Wie Doppelsterne entstehen
von Stefan Deiters astronews.com
3. Januar 2014
Mithilfe des in den vergangenen Jahren modernisierten
Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einem Radioteleskopverbund in New
Mexico, haben Astronomen bei zwei jungen Protosternen jeweils einen bislang
unbekannten Begleiter entdeckt. Von dem Fund versprechen sich die
Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Entstehung von Doppelsternsystemen.

Astronomen
fanden nun neue Hinweise darauf, dass
Doppelsterne durch Fragmentation einer Scheibe
aus Gas und Staub um einen sich gerade bildenden
Stern entstehen.
Bild: Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF |
Astronomen schätzen, dass etwa die Hälfte der sonnenähnlichen Sterne in der
Milchstraße nicht Einzelgänger wie unsere Sonne sind, sondern Teil eines Doppel-
oder Mehrfachsternsystems. Allerdings sind sie sich noch immer nicht sicher, wie
genau solche Mehrfachsternsysteme eigentlich entstehen.
"Die einzige Möglichkeit, diese Frage zu klären, ist die Beobachtung von sehr
jungen Sternsystemen, in der Hoffnung, sie bei der Entstehung zu erwischen",
meint John Tobin vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO).
"Genau das haben wir bei den Sternen, die wir beobachtet haben, versucht und wir
haben so neue, wertvolle Hinweise erhalten."
Die neuen Beobachtungen werten die Astronomen nämlich als Indiz dafür, dass
Doppelsterne dann entstehen, wenn eine Scheibe aus Gas und Staub um einen
jungen, sich gerade bildenden Stern fragmentiert und auf diese Weise ein zweiter
Stern im Orbit um den ersten Stern entsteht. In ihrer Wachstumsphase sind
Protosterne von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben und blasen zudem -
senkrecht zu dieser Scheibe - gebündelt und mit hoher Geschwindigkeit Material
ins All.
Tobin beobachtete zusammen mit einem internationalen Astronomenteam zwei
junge Sterne in einer Entfernung von rund 1.000 Lichtjahren und entdeckte dabei
jeweils einen unbekannten Begleiter genau in der Ebene, in der man - ausgehend
von der Richtung der beobachteten Materieauswürfe der Sterne - die Gas- und
Staubscheibe um die entstehenden Sonnen vermuten würde. Bei einem der beiden
Systeme war diese Staubscheibe sogar zu erkennen.
"Dies passt zu den theoretischen Modellen, nach denen sich Begleiter durch
Fragmentation in der Scheibe bilden", so Tobin. "Diese Konfiguration wäre für
andere Erklärungen nicht erforderlich." Für ihre Untersuchungen hatten die
Astronomen das Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einen Verbund aus
27 Radioteleskopen mit einem Durchmesser von jeweils 25 Metern in New Mexiko,
sowie das Combined Array for Research in Millimeter-wave Astronomy
(CARMA) in Kalifornien genutzt.
Die neuen Beobachtungen sind ein weiterer Hinweis darauf, dass die
Fragmentationstheorie zur Entstehung von Doppelsternen zutreffend sein könnte.
Schon 2006 hatte ein anderes Team mit dem VLA zwei sich umkreisende junge Sterne
entdeckt, die jeweils von einer Staubscheibe umgeben waren, die beide in der
gleichen Ebene lagen.
Im vergangenen Jahr hatte Tobin mit seinen Kollegen eine große Staubscheibe
um einen Stern in der frühsten Phase seiner Entwicklung entdeckt und konnte
damit zeigen, dass sich solche zirkumstellaren Scheiben bereits in einer sehr
frühen Phase der Sternentstehung bilden - eine entscheidende Voraussetzung für
die Fragmentationstheorie.
"Unsere neuen Funde stellen, kombiniert mit früheren Beobachtungen, die
bislang stärksten Beweise dafür dar, dass enge Mehrfachsysteme durch die
Fragmentation der Scheibe entstehen", meint auch Leslie Looney vom NRAO und der
University of Illinois.
Die neuen Funde wurden, so die Astronomen, erst durch die 2012 abgeschlossene
Modernisierung des VLA möglich. Über ihre Resultate berichten Tobin und seine
Kollegen in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal.
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