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WISE
Weniger Braune Zwerge in unserer Umgebung
von Stefan Deiters
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11. Juni 2012

Eine neue, jetzt vorgestellte Abschätzung der Anzahl von Braunen Zwergen, die auf Daten des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) der NASA beruht, lässt vermuten, dass es deutlich weniger dieser massearmen Objekte in unserer Umgebung gibt, als bislang angenommen. Näher als der sonnennächste Stern Proxima Centauri dürfte uns zudem kein Brauner Zwerg sein.

Braune Zwerge

Simulierte Darstellung der bekannten Braunen Zwergen rund um unsere Sonne. Bild: NASA / JPL-Caltech  [Großansicht]

"Das ist ein wirklich erhellendes Resultat", meint Davy Kirkpatrick vom Wissenschaftsteam des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) am Infrared Processing and Analysis Center der NASA am California Institute of Technology in Pasadena. "Jetzt, wo wir die Nachbarschaft der Sonne endlich mit einer besseren, infraroten Sicht betrachten konnten, wird klar, dass diese kleinen Burschen nicht so häufig sind, wie wir ursprünglich angenommen hatten." Bislang vermuteten die Astronomen, dass die Anzahl der Braunen Zwerge in etwa der der normalen Sterne entspricht. Jetzt deutet sich an, dass es in unserer Umgebung etwa sechsmal mehr Sterne als Braune Zwerge gibt.

Braune Zwerge sind eine Zwischenstufe zwischen großen Gasplaneten und äußerst massearmen Sternen. Sie sind in der Regel größer als Planeten, verfügen aber nicht über eine ausreichend große Masse, um die Fusion von Wasserstoff zu Helium, aus der Sterne in der überwiegenden Phase ihres nuklearen Lebens die Energie beziehen, in Gang zu setzen. Entsprechend leuchtschwach sind diese Objekte und damit auch nur sehr schwer zu entdecken.

WISE hatte im Verlauf des Jahres 2010 den gesamten Himmel im Infraroten kartiert. In diesem Wellenlängenbereich sind die Chancen am besten, auch sehr leuchtschwache Braune Zwerge zu entdecken. Und dies gelang auch: So haben die Astronomen in den WISE-Daten im vergangenen Jahr extrem kühle Braune Zwerge aufgespürt - in einem Fall lag die Temperatur bei gerade einmal 25 Grad Celsius. Insgesamt hat WISE rund um unsere Sonne 200 Braune Zwerge entdeckt, darunter 13 sehr kühle Exemplare.

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"WISE hat neue, kühle Welten gefunden, deren Erkundung schon an sich interessant ist", so Kirkpatrick. "Wir glauben, dass sie auf unterschiedliche Weise entstehen können, unter anderem auch dadurch, dass ihr Wachstum zu einem normalen Stern durch verschiedene Faktoren abgewürgt wird. Wir wissen allerdings noch immer nicht, wie dieser Prozess genau funktioniert."

Um nun bestimmen zu können, wie häufig Braune Zwerge in unserer unmittelbaren Nachbarschaft sind, muss man ihre genaue Entfernung kennen. Die Astronomen haben daher die Distanz für mehrere der kältesten Braunen Zwerge ermittelt, indem sie ihre Parallaxe bestimmt haben. Dabei wird die Entfernung eines Objektes aus dessen scheinbarer Positionsänderung vor dem Hintergrund entfernter Sterne errechnet, die bei Beobachtungen in einem Abstand von etwa einem halben Jahr festzustellen ist. In einem halben Jahr hat sich die Erde nämlich gerade von der einen Seite der Sonne auf die andere bewegt.

Aus ihren Messungen folgerten die Astronomen, dass es um Umkreis von 26 Lichtjahren um unsere Sonne etwa 33 Braune Zwerge geben sollte. Da es in dieser Region 211 normale Sterne gibt, folgt ein Verhältnis von Braunen Zwergen zu normalen Sternen von rund 1:6. "Dass es offenbar weniger Braune Zwerge in unserer direkten Nachbarschaft gibt, bedeutet, dass jeder neu entdeckte Braune Zwerg umso wichtiger ist, für unser Verständnis dieser kühlen Objekte", so Teammitglied Chris Gelino, der auch am Infrared Processing and Analysis Center arbeitet. "Diese Braunen Zwerge sind faszinierende Objekte, die eine Verbindung zwischen den kühlsten Sternen und Jupiter herstellen."

Die Astronomen weisen darauf hin, dass ihre Resultate, die sie im Juli in einem Fachartikel in der Zeitschrift The Astrophysical Journal vorstellen werden, noch vorläufig sind. So sei es sehr wahrscheinlich, dass sich in den WISE-Daten noch einige weitere kühle Braune Zwerge verbergen, allerdings dürfte darunter keiner sein, der uns näher ist als der sonnennächste Stern Proxima Centauri in rund 4,2 Lichtjahren. Durch weitere Neuentdeckungen könnte sich das Verhältnis noch auf 1:5 oder sogar 1:4 verbessern, doch sicherlich nicht auf 1:1 wie lange Zeit vermutet.

"So funktioniert der wissenschaftliche Fortschritt, wenn man immer bessere Daten bekommt", erläutert Kirkpatrick. "Mit WISE konnten wir unsere Vorhersagen überprüfen und feststellen, dass sie falsch waren. Wir hatten unsere früheren Abschätzungen auf Grundlage von Projekten wie dem Two-Micron All-Sky Survey gemacht, aber WISE hat uns nun einen Blick auf die kältesten Braunen Zwerge erlaubt, die wir erst jetzt aufspüren konnten."

Nicht ausschließen lässt sich anhand der aktuellen Beobachtungen, dass es in einem Abstand von mehr als einigen Lichtjahren von der Sonne umhervagabundierende Planeten gibt, deren Masse einem kleinen Vielfachen der Jupitermasse entspricht. In anderen Untersuchungen war auf die mögliche Existenz dieser Objekte hingewiesen worden. WISE ist aber nicht empfindlich genug, um diese mysteriösen Planeten noch in größerer Entfernung aufspüren zu können. 

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siehe auch
Braune Zwerge: Zwei neue Nachbarn der Sonne - 14. Juli 2011
VLT: Ein sehr kühles Paar Brauner Zwerge - 23. März 2011
Braune Zwerge: Astronomen entdecken kühlsten Braunen Zwerg - 1. Februar 2010
Braune Zwerge: Kühlster Brauner Zwerg entdeckt - 14. April 2008
Braune Zwerge: Kalt, kälter, Gliese 570D - 16. Januar 2000
Links im WWW
Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE), Seite des NASA
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
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