Das magnetische Moment des Protons
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
10. Juni 2014
Warum gab es nach dem Urknall etwas weniger Antimaterie als
Materie? Dieses Ungleichgewicht, das schließlich dazu führte, dass sich Materie
und Antimaterie nicht vollständig gegenseitig ausgelöscht haben und die uns
heute bekannte Welt entstand, beschäftigt Physiker schon seit Jahren. Jetzt
könnten sie einer Lösung etwas näher gekommen sein.
Nachweis in der
Doppelpenningfalle: Das schwingende Proton (rot)
erzeugt einen winzigen Strom, den eine
hochempfindliche Elektronik erfasst. Das
magnetische Moment des Protons ist als roter
Pfeil eingezeichnet, die Linien zeichnen
das Magnetfeld in der Falle nach.
Bild: Georg Schneider, Universität Mainz
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Eines der großen Rätsel in der Physik ist das Ungleichgewicht zwischen
Materie und Antimaterie in unserem Universum. Bislang ist unklar, weshalb sich
nach dem Urknall Materie und Antimaterie nicht vollständig gegenseitig
vernichtet haben, sondern ein Überschuss an Materie und damit die uns bekannte
Welt entstanden ist.
Physikalische Experimente an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz könnten
die Forscher
nun einer Lösung dieses Problems nähergebracht haben. Dabei ist es zum ersten Mal
gelungen, das magnetische Moment des Protons direkt mit höchster Präzision zu
messen. Das magnetische Moment ist eine fundamentale Eigenschaft von Protonen,
jenen Teilchen, die zusammen mit Neutronen den Atomkern bilden.
Die verwendete
Methode eignet sich grundsätzlich auch dafür, das magnetische Moment des
Antiprotons mit vergleichbar hoher Genauigkeit zu messen, sodass die
Materie-Antimaterie-Asymmetrie getestet werden kann. Versuche dazu werden
derzeit am Genfer Forschungszentrum CERN aufgebaut.
Jahrelange Vorarbeiten haben den Weg für die hochpräzisen Messungen geebnet,
die alle vergleichbaren Versuche in den Schatten stellen. Daran beteiligt waren
außer der Universität Mainz auch die GSI Helmholtzzentrum für
Schwerionenforschung GmbH in Darmstadt, das Max-Planck-Institut für Kernphysik
Heidelberg und die japanische Forschungseinrichtung RIKEN. Mit einer
Doppelpenningfalle konnte die relevante Messgröße, der sogenannte g-Faktor, mit
einer Genauigkeit von 3,3 x 109
ermittelt werden. Das Ergebnis ist 760-mal genauer als Messungen aus dem Jahr
2012, die unabhängig voneinander in Mainz und an der Harvard University
durchgeführt wurden und dreimal genauer als eine indirekte Ermittlung aus dem
Jahr 1972.
"Das Proton ist mit einem winzigen Stabmagneten zu vergleichen. Sein
magnetisches Moment ist um 24 Größenordnungen, das ist ein Millionstel eines
Milliardstels eines Milliardstels, schwächer, als das einer typischen
Kompassnadel. Uns ist nun die erste direkte Messung dieser Größe gelungen",
freut sich Andreas Mooser von der Universität Mainz.
Der Schlüssel für die hochpräzisen Messungen liegt in der Verwendung einer
doppelten Penningfalle, einer elektromagnetischen Teilchenfalle, in der ein
einzelnes freies Proton gefangen und vermessen wird: Eine Analysefalle dient
dazu, Spin-Quantensprünge des Protons zu detektieren, in einer Präzisionsfalle
werden präzise Frequenzmessungen durchgeführt. In der Vergangenheit wurden
direkte Messungen des magnetischen Moments einzelner Teilchen mithilfe von
Penningfallen sehr erfolgreich bei Elektronen und ihren Antiteilchen, den
Positronen, durchgeführt. Die Anwendung des Schemas auf das Proton stellt jedoch
eine große Herausforderung dar, weil das magnetische Moment des Protons etwa
660-mal kleiner ist als das des Elektrons.
Die Apparatur muss für diesen Zweck also wesentlich empfindlicher sein. Der
Kollaboration ist es nun gelungen, eine solche hochempfindliche
Doppelpenningfalle zu entwickeln und die von langer Hand geplanten Messungen
durchzuführen. Anders als die direkten Messungen in Mainz, beruhen die bisher
genausten Angaben aus dem Jahr 1972 auf einer indirekten Methode, bei der die
Hyperfeinstruktur von atomarem Wasserstoff vermessen wurde und anschließend
Korrekturrechnungen erfolgten.
Das Prinzip der direkten Messung mittels Doppelpenningfalle kann ebenso auf
das Antiproton angewendet werden. "Wir haben dann die Möglichkeit, die beiden
Zahlen zu vergleichen und die fundamentalen Voraussagen des Standardmodells zu
testen", erklärt Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration, die derzeit am
CERN in Genf ein entsprechendes Experiment aufbaut. Die Anwendung der
Doppelpenningfallen-Technik auf das Antiproton könnte die Genauigkeit von
Messungen, die ein Teil der ATRAP-Kollaboration im Jahr 2013 durchgeführt hat,
um mindestens den Faktor 1.000 verbessern. Würden sich die Messwerte
unterscheiden, wäre dies ein wichtiger Schritt zum Verständnis der im Universum
beobachteten Materie-Antimaterie-Asymmetrie.
Über ihre Resultate berichteten die Forscher in der vergangenen Woche in der
Wissenschaftszeitschrift Nature.
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