Blazare in Rekordentfernung
von Stefan Deiters astronews.com
1. Februar 2017
Mithilfe des NASA-Gammastrahlenteleskops Fermi
haben Astronomen die bislang am weitesten entfernten Gammastrahlen-Blazare
aufgespürt. Den Rekordhalter unter diesen aktiven Galaxien mit einem
supermassereichen Schwarzen Loch sehen wir zu einer Zeit, als das Universum
gerade einmal 1,4 Milliarden Jahre alt war. Die
Funde passen nicht recht zu der Theorie über die Entstehung solcher Objekte.
Künstlerische Darstellung eines Blazars.
Bild:
M. Weiss / CfA [Großansicht] |
Astronomen haben mit dem Weltraum-Gammastrahlenteleskop Fermi der
amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA den bislang entferntesten Blazar
aufgespürt, der sich im Gammastrahlenbereich beobachten lässt. Wir sehen das
System zu einer Zeit, als das Universum gerade einmal 1,4 Milliarden Jahre alt
war und damit nur etwa zehn Prozent seines heutigen Alters hatte.
Bei Blazaren handelt es sich um die Zentren von entfernten Galaxien, in denen
sich aktive supermassereiche Schwarze Löcher verbergen. Aktiv bedeutet, dass
diese Schwarzen Löcher gerade große Mengen an Material verschlingen. Bevor
dieses jedoch im Schwarzen Loch für immer verschwindet, sammelt es sich in einer
sogenannten Akkretionsscheibe, die sich auf enorme Temperaturen aufheizt. Diese
ist für die Strahlung verantwortlich, die man von solchen Objekten beobachten
kann.
Senkrecht zu dieser Akkretionsscheibe bilden sich in der Regel zwei
sogenannte Jets aus, also eng gebündelte Partikelstrahlen. Das Material in
diesen Jets wird fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Bei Blazaren ist
einer dieser Jets direkt auf die Erde gerichtet.
Die nun mithilfe von Fermi aufgespürten Blazare müssen zwar vergleichsweise jung
sein, sind trotzdem aber alles andere als "Leichtgewichte": "Trotz
ihrer Jugend
finden sich in diesen entfernten Blazaren einige der massereichsten Schwarzen
Löcher, die wir kennen", so Roopesh Ojha vom NASA Goddard Space Flight Center,
der die Beobachtungen bei einem Treffen der American Physical Society am Montag
in Washington vorstellte. "Dass sie sich so früh in der kosmischen Geschichte
entwickeln konnten, ist eine Herausforderung für die aktuellen Theorien über die
Entstehung und das Wachstum von supermassereichen Schwarzen Löchern, und wir
wollen noch mehr solche Objekte aufspüren, um die Prozesse besser zu verstehen."
Blazare machen etwa die Hälfte aller Gammastrahlenquellen aus, die mit dem
Weltraumteleskop Fermi entdeckt worden sind. Den bisherigen
Entfernungsrekordhalter sehen wir zu einer Zeit, in der das Universum etwa 2,1
Milliarden Jahre alt war. Die Astronomen um Ojha haben in den letzten Monaten
eine gezielte Suche nach weit
entfernten Blazaren in den Daten des Large Area Telescope von Fermi durchgeführt. Eine solche Suche war erst nach einer 2015
erfolgten verbesserten Neuprozessierung der gesamten bislang gesammelten
Daten des Large Area Telescope möglich.
Die Wissenschaftler entdeckten auf diese Weise fünf bislang unbekannte
Blazare, die wir in einer Zeit sehen, in der das Universum zwischen 1,4 und 1,9
Milliarden Jahre alt war. "Nachdem wir diese Quellen gefunden hatten, haben wir
alle Daten in anderen Wellenlängenbereichen zusammengetragen, um Eigenschaften
wie die Masse der Schwarzen Löcher, die Helligkeit der Akkretionsscheibe und
die Stärke der Jets zu bestimmen", erklärt Vaidehi Paliya von der Clemson
University in South Carolina, einer der Leiter des Teams.
Zwei der Blazare verfügen offenbar über Schwarze Löcher mit einer Masse
von mindestens einer Milliarde Sonnenmassen. Alle Objekte haben eine extrem helle Akkretionsscheibe, die ungeheure Energien aussendet. Es muss also einen
ständigen Strom von Materie auf die jeweiligen Schwarzen Löcher geben. Wie so
massereiche Schwarze Löcher aber so schnell entstehen konnten, ist den
Astronomen bislang ein Rätsel.
Sie suchen nun nach weiteren Exemplaren dieser gewaltigen aktiven Galaxien.
"Wir glauben, dass Fermi nur die Spitze des Eisbergs entdeckt hat, es sich hier
also nur um die ersten Beispiele für eine Galaxienpopulation handelt, die man
zuvor im Gammastrahlenbereich nicht beobachten konnte", so Marco Ajello von der
Clemson University, der zweite Leiter des Teams.
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel,
der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erscheinen
soll.
|