51 Pegasi b heißt jetzt Dimidium
von Stefan Deiters astronews.com
16. Dezember 2015
Die Internationale Astronomische Union hat gestern die
Ergebnisse der ersten Namenswahl für extrasolare Planeten und ihre Zentralsterne
vorgestellt. Insgesamt 14 Sterne und 31 Exoplaneten haben damit neue Namen
erhalten. Allerdings stieß die Wahl regional auf sehr unterschiedliches
Interesse: Über 35 Prozent der Stimmen kamen aus Indien - und deren Favorit
wurde disqualifiziert.

So könnte der Planet 51 Pegasi b aussehen,
der erste extrasolare Planet, der um einen
normalen Stern entdeckt wurde. Der Zentralstern
soll künftig Helvetios, der Planet Dimidium
heißen.
Bild: ESO / M. Kornmesser / Nick
Risinger (skysurvey.org) [Großansicht] |
Die Internationale Astronomische Union, die unter anderem über die Einhaltung
gewisser Standards bei der Benennung von Oberflächenstrukturen auf Planeten und
Monden und auch von Himmelsobjekten selbst wacht, gilt manchen als etwas
schwerfällige Organisation. Einige sind beispielsweise bis heute ungehalten
darüber, dass die IAU auf ihrer Generalversammlung 2006 Pluto den Planetenstatus
aberkannt hat.
Vor einiger Zeit geriet die IAU mit der Initiative Uwingu aneinander, die öffentlichkeitswirksam einen Namen für den damals gerade entdeckten
Planeten um Alpha Centauri B suchte. Nun sind die Namen von extrasolaren
Planeten in der Regel tatsächlich sehr unhandlich und kürzere Namen keine
schlechte Idee. Uwingu verlangte allerdings
für einen Namensvorschlag 4,99 US-Dollar und für die Abstimmung 0,99 US-Dollar -
Geld, das für wissenschaftliche Projekte verwendet werden sollte.
Einer der Köpfe
hinter Uwingu ist Alan Stern, der verantwortliche Wissenschaftler der
Plutomission New Horizons, der mit seiner
Sonde natürlich lieber den neunten Planeten, als den
größten Zwergplaneten erforscht hätte. Er dürfte daher kein wirklicher Fan der
IAU sein.
Die IAU positionierte sich damals klar gegen die Initiative von Uwingu (astronews.com
berichtete) und musste sich dafür als überheblich und "von gestern"
bezeichnen lassen. Gleichzeitig gestand man bei der IAU aber ein, dass es
durchaus ein Interesse der Öffentlichkeit geben könnte, extrasolare Planeten zu
benennen und versprach, nach einem geeigneten und kostenfreien Weg dafür zu suchen.
Mit dem gefundenen Verfahren, das auch noch mehrfach verspätet und etwas holprig
startete, dürfte die IAU aber ihre Kritiker irgendwie auch bestätigt haben. Bis die
Öffentlichkeit nämlich über einen Namen abstimmen konnte, war es ein langer Weg.
Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die schließlich
ausgewählten Namen alle Anforderungen erfüllen, um zu offiziellen
IAU-Bezeichnungen für die fernen Planeten zu werden.
Namensvorschläge durften daher ausschließlich von Astronomievereinen und ähnlichen
Organisationen stammen, die sich zuvor registrieren mussten und sich dann aus
einer Liste von 305 Kandidaten ihre 20 Lieblingsplaneten aussuchen konnten.
Daraus wiederum wurde eine Liste aus 14 Zentralsternen und 32 extrasolaren
Planeten erstellt, wobei dann jede Organisation nur einen Namensvorschlag für
ein System aus Stern und zugehörigen Planeten machen durfte.
Auf der Generalversammlung der IAU im August wurde diese Liste dann präsentiert
und anschließend zur öffentlichen Abstimmung gestellt. Die IAU sei, so heißt es auf der
entsprechenden Webseite, auf die Bewältigung von einer Millionen Stimmen und
mehr eingestellt. So viel waren es dann offenbar doch nicht: Insgesamt wurden
631.418 Stimmen
gezählt. Vielleicht hatten viele angesichts des monatelangen Prozesses und der
vielen Hürden längst das Interesse an der Wahl verloren.
Jetzt aber steht das Ergebnis fest: So soll das bekannte Exoplanetensystem um
den Stern 55 Cancri statt 55 Cancri b, c, d, e und f künftig Galileo, Brahe,
Lippershey, Janssen und Harriot heißen, 55 Cancri selbst trägt künftig den Namen
Copernicus. 51 Pegasi b, der erste extrasolare Planet, der um einen normalen
Stern entdeckt wurde, heißt künftig Dimidium, 51 Pegasi Helvetios - der
Vorschlag stammt, bei 51 Pegasi b durchaus passend, aus der Schweiz. Von
Schweizer Astronomen war der Planet schließlich entdeckt worden.
Interessant ist, wer sich an der Abstimmung beteiligte: Das Interesse an
der Namenswahl
war regional sehr unterschiedlich: Von den 573.242 gültigen Stimmen (58.176
Stimmen waren als Spam verworfen worden) stammten 36,27 Prozent aus Indien,
19,48 Prozent aus den USA und 7,93 Prozent aus Spanien. Aus Deutschland kamen
gerade einmal 2,26 Prozent der abgegeben Stimmen.
Viele indische Teilnehmer wollten offenbar "ihren" Favoriten unterstützen: So
wurden für den Namensvorschlag des indischen Gurudev Observatory für
die Benennung von tau Boötis und des zugehörigen Planeten auf die Namen Shri Ram
Matt und Bhagavatidevi allein 218.772 Stimmen abgegeben - von einer solchen
Mobilisierung konnten andere Gruppen nur träumen.
Da die beiden vorgeschlagenen Personen allerdings auch in der indischen
Freiheitsbewegung aktiv waren, entschied das zuständige IAU-Komitee diese Wahl
zu annullieren. Nach den Richtlinien sollten extrasolare Planeten nämlich nicht
nach Personen benannt werden, die in politische, religiöse oder militärische
Aktivitäten verwickelt waren - und dass dies hier der Fall war, hatte vorher
offenbar niemand bemerkt. Über den Namen für tau Boötis soll nun im Rahmen eines
neuen Wettbewerbs entschieden werden.
Alle neuen Namen, die Vorschläge, wer die Vorschläge gemacht hat und die
jeweiligen Stimmenzahlen lassen sich auf der Webseite des Wettbewerbs nachlesen.
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