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XXL SURVEY
Bildeten sich Galaxienhaufen zu langsam?
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Bonn
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5. Oktober 2018

In der Zeit seit dem Urknall haben sich offenbar weniger Galaxienhaufen gebildet, als nach den gängigen Modellen eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Diesen Befund bestätigten jetzt Astronomen mithilfe von Daten, die im Rahmen eines XXL Survey genannten internationalen Großprojekts gewonnen wurden. Noch präzisere Werte sollen in spätestens drei Jahren vorliegen.

XLSSC006

Das Bild zeigt den Galaxienhaufen XLSSC006: Für die Abbildung wurden Röntgendaten aus dem XXL Survey (lila) mit optischen und Infrarot-Aufnahmen des Kanada-Frankreich-Hawaii Teleskops kombiniert. Bild: ESA / XMM-Newton (Röntgen); CFHT (Optisch); XXL Survey  [Großansicht]

Unser Universum entstand, so die inzwischen durch zahlreiche Beobachtungsdaten bestätigte Theorie, vor ziemlich genau 13,8 Milliarden Jahren im sogenannten Urknall. Er bildet den Anfang von Raum und Zeit, aber auch von sämtlicher Materie, aus denen unser Universum heute besteht. Diese dehnte sich rasend schnell aus – eine Art diffuser Nebel, der das All vollständig ausfüllte.

An manchen Stellen war dieser Nebel allerdings etwas dichter als an anderen. Von dort gingen daher etwas höhere Gravitationskräfte aus, die die Materie aus ihrer Umgebung zu sich heranzogen. Mit der Zeit konzentrierte sich an diesen Kondensationspunkten mehr und mehr Materie. Der Raum zwischen ihnen wurde dagegen leerer und leerer. So entstand innerhalb von gut 13 Milliarden Jahren eine Art Schwammstruktur: große materiefreie "Löcher", dazwischen Bereiche, in denen sich auf engem Raum Tausende von Galaxien tummeln, so genannte Galaxienhaufen oder -cluster.

Das Standardmodell der Kosmologie beschreibt diese Entstehungsgeschichte von den ersten Wimpernschlägen nach dem Urknall bis heute. Das Schöne daran: Es kommt mit nur sechs Stellschrauben aus und erklärt doch alles, was wir heute über Geburt und Entwicklung des Weltalls wissen. Möglicherweise stößt es nun aber an seine Grenzen. "Neue Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Materie heute anders verteilt ist, als die Theorie vorhersagt", erklärt Dr. Florian Pacaud vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn. Stein des Anstoßes sind Daten des Planck-Teleskops der europäischen Weltraumagentur ESA.

Planck hatte die kosmische Hintergrundstrahlung mit hoher Präzision vermessen. Bei ihr handelt es sich gewissermaßen um ein "Nachglühen" des Urknalls. Sie lässt Rückschlüsse auf die Materieverteilung im frühen Universum zu – 380.000 Jahre nach dem Urknall. Laut den Planck-Messungen schwankt diese Verteilung so stark, dass sich mit der Zeit mehr Galaxienhaufen hätten bilden müssen, als man heute tatsächlich sieht.

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"Wir haben uns mit einem Röntgensatelliten die Zahl der Galaxienhaufen in unterschiedlichen Entfernungen von uns angesehen", erklärt Pacaud. Die Idee dahinter: Da das Licht von weit entfernten Haufen viele Milliarden Jahre unterwegs ist, erlaubt es einen Blick in eine Zeit, als das Universum noch jung war. Nahe Cluster verraten uns dagegen etwas über die nähere Vergangenheit. "Unsere Messungen bestätigen, dass sich die Cluster zu langsam bilden", sagt Pacaud. "Wir haben berechnet, inwieweit diese Beobachtung mit bestimmten Grundannahmen des Standardmodells kollidiert."

Demnach gibt es zwar eine Diskrepanz zwischen Messungen und Vorhersagen. Die Ungenauigkeit der Daten ist aber noch so groß, dass sie die Theorie nicht wirklich infrage stellen. Die Forscher rechnen jedoch damit, dass sie in spätestens drei Jahren erheblich verlässlichere Werte haben. Dann wird sich zeigen, ob die aktuellen Modelle überdacht werden müssen.

Die Studie liefert auch einen Einblick in die Natur der Dunklen Energie, die das Universum immer schneller auseinandertreibt. Der "Wert" der Dunklen Energie – die kosmologische Konstante – soll dabei seit dem Urknall gleich geblieben sein. So nehmen es zumindest viele Physiker an, und in diese Richtung deuten auch viele Beobachtungen. "Unsere Messung stützen diese These ebenfalls", erklärt Pacaud. "Aber auch hier hoffen wir, dass eine genauerer Analyse der Daten in Zukunft noch zuverlässigere Aussagen erlauben wird."

Die Studie ist Teil eines Großprojekts mit dem treffenden Namen „XXL Survey“, in dem mehr als 100 Wissenschaftler rund um den Globus kooperieren. Verwendet wird dazu hauptsächlich das ESA-Röntgenteleskop XMM-Newton. Erste Ergebnisse wurden jetzt in 20 Fachartikeln in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht. Sie beruhen auf der Erfassung von 365 Galaxienhaufen, von denen bislang 200 für die statistische Analyse genutzt wurden. Bis zum Ende des Projekts – voraussichtlich im Jahr 2020 – soll sich diese Datenbasis auf 400 bis 500 verdoppeln.

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siehe auch
Planck: Kosmologisches Standardmodell bestätigt - 19. Juli 2018
Links im WWW
Artikel-Serie in Astronomy & Astrophysics
Universität Bonn
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