RELATIVITÄTSTHEORIE
Lichtgeschwindigkeit
keine Konstante?
von Stefan
Deiters
astronews.com
13. Februar 2001
"Alles ist relativ", das ist für viele die
Kernaussage von Einsteins Relativitätstheorie, obwohl die meisten
vermutlich kaum das gesamte Gedankengebäude hinter diesem Satz
erfasst haben. Nach Einstein gibt es allerdings eine
unveränderliche Konstante: die Lichtgeschwindigkeit. Aber genau dies
könnte sich, so glauben einige Physiker, als ein Irrtum
herausstellen.
Die
konstante Geschwindigkeit des Lichtes ist einer der zentralen
Elemente von Einsteins Relativitätstheorie. Entsprechend groß
wären die Folgen, wenn sich herausstellen sollte, dass diese
Annahme nicht richtig ist: "Wenn man tatsächlich beweisen
könnte, dass die Lichtgeschwindigkeit keine Konstante ist, auch
wenn es nur ganz geringe Abweichungen gibt, müsste man die Gesetzte
der Physik, einschließlich der Relativitätstheorie dramatisch ändern", erläutert Dimitri Nanopoulos, Professor für
Physik an der Universität von Texas und Chef der Arbeitsgruppe für
Astro-Teilchenphysik am Houston Advanced Research Center.
Der
Wissenschaftler arbeitet mit Kollegen an einer Theorie der
Quantengravitation, in der zwei der bedeutendsten physikalischen
Theorien des 20. Jahrhunderts zusammengefasst werden sollen: die
Quantenphysik, die die Vorgänge im Kleinen beschreibt und die
Relativitätstheorie, die Raum, Zeit und Gravitation erklärt.
Bisher ist es noch keinem gelungen diese beiden Theorien, durch
eine übergeordnete Theorie zu ersetzen, doch glauben Nanopoulos und
seine Kollegen, dass sie auf dem richtigen Weg sind.
Zusammen
mit Nikolaos Mavromatos vom Londoner King's College und John
Ellis vom European Center for Particle Physics (CERN) in Genf
entwickelte Nanopoulos eine neue Formel für die
Lichtgeschwindigkeit, die frequenzabhängig ist.
"Allerdings", so erläutert der Physiker, "ist diese
Anhängigkeit nur bei Licht zu bemerken, das von sehr weit
entfernten Objekten kommt. Daher ist diese Abhängigkeit bis heute nicht
aufgefallen."
Eine
Möglichkeit zum Test dieser Hypothese bietet sich in der
Beobachtung entfernter Galaxien: Man fängt Licht auf, das zur
gleichen Zeit von dem entfernten Objekt ausgesandt wurde und schaut,
ob etwa das Licht mit höherer Frequenz die Erde später erreicht.
In der Formel der Forscher für die Lichtgeschwindigkeit findet sich
die schon seit Newton bekannte Gravitationskonstante. Und durch die
Messung von verzögerten Ankunftszeiten des Lichts verschiedener
Frequenzen von insgesamt sechs astronomischen Objekten versuchte
das Team diese Konstante aus ihrer neuen Formel zu berechnen.
"Wir
waren sehr angetan davon, dass wir tatsächlich einen Wert
erhielten, der der Gravitationskonstante recht nahe kam", so
Nanopoulos. "Das war unsere erste Überraschung: Man mischt
eine Reihe von Daten zusammen, die nichts mit der
Gravitationskonstante zu tun haben und erhält einen Wert der sehr
dicht an dem erwarteten Wert liegt."
Einen
zweiten Hinweis für die Frequenzabhängigkeit der
Lichtgeschwindigkeit lieferten Ergebnisse des High Energy Gamma
Ray Astronomy (HEGRA)-Experimentes auf der Kanaren-Insel La
Palma. Dort hatten die Forscher sehr energiereiche Photonen
entdeckt, die von der Galaxie Markarian 501 ausgesandt wurden.
Diese hätten eigentlich zusammen mit weniger energiereichen
Photonen reagieren und Elektronen/Anti-Elektronen-Paare bilden
müssen. Nur konnte man diese mit dem Detektor auf La Palma nicht
entdecken. "Durch Verwendung unserer frequenzabhängigen Formel
für die Lichtgeschwindigkeit ist das erklärbar", erläutert
Nanopoulos. "Die Energie der beiden Photonenarten reicht auch
kombiniert nicht für die ursprünglich erwartete Paarbildung aus."
"Diese
Frequenzabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit ändert unser Bild
von der Relativitätstheorie dramatisch", meint der
Wissenschaftler. "Es ist außerdem das erste Mal, dass es eine
Möglichkeit geben könnte, die Quantengravitation zu studieren und
damit auch den Ursprung des Universums." Wenn sich seine
Theorie bestätigen sollte müsse man, so betont Nanopoulos,
Einsteins Relativitätstheorie allerdings nicht gleich über Bord werfen. Diese
würde unter bestimmten Bedingungen weiterhin gültig bleiben - zum
Beispiel dann, wenn die Entfernung zwischen zwei Objekten geringer
ist als mehrere Millionen Lichtjahre ist.
|