Dunkle Photonen und die Dunkle Materie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf astronews.com
5. Mai 2014
Sie sind die Hauptbestandteile des Weltalls, doch bis heute
weiß niemand, um was genau es sich bei Dunkler Materie und Dunkler Energie
handelt. Bei der Suche nach einem Partikel, das die Dunkle Materie erklären
könnte, sind die Physiker des HADES-Experiments nun einen Schritt weiter gekommen
- allerdings indem sie nichts gefunden haben.

Mit dem HADES-Detektor an GSI in Darmstadt
suchen Forscher nach der Dunklen Materie.
Bild: A. Schmah/HADES [Großansicht] |
Die wohl größten Rätsel in der Astrophysik sind die Dunkle Energie und die
Dunkle Materie. Die Dunkle Energie macht 75 Prozent des Universums und die
Dunkle Materie etwa 20 Prozent aus; die uns bekannte Welt beschränkt sich damit
auf lediglich rund fünf Prozent der Materie.
Ohne Dunkle Energie und Materie können weder die Ausdehnung des Universums
noch dessen Dichteverteilung - und damit Strukturen wie Galaxien, Sterne,
Planeten und andere kompakte Objekte – erklärt werden. Dabei weiß man von der
Existenz der Dunklen Energie und Dunklen Materie nur theoretisch; einen direkten
Nachweis gibt es bislang nicht.
Antworten erhofften sich Wissenschaftler durch das Aufspüren unbekannter
Teilchen, die nicht in das Standardmodell der Teilchenphysik passen. "Das
negative Resultat der aktuellen HADES-Experimente ist sehr wichtig, denn es
zeigt, dass wir die Dunkle Materie auch in minimalen Abweichungen innerhalb des
Standardmodells suchen müssen", erläutert Professor Burkhard Kämpfer, Leiter der
Hadronenphysik-Gruppe am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR).
Eine neue heiße Spur liefern etwa die magnetischen Momente der Myonen - das
sind Elementarteilchen, die den Elektronen ähneln. "Bei hochpräzisen
Experimenten wurden Hinweise auf Diskrepanzen des Standardmodelles entdeckt,
womit sich die Grenzen der Physik, wie wir sie heute kennen, verschieben
würden", so Kämpfer.
Das Standardmodell führt den Aufbau der Materie auf einige wenige Bausteine
zurück. Aus den Materieteilchen (Quarks, Elektronen und Neutrinos) setzen sich
die Atomkerne und Atome zusammen, aus denen auch wir alle bestehen. Den Kleber,
der die Welt zusammenhält, bilden die Kraft- oder Wechselwirkungsteilchen
(beispielsweise die Photonen bzw. Lichtteilchen). Dazu gehört etwa auch das
Higgs-Teilchen, dessen Vorhersage im Jahr 2013 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet
wurde. Nur durch die Interaktion mit dem Higgs-Boson ist erklärlich, wie einige
der Teilchen zu ihrer Masse kommen. Das Standardmodell kann damit eigentlich als
komplett gelten.
Als Dunkle-Materie-Teilchen scheint keiner der bekannten Kandidaten infrage
zu kommen. So ist die Fahndung nach diesen Teilchen wie die berühmte Suche nach
der Nadel im Heuhaufen. "Wir kennen weder die Nadel, also das Teilchen, noch den
Heuhaufen, das heißt seinen Aufenthaltsort in der Unendlichkeit des Universums;
vermutet wird aber eine Konzentration in Galaxien", erklärt Kämpfer. "Unsere
Detektoren, die wir eigens für das riesige HADES-Spektrometer am GSI
Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt entwickelt und gebaut
haben, helfen bei dieser Suche. Sie können einzelne Spuren, die aus dem
Zusammenprall von Teilchen herrühren, sehr genau detektieren."
Für die Physiker, die sich in der europäischen HADES-Kollaboration (High-Acceptance
Di-Electron Spectrometer) zusammengeschlossen haben, galt das "Dunkle Photon"
als vielversprechender Kandidat für ein Dunkle-Materie-Teilchen. Es wird auch U-Boson
genannt, was mit der sogenannten "U"-Symmetrie zusammenhängt. Sie macht das
Dunkle Photon einerseits zu einem Doppelgänger "normaler" Lichtteilchen,
ermöglicht ihm andererseits aber auch, in eine sehr schwache Wechselwirkung mit
normaler Materie zu treten.
Daher gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das Dunkle Photon genau wie
ein gewöhnliches Photon in ein Elektron-Positron-Paar zerfallen muss. Mit dem
Dunklen Photon war die Nadel also vorerst theoretisch identifiziert, als
Heuhaufen entpuppten sich spezifische Verteilungen von Elektron-Positron-Paaren,
die bei der Kollision von Teilchen an einem großen Beschleuniger entstehen.
Messsignale am HADES-Detektor im Ergebnis aktueller Experimente enttäuschten nun
aber die Erwartung der Physiker. Es fand sich nicht die allerkleinste Spur eines
Dunklen Photons.
Ein bewährtes Mittel zur Erzeugung von Elektron-Positron-Paaren ist es,
verschiedene Teilchen zu beschleunigen und mit sehr hoher Geschwindigkeit
aufeinanderprallen zu lassen. In den Experimenten kommen Strahlen aus Protonen,
Deuteronen (diese setzen sich aus einem Neutron und einem Proton zusammen) oder
Atomkernen zum Einsatz, die auf Ziel-Protonen oder -Kerne treffen. Tritt das
seltene Ereignis ein und ein Elektron-Positron-Paar entsteht, können
Wissenschaftler dies als messbares Signal detektieren, etwa mit dem
Detektorsystem HADES.
Die im HZDR gebauten Detektoren für HADES bestehen aus sechs Ebenen mit einem
dichten Netz aus Drähten zum Aufspüren von geladenen Teilchen. Diese Drähte
besitzen eine Positionsgenauigkeit von 25 Mikrometern (ein Mikrometer entspricht
einem Tausendstel Millimeter), und das bei einer Dicke, die dem Durchmesser
eines menschlichen Haares entspricht. Das HADES-System hat bislang etwa zehn
Milliarden analysierbare Ereignisse gesammelt.
Über ihre Ergebnisse berichten die Physiker jetzt in der Zeitschrift
Physical Review B.
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