Trümmerscheiben im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
22. Juli 2015
Alle interessieren sich nur für extrasolare Planeten um ferne
Sonnen, dabei sind Trümmerscheiben in Planetensystem ebenso interessant. Dieser
Meinung sind zumindest eine Gruppe von Wissenschaftler um den Jenaer
Astrophysiker Alexander Krivov. Und sie konnten die Deutsche
Forschungsgemeinschaft überzeugen, jetzt die Erforschung von Trümmerscheiben mit
insgesamt 2,2 Millionen Euro zu fördern.
Computersimulation einer sogenannten
Trümmerscheibe, also von Gürteln aus Kometen,
Asteroiden und Staub, die einen zentralen Stern
umkreisen.
Bild: Löhne, AIU / FSU [Großansicht] |
Sie haben Namen wie 2M1207 b, Kepler-42 b bis d oder Gliese 876 d, bestehen aus
Gas oder Stein und sind Lichtjahre von uns entfernt: extrasolare Planeten und
Planetensysteme. Seit einigen Jahren lassen immer wieder neue Entdeckungen von
Exoplaneten aufhorchen. "Es hat sich unter Wissenschaftlern und auch Laien
geradezu ein Jagdfieber nach solchen Himmelskörpern entwickelt, die - ähnlich
wie die Planeten in unserem Sonnensystem – einen zentralen Stern umkreisen",
stellt Prof. Dr. Alexander Krivov von der Friedrich-Schiller-Universität Jena
fest.
Und der Astrophysiker weiß: Wo Planeten sind, gibt es oft auch sogenannte
Trümmerscheiben. Doch anders als neu entdeckte Planeten stehen diese Gürtel aus
Kometen, Asteroiden und Staub weit weniger im Fokus der öffentlichen
Aufmerksamkeit. Und auch wissenschaftlich fristeten Trümmerscheiben, im
Englischen debris discs, bislang eher ein Schattendasein.
Doch das soll sich jetzt ändern: Die Astrophysiker um Prof. Krivov werden die
Scheiben aus Gesteinsbrocken und Staub in den kommenden drei Jahren gemeinsam
mit Arbeitsgruppen aus Jena, Kiel, Braunschweig und Hamburg intensiv
untersuchen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die neu
gegründete Forschergruppe "Trümmerscheiben in Planetensystemen" bis 2018 mit
insgesamt 2,2 Millionen Euro.
Etwa 1,6 Millionen davon gehen an die Uni Jena. Neben Forschern des
Astrophysikalischen Instituts aus der Gruppe von Krivov und einer weiteren
Gruppe sind auch Wissenschaftler des Instituts für Festkörperphysik, des
Instituts für Angewandte Physik und Mineralogen der Jenaer Universität
beteiligt. "Trümmerscheiben wurden inzwischen um etwa jeden fünften
sonnenähnlichen Stern entdeckt. Sie kommen damit ungefähr genauso häufig vor wie
mit aktuellen Methoden detektierte Exoplaneten", erläutert Krivov, der Sprecher
der neuen Forschergruppe ist und deren Arbeit koordiniert.
Im Laufe der Planetenentstehung bildet sich auch eine Vielzahl wesentlich
kleinerer Materiebrocken, die den zentralen Stern umrunden. Auf ihrem Weg um
ihren Zentralstern kollidieren diese Brocken stetig und erzeugen dabei jede
Menge Staub. Für die Forscher sind diese Staub- und Materieansammlungen ebenso
wichtige Informationsquellen wie die Planeten selbst: "Sie können zum Beispiel
Signaturen noch unentdeckter Planeten tragen oder Auskunft über die
Entwicklungsprozesse in Planetensystemen geben", macht Krivov deutlich.
Mit der neuen Forschergruppe wird es, so ihr Sprecher weiter, deutschlandweit
jetzt die erste größere konzertierte Anstrengung geben, die Trümmerscheiben zu
untersuchen. Geplant sei zum einen, die Entwicklung dieser Scheiben anhand
theoretischer Modelle zu analysieren. "Wir werden in Laborexperimenten auch
selbst Kollisionen in Trümmerscheiben simulieren und die ablaufenden Prozesse
während der Einschläge sowie die Wechselwirkung von Staub und Sternenstrahlung
untersuchen", kündigt Krivov an.
Dabei kommen auch Laser zum Einsatz: So wollen die Forscher die Kollisionen von
Meteoriten oder kleineren Gesteinsbrocken mittels ultrakurzer Laserpulse
simulieren. Anhand der theoretischen und experimentellen Ergebnisse sollen in
den kommenden drei Jahren detaillierte Modelle bereits bekannter Trümmerscheiben
erstellt und langfristig auch Vorhersagen für zukünftige Beobachtungen
ermöglicht werden.
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