Lichtverschmutzung und die Mistkäfer
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
2. August 2021
Die Sichtbarkeit der Sterne ist für die Astronomie von
entscheidender Bedeutung - doch nicht nur für sie: Auch zahlreiche Tiere
orientieren sich am Sternhimmel. Durch die zunehmende Lichtverschmutzung sind
die Sterne allerdings immer schlechter zu erkennen. Welche Auswirkungen dies
beispielsweise auf Mistkäfer hat, wurde nun in Südafrika untersucht.
Ein nachtaktiver Mistkäfer klettert auf seine
Dungkugel, um sich den Sternhimmel einzuprägen,
bevor er mit dem Transport der Kugel anfängt.
Foto: Chris Collingridge [Großansicht] |
Das Wachstum der Städte mit ihren Straßenlaternen und beleuchteten Gebäuden
macht die Nächte heller. Das ärgert nicht nur Amateurastronominnen und
Amateurastronomen, sondern hat Folgen für Tiere: Das künstliche Licht beleuchtet
sie direkt, erhellt aber auch den Himmel und macht damit die Sterne unsichtbar.
Doch viele Tiere sind bei der Orientierung auf die Sterne als Kompass
angewiesen.
Bislang gab es keine wissenschaftliche Studie, bei der die Auswirkungen der
Lichtverschmutzung auf die Orientierung von Tieren mittels Sternkompass
untersucht wurde. Ein Forschungsteam unter Leitung von Dr. James Foster vom
Biozentrum der Universität Würzburg, gemeinsam mit der Universität Lund in
Schweden und der Universität Witwatersrand in Südafrika, hat das jetzt geändert.
Das Team konnte zeigen, dass südafrikanische Mistkäfer (Scarabaeus satyrus)
unter lichtverschmutztem Himmel nicht in der Lage sind, ihren Sternkompass zu
benutzen.
Wenn diese nachtaktiven Käfer einen Kothaufen finden, formen sie kleine
Kugeln aus dem Dung und rollen sie in eine sichere Entfernung. Dort können sie
den Dung ohne Störung durch andere Käfer vergraben und fressen. Um hungrigen
Konkurrenten zu entgehen, die ihre Dungkugeln stehlen könnten, müssen sie
schnell und zielstrebig vom Kothaufen weglaufen. Dabei bewegen sie sich in einer
geraden Linie und nutzen den Sternhimmel, um ihren Kurs zu halten.
Unter natürlichen Bedingungen zerstreuen sich die Mistkäfer vom Kothaufen
weg, so dass sie nicht miteinander konkurrieren. Wenn direkte Lichtverschmutzung
durch Gebäude und Straßenlaternen vorhanden ist, bewegen sie sich aber auf die
hellen Lichter zu, anstatt sich voneinander zu entfernen. Dies kann die
Konkurrenz untereinander erhöhen und in unnötigen Kämpfen um die Dungkugeln
Energie verschwenden.
"Wir vermuten, dass dieser 'Flug ins Licht' auch bei Vögeln und Nachtfaltern
vorkommt: Die Lichtverschmutzung könnte sie dazu zwingen, ihren Sternkompass
aufzugeben und auf helle künstliche Lichter zuzufliegen, um überhaupt eine
Chance zu haben, ihren Kurs zu halten", erklärt Foster. Die Experimente wurden
in Südafrika gemacht, und zwar auf einem Hausdach mitten in Johannesburg wie
auch in einer ländlichen Gegend der Provinz Limpopo.
"Käfer, die direkte Lichtverschmutzung sahen, verhielten sich unnatürlich,
konnten sich aber immer noch im Gelände orientieren. Doch diejenigen, die nur
einen lichtverschmutzten Himmel, aber keine hell erleuchteten Gebäude sehen
konnten, waren völlig desorientiert", berichtet Foster. Daraus schließen die
Wissenschaftler, dass Tiere, die das Hinterland zwischen Städten und der Wildnis
bewohnen, von der Lichtverschmutzung möglicherweise am stärksten betroffen sind
– denn sie können weder Sterne noch Straßenlaternen sehen.
Über die Studie berichtet das Team in der Fachzeitschrift Current Biology.
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