16 Jahre lang die Oberfläche von XX Trianguli im Blick
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
4. Dezember 2024
Das STELLA-Observatorium auf Teneriffa hat 16 Jahre lang die
Oberfläche eines Sterns mit robotischer Spektroskopie und Doppler-Bildgebung
untersucht. Dabei zeigte sich eine chaotische, nichtperiodische Fleckenbildung,
was auf einen grundlegend anderen Dynamomechanismus hindeutet und auch ein
Problem für das Aufspüren von extrasolaren Planeten sein könnte.
Bild der Oberfläche des Riesensterns XX
Trianguli. Die Größe der Sonne ist zum Vergleich
dargestellt (oben links). Bild:
HUN-REN RCAES / Zs. Kővári, MOME / Á. Radványi,
AIP / K. Strassmeier [Großansicht] |
Es ist bekannt, dass unsere Sonne Flecken auf ihrer Oberfläche entwickelt,
die sich im Laufe der Zeit systematisch verändern und uns Aufschluss über ihren
zyklischen inneren Dynamo und ihre Struktur geben. Bei anderen Sternen stellt
die Beobachtung von Sternflecken und deren zeitlichen Veränderungen eine
Herausforderung dar. Einer der am stärksten gefleckten Sterne am Himmel, mit dem
Namen XX Trianguli, konnte seit der Einweihung des robotischen Observatoriums
STELLA auf Teneriffa im Jahr 2006 in jeder klaren Nacht beobachtet werden, was
nun erstmals einen vergleichbaren Datensatz wie bei Sonnenflecken ermöglichte.
Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Astrophysik in Potsdam (AIP) und
des HUN-REN Research Centre for Astronomy and Earth Sciences in Ungarn,
wendete eine tomografische Inversionstechnik, die sogenannte Doppler-Bildgebung,
an. Sie lösten damit die Sternoberfläche auf und verfolgten das Auftreten und
den Zerfall, die Bewegung und die Morphologie der Sternflecken über 16 Jahre,
was einen ausgeprägten nicht-solaren chaotischen Dynamo ohne Zyklus enthüllte.
Sonnenflecken sind die bekanntesten Erscheinungsformen des Sonnenmagnetfeldes
und weisen eine Reihe von Phänomenen auf, die mit dem inneren Dynamo
zusammenhängen. Sternflecken sind die direkten Entsprechungen der Sonnenflecken
auf anderen Sternen, allerdings mit der großen Einschränkung, dass man die
Oberflächen anderer Sterne in der Regel nicht auflösen kann. In der neu
veröffentlichten Studie wurde die Doppler-Bildgebung angewandt und 99
unabhängige rekonstruierte Oberflächenbilder des fleckigen Sterns XX Trianguli
präsentiert. Der Stern wurde ausgewählt, weil er in einer früheren Studie einen
gigantischen Sternfleck gezeigt hatte und sich daher gut für eine
Langzeitbeobachtung eignete.
Die dunklen Flecken auf der Oberfläche des Sterns verursachen eine
Verschiebung seines Photozentrums – also der Position an der das "Lichtzentrum"
des Sterns erscheint - um bis zu 24 Mikrobogensekunden, was etwa zehn Prozent
des sichtbaren Scheibenradius des Sterns entspricht. Diese Verschiebungen treten
auf, weil dunkle Flecken die Helligkeit in bestimmten Bereichen des Sterns
verringern, wodurch sich der wahrgenommene Lichtschwerpunkt leicht verschiebt.
Im Gegensatz zum vorhersagbaren Aktivitätszyklus der Sonne folgten diese
Verschiebungen des Lichtzentrums jedoch keinem periodischen Muster, was auf
einen größtenteils chaotischen und wahrscheinlich nicht-periodischen Dynamo
hindeutet, der sich von dem der Sonne stark unterscheidet.
Dieses Phänomen verdeutlicht auch eine weitere Herausforderung bei der
Entdeckung von Exoplaneten, da diese durch Flecken verursachten Schwankungen des
Photozentrums die winzigen Bewegungen von umkreisenden Planeten nachahmen oder
verdecken können, was eine wesentliche Einschränkung für die astrometrische
Suche nach Exoplaneten darstellt. Die Erstellung eines jahrzehntelangen
homogenen Datensatzes war nur durch den kontinuierlichen Betrieb des STELLA
Observatoriums auf Teneriffa und seines hochauflösenden STELLA-Echelle-Spektrographen
(SES) möglich. "STELLA ist unser hauseigenes Observatorium: entworfen,
konstruiert, gebaut und ferngesteuert von Potsdam aus betrieben", sagt Professor
Klaus G. Strassmeier, der Projektleiter von STELLA.
Die Spektrallinienprofile wurden bis zu 28 Mal über die Dauer einer
Sternumdrehung, die 24 Tage dauert, aufgezeichnet, abhängig von den lokalen
Wetterbedingungen und der Sichtbarkeit des Ziels am Himmel. Dies ermöglichte
eine große Anzahl von Blickwinkeln (Phasen) auf die rotierende Sternoberfläche,
da jedes Linienprofil eine eindimensionale Darstellung der sichtbaren Oberfläche
im Geschwindigkeitsraum ist. Die Aufnahmen wurden etwa einmal pro Sternrotation
mathematisch in ein zweidimensionales Doppler-Oberflächenbild umgewandelt. Dies
ermöglichte die Rekonstruktion von insgesamt 99 unabhängigen Oberflächenbildern
im Laufe der 16 Jahre, die zu einem dreiminütigen Film der Sternoberfläche
zusammengesetzt wurden.
XX Tri (HD 12545) ist ein heller Riesenstern in einem stellaren
Doppelsternsystem mit einer Masse, die nur zehn Prozent größer ist als die der
Sonne, einem Radius von etwa zehn Sonnenradien, einer effektiven Temperatur von
4630 Kelvin und einer Rotationsperiode von 24 Tagen, die mit der Umlaufzeit des
Doppelsterns synchronisiert ist. Zuvor wurde festgestellt, dass der Stern einen
gigantischen Sternfleck aufweist, dessen physische Ausmaße etwa das 10.000-fache
der Fläche der größten jemals auf der Sonne gesehenen Fleckengruppe betrug, was
dem zehnfachen der projizierten Sonnenscheibe entspricht.
"Die maximale Verschiebung des Photozentrums von XX Tri zusammen mit seiner
stellaren Rotationsperiode ist sicherlich ein großer Wert für gefleckte Sterne,
aber vergleichbar mit der erwarteten astrometrischen Verschiebung eines Sterns
in etwa 300 Lichtjahren Entfernung, der von einem Planeten mit Saturnmasse in
einer einjährigen Umlaufbahn umkreist wird", betont Strassmeier. Sie ist sogar
um ein Vielfaches höher als ähnliche Verschiebungen, die für Exoplaneten mit
kürzerer Periode erwartet werden. Frühe Planeten-Simulationen für Daten der
ESA-Mission Gaia hatten gezeigt, dass kurzperiodische Planetensysteme
(mit Perioden von weniger als 40 Tagen) astrometrische Signaturen von
typischerweise unter einer Mikrobogensekunde aufweisen, also viel weniger als
das, was auf XX Tri aufgrund von Flecken beobachtet wurde.
Die ursprüngliche Gaia-Simulation sagte für die nominelle Lebensdauer der
Mission die Entdeckung von Zehntausenden von Planetensystemen voraus. In
Anbetracht der nun quantifizierten fleckeninduzierten
Photozentrumsverschiebungen für XX Tri erscheint es sehr schwierig bis
unmöglich, diese beiden Effekte, rotationsmodulierte Flecken und Exoplaneten, zu
trennen, insbesondere wenn sie eine ähnliche Periodizität aufweisen. In jedem
Fall sind die Werte für XX Tri die ersten derartigen Messungen eines stellaren
Photozentrums überhaupt.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Communications erschienen ist.
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