Teleskop auf Teneriffa nimmt Betrieb auf
Redaktion / idw / AIP
astronews.com
18. Mai 2006
Astronomen des Astrophysikalischen Instituts in Potsdam
haben Grund zum Feiern: Heute werden zwei neue Spiegelteleskope auf der
spanischen Kanareninsel Teneriffa feierlich eingeweiht, an deren Entwicklung die
Brandenburger maßgeblich beteiligt waren. Mehr Dienstreisen in den sonnigen
Süden wird es aber trotzdem nicht geben: Die Teleskope werden von Potsdam aus
ferngesteuert und sollen unter anderem nach fernen Planeten suchen.

Mit Hilfe des vollautomatischen Doppelteleskops STELLA soll auch
nach Planetentransits gefahndet werden. Foto: E.
Popow/AIP |
Heute wird das robotische Teleskop STELLA (STELLar Activity) vom
Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP) auf Teneriffa feierlich eingeweiht.
STELLA, das ist ein selbstständig agierendes Observatorium mit zwei
vollautomatischen 1,2 Meter Spiegelteleskopen (STELLA-I und STELLA-II), die
selbstständig arbeiten und sogar in gewissem Maße lernfähig sind.
Doch nicht nur
die beiden Teleskope werden robotisch betrieben, auch die Sternwarte selbst
arbeitet vollkommen automatisch und bedarf keiner menschlichen Präsenz mehr. Die
aufgenommenen Daten werden am Ende jeder Nacht direkt in das Medien- und
Kommunikationszentrum am Astrophysikalischen Institut Potsdam geliefert.
Das STELLA-Projekt begann 1998 und wird heute vom Astrophysikalischen
Institut Potsdam in Kooperation mit dem Instituto de Astrofisica de Canarias
auf dem Izana-Berg in Teneriffa betrieben. Der Leiter des Projekts, Professor
Klaus G. Strassmeier, kam im Jahr 2000 mit seinem ganzen Robotik-Team von der
Universität Wien nach Potsdam, um sich ganz dem STELLA-Projekt zu widmen. Dr.
Thomas Granzer programmierte die robotischen Komponenten des Teleskops, Dr.
Michael Weber ist in Kollaboration mit dem IAC in Teneriffa Projektmanager von
STELLA und Manfred Woche entwarf das Design von STELLA.
Nach acht Jahren harter Arbeit, wurde bereits am 28. Juni 2005 das erste
Spektrum mit einer Kalibrationslichtquelle von STELLA-I aufgenommen, am 9.
September 2005 folgte das erste Sternenlichtspektrum von Alpha Tauri. Der erste
robotische Betrieb von STELLA-I fand im April 2006 statt. Dabei galt es im Laufe
der Jahre auch unerwartete Probleme zu bewältigen: So nisteten sich
beispielsweise Würmer in der menschenleeren Sternwarte ein, die dann nicht
wieder hinauskamen und verendeten. Doch schließlich konnte dieses Problem mit
Hilfe von Chemikalien gelöst werden. Nun bleiben die Würmer der in 2.400 Metern
Höhe gelegenen Sternwarte fern.
Ein weiteres Problem waren die häufigen Stürme, die dem STELLA-Gebäude in der
Vergangenheit einigen Schaden zufügten. Dieses Problem wurde durch ein
Kontrollsystem gelöst. Im gesamten Gebäude verteilte Sensoren liefern den
aktuellen Stand der Umweltbedingungen der Teleskope, der wissenschaftlichen
Geräte und den Status der diversen Sekundärsysteme. Das STELLA-Kontrollsystem
kann kritische Umweltparameter wie etwa Luftfeuchtigkeit nun fünf Minuten in die
Zukunft vorhersagen und kann so im Fall eines herannahenden Sturms, das Dach
schnell schließen, um STELLA vor Schaden zu bewahren.
Ziel von STELLA ist das Auffinden von Sonnen, die unserer ähnlich sind sowie
von erdähnlichen Planetensystemen. Dabei ist STELLA als robotisches Teleskop
insbesondere geeignet, Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bei
Vorübergängen vor Sternen, so genannten Transits, zu entdecken. Solche Suchen
sind eine reine "Fleißaufgabe". Langwierige und präzise Beobachtungen sind
notwendig, um eines dieser kurzzeitigen Ereignisse aufzuspüren und nicht zu
verpassen. Prof. Strassmeier erklärt: "Weltweit einmalig ist die Kombination von
hochpräziser Weitfeldphotometrie und hochaufgelöster optischer Spektrometrie.
Beide Teleskope können gleichzeitig dasselbe Objekt aufnehmen und davon ein
Spektrum mit Radialgeschwindigkeiten und ein hochaufgelöstes Foto liefern".
Außerdem besitzt STELLA eine automatische Datenanalysepipeline, die für jedes
aufgenommene Spektrum die Radialgeschwindigkeit, die Rotationsgeschwindigkeit,
die Oberflächentemperatur, die Schwerebeschleunigung und die chemische
Zusammensetzung des Sterns liefert. Einige davon sind ein Maß für die
magnetische Aktivität der Sterne. Die hohe Auflösung der Spektren ermöglicht
sogar die Kartierung der Oberfläche von schnell rotierenden Sternen.
Durch den robotischen Betrieb der Teleskope werden eine sehr hohe Flexibilität
und Datenausbeute erreicht. Die Steuerungssoftware entscheidet anhand einer
Liste von Objekten selbst über den Beobachtungsplan. Die Sternwarte und deren
Wetterstationen arbeiten komplett selbstständig und liefern die Beobachtungsdaten
direkt nach Potsdam. Das STELLA-Gebäude wird von außen von einer Web-Kamera
ständig beobachtet, die auch im Internet betrachtet werden kann.
Eine direkte Möglichkeit der astronomischen Arbeit mit einem robotischen
Teleskop bietet sich für Schüler und Schülerinnen am AIP. Das RoboTel des AIP
ist eine 80cm-Version der STELLA-Teleskope, die Testzwecken und
Schülerexperimenten zur Verfügung steht. Die Schüler bekommen hier im Medien-
und Kommunikationszentrum die Möglichkeit, Teleskope zu steuern und zu erleben,
wie die künstliche Intelligenz von STELLA-I und II bei der Beobachtung vorgeht.
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