Kurzer Flug ins All
Redaktion
/ Pressemitteilung der DLR astronews.com
29. März 2010
Am vergangenen Freitag ist die Forschungsrakete MAXUS 8 erfolgreich vom
Weltraumzentrum Esrange bei Kiruna in Nordschweden gestartet. An dieser
Mission der ESA ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
maßgeblich beteiligt. Während des parabelförmigen Flugs wurden vier
Experimente erfolgreich durchgeführt. Die in einer zylindrischen, rund sechs
Meter langen Leichtmetall-Struktur untergebrachte Nutzlast von MAXUS 8
landete planmäßig etwa 25 Minuten nach dem Start am Fallschirm und wurde per
Hubschrauber geborgen.

Am Freitag, 26. März 2010, startete um 14.43
Uhr die Forschungsrakete MAXUS 8 von Esrange bei
Kiruna in Nordschweden.
Foto: Astrium Space Transportation / Dr.
Irmin Meyer |
Diesmal standen zwei der Experimente unter deutscher Leitung, bei den
beiden anderen waren deutsche Wissenschaftler federführend beteiligt.
Als zusätzliche Nutzlast trug die Rakete eine italienische
Rückkehr-Testkapsel, die während der Aufstiegsphase abgetrennt wurde.
So wollen Wissenschaftler der Universität Bonn in einem Experiment zur
Gravitationsbiologie die zellulären und molekularbiologischen Mechanismen der
Schwerkraftwahrnehmung bei Pflanzen weiter aufklären. Dafür untersuchen sie
anhand der Grünalge Chara, welche minimalen Kräfte und Energien zur Wahrnehmung
des Schwerkraftreizes in der Zelle erforderlich sind.
Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte
Materialforschung in Bremen leitet ein Experiment, in dem das
Agglomerations-Verhalten von Nanopartikeln des Metalls Nickel in der
Schwerelosigkeit untersucht wird. Die hierbei gewonnenen Daten, etwa über die
Größe und Struktur der gebildeten Produkte, können zur Verbesserung des Designs
und der Eigenschaften von technischen Katalysatoren, Nano-Magneten oder
bestimmten Sensoren eingesetzt werden.
In einem materialwissenschaftlichen Experiment der Universität Trondheim
(Norwegen) sollen Diffusionsvorgänge in Schmelzen von Metall-Legierungen und
Halbleitern erforscht werden. Durch den Einsatz einer speziellen Röntgenanlage
kann die Diffusion innerhalb der Materialproben während des MAXUS-Fluges in
Schwerelosigkeit zum ersten Mal "sichtbar" gemacht und analysiert werden.
Untersucht werden Legierungen von hohem industriellem Interesse, etwa für
Automotoren, Flugzeugturbinen oder Solarzellen. Wissenschaftler aus dem
DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum (Köln) und von ACCESS in Aachen sind
an diesem Experiment beteiligt.
In einem vierten Experiment wurde das Schmelz- und Erstarrungsverhalten in
technisch und kommerziell eingesetzten Metall-Legierungen aus Titan und
Aluminium erforscht. Der Vergleich dieser vom Institut Polytechnique de
Grenoble (Frankreich) geleiteten Untersuchungen mit entsprechenden
Kontrollen am Erdboden wird dazu beitragen, die Genauigkeit von Computermodellen
für industrielle Gießprozesse zu verbessern, um beispielsweise die Herstellung
leichterer und energieeffizienter Turbinenschaufeln zu ermöglichen. In Esrange
wird dieses Vorhaben von deutschen Wissenschaftlern des Forschungsinstituts
ACCESS (Aachen) durchgeführt.
Die Rakete vom Typ "Castor 4B" ermöglicht es, Nutzlasten von etwa 800
Kilogramm bis in eine Höhe von 750 Kilometern zu transportieren. Auf dem
ballistischen Flug der MAXUS-Rakete herrscht für rund 13 Minuten
Schwerelosigkeit. Die Experimente werden dabei in übereinander liegenden,
autonomen Einzelmodulen innerhalb der Rakete durchgeführt. Die Datengewinnung
erfolgt während des Fluges per Telemetrie beziehungsweise nach der Bergung der
wissenschaftlichen Nutzlast. Dabei können die Wissenschaftler die
Versuchsabläufe per "Telecommanding" und Videoübertragung direkt steuern und
überwachen.
Im Rahmen des ELIPS-Programms (European Programme for Life and Physical
Sciences) der ESA, an dem sich Deutschland führend beteiligt, haben auch
von dem DLR-Raumfahrt-Management geförderte Wissenschaftler sowie deutsche
Forschungsinstitute und Industrie-Firmen die Möglichkeit, diese Flüge für ihre
Experimente zu nutzen. Seit dem Erstflug im Jahre 1991 wurden bislang acht
dieser Missionen erfolgreich durchgeführt. Industrielle Auftragnehmer bei MAXUS
sind die Firmen Astrium (Bremen), SSC und RUAG Space (Schweden), Kayser-Threde
(München) und DLR Moraba (Oberpfaffenhofen). Die Test-Rückkehrkapsel SHARK wurde
von der italienischen Firma CIRA gebaut.
Das Programm MAXUS bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, unter
verminderter Schwerkraft zu forschen und Experimente für die Internationale
Raumstation ISS vorzubereiten. Es zeichnet sich durch eine weitgehende
Wiederverwendbarkeit der Nutzlasten, kurze Vorbereitungs- und Zugriffszeiten,
einen regelmäßigen und nutzerfreundlichen Zugang zur Schwerelosigkeit und die im
Vergleich zu bemannten Missionen niedrigeren Sicherheitsanforderungen aus.
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