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Die ersten Braunen Zwerge außerhalb der Milchstraße
von
Stefan Deiters astronews.com
28. Oktober 2024
Mithilfe des Weltraumteleskops James Webb könnte
nun die ersten Population Brauner Zwerge außerhalb unserer Milchstraße entdeckt
worden sein. Der Fund gelang im Sternhaufen NGC 602 in der Kleinen Magellanschen
Wolke. Braune Zwerge sind stellare Objekte, die so massearm sind, dass in ihnen
keine dauerhaften nuklearen Fusionsprozesse zünden.

Der Sternhaufen NGC 602 in einer Ansicht, die auf Daten der
Instrumente NIRCam und MIRI von James Webb beruht.
Bild: ESA / Webb, NASA & CSA, P. Zeidler, E. Sabbi,
A. Nota, M. Zamani (ESA / Webb) [Großansicht] |
Der junge Sternhaufen NGC 602 liegt in den Außenbereichen der Kleinen
Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstraße, die etwa 200.000
Lichtjahre von der Erde entfernt und ein prominentes Objekt am südlichen
Sternhimmel ist. Die Wissenschaft vermutet, dass die Umgebungsbedingungen in
diesem Sternhaufen in etwa den Bedingungen ähneln, die im frühen Universum
geherrscht haben müssen: Schwere Elemente, in der Astronomie alles außer
Wasserstoff und Helium, gibt es hier nur sehr wenige. Ionisiertes Gas in dem
Haufen, etwa in Form der H-II-Region N90, und dunkle Schwaden aus Staub deuten
zudem darauf hin, dass in NGC 602 gerade neue Sterne entstehen. Das macht den
Haufen ideal, um Sternentstehungsprozesse unter Bedingungen zu studieren, wie
es sie vermutlich im jungen Universum gegeben hat und die sich von denen in unserer
Nachbarschaft deutlich unterscheiden.
Aus diesem Grund wurde NGC 602 auch mit dem Weltraumteleskop James Webb
anvisiert. Das beteiligte Team entdeckte dabei in den Bildern von James Webb
Kandidaten für die ersten jungen Braunen Zwerge, die außerhalb unserer
Milchstraße aufgespürt worden sind. "Nur mit der unglaublichen Empfindlichkeit
und räumlichen Auflösung im richtigen Wellenlängenbereich ist es möglich, diese
Objekte in so großen Entfernungen zu entdecken", verdeutlicht Peter Zeidler von
der Association of Universities for Research in Astronomy (AURA) und
dem Space Telescope Science Institute (STScI) die Besonderheit der
Entdeckung. "Das war bisher noch nie möglich und wird auch in absehbarer Zukunft
vom Boden aus unmöglich bleiben."
Braune Zwerge sind stellare Objekte, die in mancherlei Hinsicht den
Gasplaneten ähneln, aber mit typischerweise 13 bis 75 Jupitermassen deutlich
massereicher sind. Im Gegensatz zu massearmen Sternen hat ihre Masse aber nicht
ausgereicht, um die nuklearen Fusionsprozesse in ihrem Inneren dauerhaft zu
zünden. Anders als extrasolare Planeten befinden sie sich nicht im Orbit um
einen Stern. Trotzdem gibt es bei manchen Exemplaren bestimmte Ähnlichkeiten zu
Gasplaneten, etwa was ihre atmosphärische Zusammensetzung betrifft.
"Bislang waren etwa 3000 Braune Zwerge bekannt, die sich jedoch alle in unserer
eigenen Galaxie befanden", fügte Elena Manjavacas von AURA/STScI hinzu.
"Diese Entdeckung unterstreicht die Stärke des Einsatzes von Hubble
und Webb zur Untersuchung junger Sternhaufen", betont auch Antonella
Nota, geschäftsführende Direktorin des International Space Science Institute in
der Schweiz. "Hubble hat gezeigt, dass NGC 602 sehr junge, massearme
Sterne beherbergt, aber erst mit Webb können wir endlich erkennen, in
welchem Umfang hier auch Objekte mit substellarer Masse entstehen. Hubble
und Webb sind ein erstaunlich leistungsfähiges Teleskop-Duo!" Und
Zeidler ergänzt: "Unsere Ergebnisse passen sehr gut zu der Theorie, dass die
Massenverteilung der Objekte unterhalb der Grenze zur Fusion von Wasserstoff
einfach eine Fortsetzung der stellaren Verteilung ist. Es scheint, dass sie auf
dieselbe Weise entstehen, sie sammeln nur nicht genug Masse auf, um ein
vollwertiger Stern zu werden."
"Durch die Untersuchung der jungen, metallarmen Braunen Zwerge, die wir in
NGC 602 entdeckt haben, kommen wir dem Geheimnis näher, wie Sterne und Planeten
unter den harten Bedingungen des frühen Universums entstanden sind", ordnet
Elena Sabbi vom NOIRLab der NSF, der University of Arizona und des
STScI die Ergebnisse ein. Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlicht
wurde.
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