Satellitendaten helfen Bergsteigern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
4. Juli 2011
Der K2 an der Grenze zwischen Pakistan und China
gilt als einer der schönsten Berge der Welt und zugleich auch als der
schwierigste Achttausender. Für die Wissenschaftler des DLR ist er zudem
das perfekte Testgebiet, um neueste Verfahren für die Verarbeitung von
Satellitendaten zu 3D-Modellen unter Beweis zu stellen. Das so
entstandene 3D-Modell hilft jetzt Bergsteigern bei der Planung ihres
Aufstiegs.
Perspektivische Ansicht des K2 unter Verwendung
des Höhenmodells.
Bild: DLR [Großansicht] |
Der Berg K2 im Karakorum-Gebirge ist schwieriges Terrain - sowohl
für Bergsteiger als auch für die Wissenschaftler des
Erdbeobachtungszentrums EOC im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR). Für Höhenalpinisten ist der K2 einer der anspruchsvollsten Berge,
für Stefan Dech, Direktor des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums DFD
im DLR, ist der Achttausender das anspruchvollste Relief auf der Erde.
"Die Flanken des K2 sind sehr steil, und auch die hohen Kontraste
zwischen Eis, Schnee und den dunklen Felsen sind schwierig, wenn man aus
dem Weltall mit optischen Daten ein höchst genaues 3D-Modell erstellen
will."
Bereits im Herbst 2010 bestellte das DLR die Daten des US-Satelliten
Worldview-2 und gab der Betreiberfirma Digital Globe
etliche "Sonderwünsche" vor: Der Satellit musste nach den Angaben der
DLR-Ingenieure aufwendig programmiert werden und aus drei verschiedenen
Winkelpositionen auf die Grate und Spitzen des K2 blicken. An der
Belichtungsempfindlichkeit feilten die Wissenschaftler bei einem zweiten
Satelliten-Überflug, um eine zu starke Überstrahlung durch die weißen
Schneeflächen zu vermeiden.
Aus den so aufgezeichneten Daten erzeugten die Wissenschaftler des DLR
dann Ansichten des K2 mit einer Auflösung von unter einem Meter, wie sie
in dieser Qualität weltweit zum ersten Mal veröffentlicht werden. Das
DFD betreibt in Oberpfaffenhofen das Worldview Regional Operations
Center im Auftrag der Firma European Space Imaging (EUSI),
die die Rechte am Verkauf von Worldview-Daten in Europa
besitzt. Im Zuge dieser Kooperation kann das DFD auf diese Daten für
eigene wissenschaftliche Analysen zugreifen.
Das Ergebnis stellt beide, Wissenschaftler des EOC und auch Bergsteiger,
zufrieden. Perspektivische Aufnahmen und ein virtueller Flug rund um den
Berg, wie er nur durch Satellitentechnologie möglich ist, zeigen alle
denkbaren Aufstiegsrouten und verdeutlichen das ungeheure Ausmaß dieser
Fels- und Eispyramide. "Es ist absolut beeindruckend, den Berg so zu
sehen", sagt der deutsche Bergsteiger Ralf Dujmovits. Seit Mitte Juni
2011 ist er mit seiner österreichischen Ehefrau Gerlinde Kaltenbrunner
im Himalaya-Gebiet und bereitet sich auf den Aufstieg zum K2 vor. Der
Satellitenblick aus dem All ist für die Bergsteiger faszinierend: "Die
Position des Betrachters aus dem Weltall macht die Aufnahmen sehr
plastisch", betont Dujmovits.
Die beiden Bergsteiger wollen den K2 gemeinsam mit einem kleinen
internationalen Team über die bislang wenig begangene und technisch
anspruchsvolle Nordroute erklimmen. Dujmovits stand bereits als einziger
Deutscher auf den Gipfeln aller Achttausender, für Gerlinde
Kaltenbrunner wäre es der letzte, noch fehlende Achttausender in ihrer
Bergsteigerkarriere. "Zusammen mit dem DLR haben wir die Aufstiegsroute
detailliert analysiert und wichtige Erkenntnisse gewonnen. Die
3D-Perspektiven liefern uns viele Informationen, die sich aus
Kartenmaterial und Photographien nicht erschließen", sagt sie. "Nach der
virtuellen Erkundung unserer geplanten Aufstiegs haben wir eine relativ
klare Vorstellung, welche Route wir dort oben gehen werden", ergänzt
Dujmovits.
Der Berg im Karokorum-Gebirge wurde erstmals am 31. Juli 1954 von einer
italienischen Expedition bezwungen. Gut 300 Mal standen seitdem
Bergsteiger auf der Spitze der Felsnadel. Allerdings kamen auch 80
Menschen bei Besteigungen und Aufstiegsversuchen ums Leben. Für die
österreichisch-deutsche Expedition sind vor allem Details der Nordroute
wichtig. "Minimale Verflachungen für die Biwakzelte am ansonsten
durchgängig steilen Fels- und Eispfeiler oder auch schmale Eisrinnen,
die seitlich der Felsen etwas leichtere Aufstiegsmöglichkeiten bieten,
sind Details, die ansonsten vor Ort in mühseliger Kletterarbeit erkundet
werden müssten", erklärt Bergsteiger Dujmovits. "Wir können in der
Animation aber auch das erste Mal die Magic Line im Profil sehen." Eine
Route, die sich einst Reinhold Messner ausdachte, die aber erst später
durch andere Expeditionen gemeistert wurde.
Erzeugt wurde das Höhenmodell des K2 durch die Anwendung neuester
stereo-optischer Auswerteverfahren am DLR-Institut für Methodik der
Fernerkundung (IMF). Im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR
wurden anschließend die perspektivischen Bilder und Videoanimationen
hergestellt. "Wir brauchen Höhenmodelle für fast alle
geowissenschaftlichen Fragestellungen. Deswegen forschen wir an den
Methoden, wie Höhenmodelle aus optischen und auch Radardaten erzeugt
werden können", sagt Professor Richard Bamler, Direktor des IMF. Um den
Alpinisten für ihre K2-Besteigung möglichst detaillierte Informationen
liefern zu können, erzeugten die DLR-Wissenschaftler spezielle
Perspektiven auf den Achttausender zwischen Pakistan und China.
Auch während der Expedition selbst wollen die Wissenschaftler die
Bergsteiger weiterhin begleiten: "Wir werden immer wieder neue Aufnahmen
veröffentlichen und dabei jeweils die aktuelle Position von Gerlinde
Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und ihren Begleitern zeigen", sagt Stefan
Dech vom DLR.
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