Detaillierter Blick auf das Schwarze Loch von NGC 1052 und
seine Jets
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
2. Januar 2025
Zwei weltumspannende Netzwerke von Radioteleskopen lieferten
neue Daten des supermassereichen Schwarzen Lochs in der Galaxie NGC 1052 und von
den davon ausgehenden Jets. Die jetzt vorgestellten Messungen eines
internationalen Teams bestätigten zudem starke Magnetfelder in unmittelbarer
Nachbarschaft des zentralen Schwarzen Lochs.
Künstlerische Darstellung des Zentrums der
Galaxie NGC 1052, mit einem supermassereichen Schwarze Loch.
Neue Messungen zeigen, dass die Abbildung des Schwarzen Lochs
- und der Ursprung seiner Jets - in der Reichweite des EHT
liegen.
Bild: Chalmers University of Technology |
3dVision | Johan Bournonville | Anne-Kathrin Baczko [Großansicht] |
Wie schleudern supermassereiche Schwarze Löcher galaxiengroße Ströme
hochenergetischer Teilchen - sogenannte Jets - mit nahezu Lichtgeschwindigkeit
ins All? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen wichtigen Schritt
zur Beantwortung dieser Frage unternommen, indem sie das Zentrum der Galaxie NGC
1052 in einer Entfernung von 60 Millionen Lichtjahren von der Erde in Richtung
des Sternbilds Walfisch genauestens vermessen haben. Das Forschungsteam führte
koordinierte Messungen mit mehreren Radioteleskopen durch, die neue Einblicke in
die Funktionsweise einer Galaxie und ihres supermassereichen Schwarzen Lochs im
Zentrum ermöglichten. Dazu nutzten sie zwei weltumspannende Netzwerke von
Radioteleskopen, das Event Horizon Telescope (EHT) bei 1,3 mm und das
Global mm-VLBI Array (GMVA) bei 3,5 mm Wellenlänge. Die Technik, die
diese Teleskope miteinander verbindet, heißt Very-Long-Baseline-Interferometrie
(VLBI).
"Das Zentrum dieser Galaxie, NGC 1052, ist ein vielversprechendes Ziel für
die Beobachtung mit dem Event Horizon Telescope, aber es ist auch eine
schwache Radioquelle und damit komplex und schwieriger als alle anderen Quellen,
die wir bisher untersucht haben", sagt Anne-Kathrin Baczko vom Onsala Space
Observatory in Schweden und dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR)
in Bonn. Die jetzt vorgestellte Studie ist der vorläufige Höhepunkt eines vor
über acht Jahren gestarteten Forschungsprojekts, das ursprünglich an der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) von Matthias Kadler in
Zusammenarbeit mit Eduardo Ros am MPIfR konzipiert und dann während der
Doktorarbeit von Anne-Kathrin Baczko am MPIfR in Bonn unter ihrer gemeinsamen
Betreuung fortgesetzt wurde.
Die Galaxie NGC 1052 beherbergt ein supermassereiches Schwarzes Loch von etwa
150 Millionen Sonnenmassen. Es ist die Quelle zweier starker Jets, die sich in
entgegengesetzter Richtung Tausende von Lichtjahren durch den Weltraum
ausdehnen. "Wir wollen nicht nur das Schwarze Loch selbst und seine unmittelbare
Umgebung untersuchen, sondern auch den Ursprung der Zwillingsjets, die von ihm
ausgehen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, die GMVA und EHT bieten, um ein
besonders wichtiges und zentrales Objekt an der Schnittstelle verschiedener
Arten von aktiven Galaxien ins Visier zu nehmen", sagt Ros. Das Team führte die
Messungen mit nur fünf Teleskopen des globalen EHT-Netzwerks durch - darunter
dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile, in
einer Konfiguration, die die bestmögliche Abschätzung seines Potenzials für
künftige Beobachtungen ermöglicht. Das wurde ergänzt durch Messungen mit anderen
Teleskopen, darunter dem GMVA.
"Bei einem so schwachen und unbekannten Zielobjekt waren wir nicht sicher, ob
wir überhaupt Daten erhalten würden. Aber die Strategie ist aufgegangen, vor
allem dank der Empfindlichkeit von ALMA und den ergänzenden Daten von vielen
anderen Teleskopen", sagt Baczko. Das Team ist sich nun sicher, dass eine
erfolgreiche Bildgebung in Zukunft möglich sein wird, und zwar dank zweier neuer
Schlüsselinformationen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Region um das
Schwarze Loch, in der sich die Zwillingsjets bilden, groß genug ist, um sie mit
mm-VLBI-Beobachtungen abzubilden. Und sie leuchtet genau mit der richtigen
Frequenz von Radiowellen, um die Stärken der nächsten Generation von VLBI
Netzwerken auszuspielen", sagt Kadler.
Aus ihren Messungen haben die Wissenschaftler auch die Stärke des Magnetfelds
in der Nähe des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs abgeschätzt. Die
Feldstärke von 2,6 Tesla ist etwa 40.000 Mal stärker als das Magnetfeld der
Erde. Das stimmt mit früheren Schätzungen für diese Galaxie überein. "Dieses
Magnetfeld ist so stark, dass es wahrscheinlich den Einfall von Materie in das
Schwarze Loch verhindern kann. Das wiederum kann helfen, die beiden Jets der
Galaxie in Gang zu setzen", sagt Christian Fromm, ebenfalls von der JMU Würzburg
und Mitarbeiter am MPIfR.
Auch wenn die Quelle eine formidable Herausforderung darstellt, sieht die
Zukunft vielversprechend aus. Die Radioastronomen bereiten sich auf noch größere
Teleskopnetze vor, wie z. B. die neue Generation des Very Large Array (ngVLA)
des NRAO und künftige 1,3-mm-Arrays mit neuen Antennen und verbesserter
Ausrüstung. Die neuen Messungen geben eine klarere Vorstellung davon, wie das
innerste Zentrum der Galaxie bei verschiedenen Wellenlängen leuchtet. Das
Spektrum der Zentralquelle ist bei Millimeterwellenlängen hell genug, um die
schärfsten Bilder zu liefern. Bei Wellenlängen um 2,3 mm ist es sogar noch
heller, was es zu einem erstklassigen Ziel für die nächste Generation von
Radioteleskopen macht.
"Dank Instrumenten wie dem EHT und dem GMVA machen wir nun bemerkenswerte
Beobachtungen, die den großen Fortschritt in der Radioastronomie durch
technologische Innovation und internationale Zusammenarbeit zeigen. Messungen an
NGC 1052, die von der Magnetfeldstärke bis zur Umgebung von Schwarzen Löchern
reichen, liefern wertvolle Einblicke in die Prozesse der Jet-Bildung und
Akkretion", sagt Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration und
Direktor am MPIfR. "Mit neuen Teleskopen und der nächsten Generation von
Netzwerken werden wir unser Verständnis dieser faszinierenden kosmischen
Phänomene weiter vertiefen."
Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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