenzen." "Einmal im Monat", fügt Dr. Kuo Liu vom MPIfR in Bonn hinzu, "nehmen die europäischen Teleskope als Large European Array for Pulsars (LEAP) außerdem gemeinsam Daten auf, um eine zusätzliche Empfindlichkeit zu erreichen, die mit der des größten Radioteleskops der Erde vergleichbar ist." Diese Beobachtungen wurden auch durch Daten des InPTA in Indien ergänzt, was zur Entwicklung eines einzigartigen empfindlichen Datensatzes geführt hat. "Unsere Teleskope haben die Pulsare sehr oft und über einen sehr langen Zeitraum hinweg beobachtet", erläutert Dr. Yajun Gou, Forscherin am MPIfR. "Wir können Frequenzen der Gravitationswellen aufspüren, die so langsam sind wie eine Schwingung alle 30 Jahre, was die Empfindlichkeit gegenüber Doppelsternsystemen mit Schwarzen Löchern mit Umlaufzeiten von bis zu 50 Jahren verbessert." Im Gegensatz dazu ermöglicht die hohe zeitliche Dichte der Daten die Untersuchung von Frequenzen, die bis zu 100 Schwingungen pro Monat betragen. "Wir können Doppelsysteme von Schwarzen Löchern mit Umlaufzeiten von wenigen Jahren bis zu Monaten herunter untersuchen", unterstreicht Doktorand Jiwoon Jang. Die Bekanntgabe der EPTA-Ergebnisse erfolgt in Abstimmung mit ähnlichen Veröffentlichungen anderer Kollaborationen weltweit, nämlich der australischen, der chinesischen und der nordamerikanischen Pulsar-Timing-Array (PTA)-Kollaborationen, abgekürzt PPTA, CPTA bzw. NANOGrav. Die Astronominnen und Astronomen sind sich sicher, dass es sich bei dem, was sie sehen, um Signaturen von Gravitationswellen handelt, da ihre Ergebnisse mit ähnlichen Daten und Ergebnissen in allen PTA-Kollaborationen übereinstimmen und von diesen unterstützt werden. "Die Analyse der Daten von Pulsar-Timing-Arrays wird dadurch erschwert, dass PTAs astrophysikalische Objekte als Detektoren verwenden", erläutert Dr. Jonathan Gair, Gruppenleiter in der Abteilung "Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie" am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam. "Es gibt viele verschiedene Rauschquellen, die die Pulsare selbst mitbringen und die bei der Suche nach der Signatur der Gravitationswellen berücksichtigt werden müssen. Das Signal selbst ist darüber hinaus zufällig, so dass es wie Rauschen aussieht." Die jetzt vorgestellte Analyse der EPTA-Daten entspricht den Erwartungen von Astrophysikern. Der Goldstandard in der Physik für die Entdeckung eines neuen Phänomens ist jedoch, dass das Ergebnis des Experiments mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als einem Mal in einer Million zufällig auftritt. Das von EPTA - wie auch von den anderen internationalen Kollaborationen - berichtete Ergebnis erfüllt dieses Kriterium noch nicht. Forschende der meisten führenden PTAs führen jedoch ihre Datensätze unter der Schirmherrschaft des International Pulsar-Timing-Array zusammen. Ziel ist es, die aktuellen Datensätze zu erweitern, indem ein Netzwerk von über 100 Pulsaren genutzt wird, die mit dreizehn Radioteleskopen beobachtet wurden, und mehr als 1000 Beobachtungen für jeden Pulsar bündeln. Diese Daten sollten es den Forschenden ermöglichen, einen unwiderlegbaren Beweis für das Vorhandensein eines Gravitationswellen-Hintergrunds bei Nanohertz-Frequenzen zu erbringen. Über die Beobachtungen wird in drei Fachartikeln berichtet, die in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurden.
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