Neues über frühe Phase der Planetenentstehung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
4. Oktober 2021
Der Asteroid Vesta war viele Millionen Jahre früher einem
heftigen Bombardement durch andere Körper ausgesetzt als bislang angenommen.
Diese Vorgänge in der Anfangsphase des Sonnensystems erlauben auch Rückschlüsse
auf die Entstehung der Gesteinsplaneten wie der Erde. Grundlage der Studie waren
Daten der Sonde Dawn und die Analyse von Meteoriten.
Der 1807 entdeckte und 525 km große
Himmelskörper Vesta ist nach dem Zwergplaneten
Ceres das zweitgrößte Objekt des
Asteroidengürtels und somit der größte Asteroid.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR /
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Die etwa 500 Kilometer große Vesta ist der größte Asteroid. Wie ihre
zahlreichen Begleiter im Asteroidengürtel gehört sie zur "Urmaterie" des
Sonnensystems. Eine in der vergangenen Woche vorgestellte Studie kommt nun zu
dem Schluss, dass Vesta sehr viel früher einer zweiten umfangreichen
Einschlagserie großer Gesteinskörper ausgesetzt war als bislang angenommen. Dies
lässt den Rückschluss zu, dass das gesamte innere Sonnensystem deutlich zeitiger
von diesem sogenannten späten "Bombardement" betroffen war und damit alle
erdähnlichen Planeten.
Bereits während der Entstehung erlebte Vesta ein erstes großes
Bombardement-Ereignis, das aber nicht die Zusammensetzung des Mantels erklären
kann. Für die jetzt vorgestellte Studie führte Dr. Wladimir Neumann vom DLR-Institut für
Planetenforschung sowie dem Institut für Geowissenschaften der Universität
Heidelberg zahlreiche Modellrechnungen der thermischen Entwicklung Vestas durch.
Dadurch konnte der Zeitraum der frühen Einschläge besser eingegrenzt werden.
"Damit das Material der einschlagenden Körper dem Gesteinsmantel der jungen
Vesta überhaupt einigermaßen homogen beigemischt werden kann, muss dieser heiß
genug sein und sich, von der inneren Wärme angetrieben, konvektiv umwälzen",
erklärt Neumann die Analysen. "Unsere Modelle haben ergeben, dass dies nur für
Einschläge innerhalb der kurzen Zeitspanne vor 4,56 bis etwa 4,50 Milliarden
Jahren zutrifft, also fast unmittelbar nach der Entstehung der Planeten im
inneren Sonnensystem."
Bislang ging man davon aus, dass die Hauptphase dieser Bombardierung erst
einige hundert Millionen Jahre später erfolgte, etwa zu der Zeit, als auf dem
Mond einige der großen Einschlagskrater entstanden. Für den Erdmond und wohl
auch für die anderen terrestrischen Planeten zeichnet sich durch diese
Untersuchung jedoch ab: Die Hauptmasse dieser "Bombardierung" erreichte die
Planeten sehr früh nach ihrer Entstehung ähnlich wie bei Vesta.
Dieser Befund beruht neben Modellierungen auf Analysen von Meteoriten
irdischer Sammlungen, deren Mutterkörper mit großer Wahrscheinlichkeit Vesta ist
– die sogenannten "HED-Meteoriten". Die Abkürzung beruht auf den
Anfangsbuchstaben einer Untergruppe seltener Steinmeteoriten, den Howarditen,
Eukriten und Diogeniten, die Ähnlichkeiten mit magmatischen Gesteinen auf der
Erde aufweisen. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung müssen sie von einem
schon "differenzierten" planetaren Körper stammen, in dem sich schwere,
metallische Elemente in einem Kern angereichert haben, der von einem leichteren
Gesteinsmantel und einer noch leichteren Kruste umgeben war und magmatische
Prozesse Veränderungen verursacht haben.
Numerische Simulationen und Untersuchungen mit der NASA-Raumsonde Dawn
aus den Jahren 2011 und 2012 an Vesta zeigen heute ein neues Bild von der
Chronologie der Kollisionsgeschichte im frühen Sonnensystem: Die erdähnlichen
Planeten im frühen Sonnensystem wuchsen zunächst durch das Zusammenballen
winziger, aneinanderhaftender Staubkörner, im Endstadium dann durch Einschläge
immer größerer Gesteinskörper. Dies trifft auch auf den Asteroiden Vesta zu.
Während des Wachstumsprozesses heizte sich Vesta in der Frühphase ihrer
Entwicklung immer stärker auf, sodass ein oberflächennaher Magmaozean aus
geschmolzenem Silikatgestein sowie ein flüssiger metallischer Kern im Inneren
entstanden.
Im Laufe der Zeit schlugen andere Körper auf der Kruste von Vesta ein,
wodurch auch Material ins All geschleudert und ins innere Sonnensystem
transportiert wurde. So gelangten gelegentlich Gesteinstrümmer von Vesta als
Meteorite auf die Erde. Chemische Analysen dieser Meteorite haben gezeigt, dass
auch nach der Bildung von Vestas Kern weitere kosmische Einschläge die
Zusammensetzung von Kruste und Mantel des Asteroiden verändert haben. "Diese
Materialzufuhr war in der Frühphase jedoch deutlich größer als danach" erläutert
Professor Harry Becker von der Freien Universität Berlin, einer der Autoren der
Untersuchung.
Vesta wurde von mindestens zwei sehr großen Körpern aus dem
Asteroiden-Hauptgürtel getroffen, wovon zwei mehrere hundert Kilometer große
Einschlagsbecken am Südpol zeugen, die mit einer vom DLR und der
Max-Planck-Gesellschaft entwickelten Kamera an Bord der Dawn-Mission
entdeckt wurden. Zudem stammen die einschlagenden Körper offenbar nicht, wie
bislang vermutet, aus dem heutigen Asteroidengürtel, sondern aus dem inneren
Sonnensystem, in dem sich die erdähnlichen Planeten gebildet haben.
"Für unsere Erde unterstreicht dies nochmals die Bedeutung einer frühen
heißen Phase mit einem Magmaozean, der durch große Einschläge fortlaufend
erneuert wurde. In dieser Zeit war die erste Atmosphäre der Erde über viele
Millionen Jahre glühend heiß. Erst viel später konnten sich Wasserozeane bilden,
indem der heiße Wasserdampf abkühlte und abregnete", erläutert Prof. Dr. Kai
Wünnemann vom Museum für Naturkunde und der FU Berlin.
Über die Studie berichtet das Team in Nature Astronomy.
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