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Magnetfelder am Rand eines Schwarzen Lochs
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. März 2021
Das Forschungsteam des Event Horizon Telescope
(EHT) hat gestern neue Beobachtungen der Region unmittelbar um das
supermassereiche Schwarze Loch der Galaxie Messier 87 präsentiert. Sie könnten
erklären helfen, wie die Galaxie einen energiereichen Jet aus ihrem Kernbereich
erzeugen kann. Entscheidend war dabei die Messung der polarisierten
Radiostrahlung aus dem Bereich.
Polarisation im Zentrum der Galaxie M 87:
Die Polarisations-"Feldlinien" sind über einem
Bild der Gesamtintensität (dem Bild vom "Schatten
eines Schwarzen Lochs" vom April 2019)
aufgetragen. Um die Regionen mit stärkerer
Polarisation hervorzuheben, wurde Länge und
Opazität der Linien mit der polarisierten
Intensität skaliert. Bild vergrößern Polarisation
im Zentrum der Galaxie M87.
Bild: EHT-KollaborationDuran/MPIfR [Großansicht] |
Am 10. April 2019 wurde das allererste Bild eines Schwarzen Lochs
veröffentlicht, das eine helle, ringförmige Struktur mit einer dunklen zentralen
Region - dem Schatten des Schwarzen Lochs - zeigt. Seitdem haben die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Event-Horizon.Telescope-Kollaboration
ihre Daten, die von Teleskopen rund um den Globus im Jahr 2017 gesammelt wurden,
weiter analysiert und dabei entdeckt, dass ein signifikanter Anteil der
Radiostrahlung um das supermassereiche Schwarze Loch im Herzen der 55 Millionen
Lichtjahre entfernten Galaxie M 87 polarisiert ist.
"Die Polarisation des Lichts trägt Informationen, die es uns ermöglichen, die
Physik hinter dem Bild, das wir im April 2019 präsentiert haben, besser zu
verstehen", erklärt Monika Mościbrodzka, Koordinatorin der EHT-Arbeitsgruppe für
Polarimetrie und Assistenzprofessorin an der Radboud-Universität in den
Niederlanden. Elektromagnetische Strahlung wird polarisiert, wenn sie durch
bestimmte Filter geht, wie bei den Gläsern einer polarisierten Sonnenbrille,
oder bei der Abstrahlung in heiße Regionen des Weltraums, die magnetisiert sind.
So wie polarisierte Sonnenbrillen uns helfen, besser zu sehen, indem sie
Reflexionen und Blendungen auf hellen Oberflächen reduzieren, können Astronomen
ihre Sicht auf den Bereich um das Schwarze Loch schärfen, indem sie untersuchen,
wie das von dort abgestrahlte Licht polarisiert ist.
Insbesondere erlaubt die Polarisation dem Team, den Verlauf der
Magnetfeldlinien am inneren Rand des Schwarzen Lochs zu kartieren. "Das ist der
Schlüssel zum Verständnis des starken Jets, der von dieser Region ausgeht", sagt
Alan Roy, Projektwissenschaftler für VLBI (Very Large Baseline Interferometry)
am MPIfR-APEX-Teleskop (Atacama Pathfinder Experiment) im Norden von Chile. Der
helle Strahl aus Energie und Materie, der aus dem Kern von M87 austritt und sich
mindestens bis 100.000 Lichtjahre von seinem Zentrum entfernt erstreckt, ist
einer der geheimnisvollsten und energiereichsten Bestandteile dieser Galaxie.
Die meiste Materie, die sich in der Nähe des Randes eines Schwarzen Lochs
befindet, fällt hinein. Einige der umgebenden Teilchen entkommen jedoch kurz vor
dem Einfangen und werden in Form eines Jets weit ins All hinausgeblasen.
Mithilfe unterschiedlicher Modellannahmen versuchen die Astronomen, besser zu
verstehen, wie sich die Materie in der Nähe des Schwarzen Lochs verhält. Aber
sie wissen nach wie vor nicht genau, wie ein Jet größer als die gesamte Galaxie
aus einer sehr kompakten Region im Zentrum - vergleichbar mit der Ausdehnung des
Sonnensystems - gestartet wird. Mit dem neuen EHT-Bild des Schwarzen Lochs und
seines Schattens in polarisiertem Licht ist es den Astronomen erstmals gelungen,
eine Schlüsselaufnahme des Startmechanismus in den Größenordnungen zu erhalten,
in denen sich der Jet bildet.
Um die sehr kompakte Startregion des Jets im Herzen der Galaxie M 87 zu
beobachten, verband die EHT-Kollaboration acht über die ganze Welt verteilte
Teleskope, darunter APEX in Chile und das 30-Meter-IRAM-Teleskop im spanischen
Pico Veleta, zu einem virtuellen Teleskop von Erdgröße. Die Daten wurden an zwei
speziellen Hochleistungsrechnern, sogenannten Korrelatoren, zusammengeführt und
verarbeitet, von denen sich einer am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in
Bonn befindet. Die beeindruckende Auflösung von nur 20 Mikro-Bogensekunden, die
mit dem EHT erzielt wird, entspricht der, die man benötigt, um die Länge einer
Kreditkarte auf der Mondoberfläche zu messen.
Dies ermöglichte dem Team die direkte Beobachtung des Schattens des Schwarzen
Lochs und des umgebenden Strahlungsrings, wobei das neue Bild der polarisierten
Strahlung deutlich zeigt, dass der Ring magnetisiert ist.
"Das EHT ist eine phantastische Einrichtung, um die Gesetze der Physik in
einer Region mit extremer Schwerkraft zu testen. Es gibt uns die einzigartige
Möglichkeit, Phänomene anzugehen, die wir vorher nie untersucht haben. Unsere
zukünftigen EHT-Beobachtungen werden weitere Informationen über den mysteriösen
Bereich des Weltraums in der Nähe der Ereignishorizonte von supermassereichen
Schwarzen Löchern offenbaren", ist J. Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der
EHT-Kollaboration und Direktor am Bonner Max-Planck-Institut überzeugt.
Die Ergebnisse werden in zwei separaten Artikeln in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal Letters vom EHT-Kollaborationsprojekt veröffentlicht,
an dem weltweit mehr als 300 Forscher aus verschiedenen Organisationen und
Universitäten beteiligt sind.
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